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Frankreich: 2. Kongress der NPA (Nouveau parti anticapitaliste)

Bloged in Krise by friedi Dienstag Februar 12, 2013

2. Kongress der NPA (Nouveau parti anticapitaliste)

    vom 1. bis 3. Februar 2013 in St.Denis, im nördlich von Paris liegenden Vorort

Es war ein Krisenkongress mit ersten Schritten für eine Neugründung der NPA

Vor 4 Jahren, anlässlich der Auflösung der LCR (3.000 Mitglieder) und der Neugründung der NPA, waren die Begeisterung, der Anhang (9.000 Mitglieder), das Medienecho, die geweckten Hoffnungen und Erwartungen auf eine breite, geeinte, antikapitalistische Bewegung groß, nicht nur bei Wahlen einen größeren Einfluss zu erzielen, sondern vor allem bei der sich vertiefenden sozialen Krise aufgrund der 2008 ausgelösten Finanz- und Wirtschaftskrise in den Klassenauseinandersetzungen entscheidender mitzuwirken. Diese Perspektive erwies sich eindeutig als nicht realisierbar. Jetzt blieben 2.500 Mitglieder der NPA für diesen Kongress.

 

Was war geschehen?

 

Vor 4 Jahren stand die NPA als einzig relevante antikapitalistische Kraft links von den intern krisengeschüttelten reformistischen Parteien, der SPF und KPF, im politischen Spektrum Frankreichs unter der rechten Präsidentschaft eines Nicolas Sarkozy.

 

Zuerst konnte sich die SP durch Primärwahlen mit Francois Hollande einen legitimen Kandidaten auswählen und damit die internen Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft zahlreicher Kandidaten überbrücken. Sodann ergriff der am linken Flügel der SP bislang im Entrismus agierende Jean-Luc Mélenchon mit seiner Gefolgschaft die Initiative für einen Linksschwenk, indem er aus der SP austrat, um mit der orientierungslosen und in den letzten Jahrzehnten stetig geschwächten KP, die keinen Präsidentschaftskandidaten hatte, eine neue Partei – die Front de Gauche (Linksfront) – zu gründen. In der Phase des Vorwahlkampfes für die Präsidentschaftswahlen 2012 stand nun die Frage im Raum, wer für diese Linke als Kandidat ins Rennen gehen sollte. Jean-Luc Mélenchon (FG) oder Olivier Besancenot (NPA), der bei den Präsidentschaftswahlen 2007 knapp über 4% der Stimmen für die LCR errungen hatte und durch geschickte Medienarbeit sehr populär war. Jean-Luc Mélenchon und die FG beschlossen sehr früh, dass er selbst auf alle Fälle dieser Kandidat sein sollte. Der NPA blieb gar nichts anderes mehr übrig als entweder ja zu sagen oder nijet, was sie unter diesen Bedingungen auch taten und sich um einen eigenen Kandidaten kümmern mussten, nachdem Olivier Besancenot so nicht wieder kandidieren wollte.

In dieser Phase wanderte bereits eine Strömung aus der NPA zur FG, nachdem sich in den Regionalwahlen keinerlei Wahlerfolg eingestellt hatte.

 

Der bei Ford arbeitende Philippe Poutou sollte als Verlegenheitskandidat – wie er selbst sagte: einer musste sich für die Sache opfern – für die NPA ins Rennen gehen und obwohl er sich sicherlich gut schlug, war das Wahlergebnis von 1,15% ein totaler Absturz womit die NPA 2012 auch die finanzielle staatliche Parteienförderung von 900.000 Euro pro Jahr verlor. Nach dieser Niederlage schloss sich die als Antikapitalistische Linke (GA) in der NPA organisierte Gruppierung ebenfalls der Linksfront an. Sie sehen dort eher eine Realisierungsmöglichkeit für das Ziel, wofür die NPA angetreten ist, nämlich die antikapitalistische Linke zu einen.

 

Die FG mit dem als geschickt auftretenden Volkstribun Jean-Luc Mélenchon hatte einen sehr dynamischen aggressiven Wahlkampf geführt, – während dessen eine weitere Gruppierung der NPA zu ihm überwechselte – , und mit über 11% sehr gut abgeschnitten, was auch die KPF wieder stabilisierte.

 

Obwohl die NPA nun mit Olivier Besancenot und Philippe Poutou medial zwei begehrte Sprecher hatte – die dritte Sprecherin Christine Poupin konnte sich bisher nicht öffentlich verankern – verlor die NPA zugunsten der FG immer mehr an Terrain.

 

Zeitgleich verbreitet sich die rechtsextreme Front National mit Marine Le Pen immer stärker.

17% bei den Präsidentschaftswahlen und bei aktuellen Umfragen erklären sich 32% der Franzosen mit dem Programm der FN einverstanden.

 

Auf diesem Kongress der NPA kam es nicht zu der angestrebten gemeinsamen Erklärung der verschiedenen Strömungen.

 

In der Vorbereitungsphase zu diesem 2. Kongress der NPA hatten sich 4 Plattformen mit eigenen Einschätzungen der Lage und Orientierungen gebildet. Lebhafte Diskussionen zeugen von einer internen demokratischen Diskussionskultur, die sehr positiv ist. Durchgesetzt hatte sich nur knapp die ehemalige Mehrheitsfraktion mit 51% – „Eine Orientierung zum Handeln“ unter Olivier Besancenot und Philippe Poutou. Die „revolutionäre Strömung“ unter Gaèl Quirante erreichte 32% der Stimmen. „unsere Rolle ist es, eine Orientierung gegen die Entlassungen zu bieten und sich nicht ständig in Diskussonsrunden mit der Linksfront einzulassen“ (1) Die damit angestrebte gemeinsame Front gegen die Regierung und die Unternehmerschaft konnte bei diesem Kongress nicht erreicht werden. Der Aktionsradius in dieser Krisenzeit ist jedoch sehr breit: gegen die Entlassungen, gegen die Aushöhlung der Arbeitsrechte, gegen die Militärintervention in Mali, L’Ayrault-port“, die Kernkraft; für die Forderungen der Arbeiter und die Gleichheit der Rechte (4)

 

 

Auf dem Kongress war versucht worden, eine gemeinsame Erklärung aus den verschiedenen Strömungen und den 2 Mehrheitsfraktionen zu erarbeiten, was jedoch nicht gelang und offenlegt, dass mit dem Abgang der GA (Antikapitalistische Linke) vor 6 Monaten die Krise – nämlich die Uneinigkeit, welche Haltung gegenüber der Linksfront eingenommen werden sollte – nicht überwunden ist.

 

Abgrenzung zur Linksfront

 

Stimmen auf dem Kongress

 

Eine von der SP strikt „unabhängige Linksopposition zur revolutionären Gesellschaftsveränderung soll aufgebaut werden. Wie Sandra Demarcq erklärt, wird die NPA „unverzüglich beginnen, umgehend die aktuelle Regierung und ihre Austäritätspolitik zu bekämpfen“ und fährt fort: „wir wollen uns an alle Organisationen wenden, die diese Regierung nicht unterstützen, um an der Perspektive einer Anti-Austeritätsregierung zu arbeiten“ (2) , dabei wollen sie sich auch an die Linksfront und Lutte Ouvrière wenden. Ein Teil der Delegierten auf dem Kongress war eher der Meinung, dass die Einheit mit der Linksfront sich von der „Basis her“ ergeben sollte.

 

Philippe Poutou: „Bei der Linksfront nehmen sie die SP-Regierung aufs Korn, diskutieren aber zur gleichen Zeit Wahlabkommen mit der SP für die anstehenden Gemeinderatswahlen“ (1)

 

Olivier Besancenot: „Das ist ein Kongress des Neuaufbaus; was zählt ist nicht der nächste Wahlgang, sondern, dass wir uns auf dem Gebiet der Arbeitskämpfe einmischen wie bei Goodyear, PSA, Renault…….(alles Betriebsbesetzungen gegen Entlassungen und Umstrukturierungen, Auslagerungen, Flexibilisierungen und Verzicht auf Leistungen…) Sowohl Philippe Poutou als auch ich werden ständig von Aktivisten der Betriebe eingeladen. (1) „Bis auf einige Kleinigkeiten macht diese SP-Regierung global gesehen die gleiche Politik wie die vorangegangene.“ (3)

 

Kritik von den ehemaligen Strömungen wie von der GA kommt von Francois Grond: “die Organisationen, die nur ihren eigenen Schrebergarten pflegen und die eine eigene Argumentationslinie aufbauen müssen, um nicht der Linksfront beizutreten, haben nur das Los, dass sie immer kleiner werden“ (5)

 

Alain Krivine: „Wir sind in einer schwierigen Phase, aber wir sind nicht tot. Wir können wieder hochkommen“. Wir erleben auch eine „aussergewöhnliche“ Krise des Kapitalismus und sein Paradoxon. „Diese Krise macht uns sehr populär, aber wir sind nicht glaubwürdig“.

„Nicht nur die NPA ist in Krise, sondern die gesamte antikapitalistische Linke in Europa“ (2) „Die Leute sind auf der Suche nach unmittelbaren Lösungen“ „Wir müssen die unabhängige einheitliche Organisation der NPA bewahren“ „…Es kommt nicht in Frage, dass wir uns der Linksfront anschließen“…“ Sie ist reformistisch. Mit dem Abgang der Antikapitalistischen Linken wurde diese Frage entschieden.“ „Wir sind präsent in den Kämpfen, in der Vereinheitlichung und Zusammenführung, aber zugleich bleiben wir unabhängig“ … „Wir diskutieren mit der Linksfront, gehen aber mit ihr nicht zusammen.“..

“Es hat sich schneller als erwartet herausgestellt, welche Politik die SP-Regierung macht“ und die „Leute haben die Schnauze voll“,….. „Es laufen sehr wichtige Mobilisierungen, in denen wir aktiv dabei sind wie: Notre-Dame des Landes (ein neuer unnötiger Flughafen in der Nähe von Nantes soll gebaut werden), die Kämpfe in der Automobilbranche,….all das ist explosiv“ und es gibt auch „Neuzugänge“ aus diesen Sektoren. (3)

 

Philippe Poutou: „Unser Fehler ist, dass wir schwach sind; wir haben nicht die Kraft, Initiativen zu ergreifen“ und intern:„ Man kommt nicht von einem Tag zum anderen aus einer Krise heraus“ „ Im nächsten Jahr rechnen wir mit einem stärkeren Ansteigen der sozialen Bewegungen, statt dass wir Wert auf die Wahlen legen, um ein besseres Kräfteverhältnis zu schaffen“ (5)

 

„Die Diskussionen zur Frauenfrage fanden einen breiten Konsens. Obwohl es nicht möglich war hinsichtlich der Plattformen zu einer gemeinsamen Erklärung zu gelangen, so konnte doch ein Text zur „Perspektive des Wiederaufbaus“ eine breite Mehrheit erreichen. Ein erweiterter politischer Rat wird vor dem Sommer über die Teilnahme an den Gemeinderatswahlen und EU-Wahlen im Jahre 2014 entscheiden. Eine landesweite Versammlung der Komitees wird im Laufe des Jahres stattfinden, um den Stand hinsichtlich der auf dem Kongress beschlossenen Richtlinien zum Wiederaufbau zu analysieren.

 

„Alles in allem war es eine reiche und lebhafte demokratische Diskussion, der es zwar sicherlich nicht gelungen ist, die Divergenzen zu überwinden, aber sie hat immerhin ein breites Feld eröffnet, um zur Zusammenführung der Antikaptitalisten über die militanten Aktivitäten zu gelangen und ebenso sowohl die interne Diskussion als auch jene der gesamten sozialen Bewegungen voranzubringen.“ (6)

 

Johann Schögler 10.02.2013

 

1) Journal du Dimanche JDD 3.2. 2013

2) L’Humanité 4.2.2013

3) AFP 1.2. 2013

4) L’Alsace 2. 2. 2013

5) Le Monde 1.2. 2013

6) NPA HEBDO 7.2. 2013

 

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