Die ÖVP und die wieder nicht gekommene Gesamtschule
von Christian Promitzer
Das jüngste Bildungskonzept der ÖVP ist kein „Schritt in die richtige Richtung“, wie manche SPÖ-PolitikerInnen meinen, sondern eine nicht einmal gut getarnte und konsequent betriebene Fortsetzung konservativen Elitedenkens. Vizekanzler Pröll nennt das halt so: „Die Hauptschule aufwerten und im Gegenzug das Gymnasium absichern“.
Doch was heißt das konkret:
1. Die Hauptschulen in „neue Mittelschulen“ um zu benennen, bringt nichts, wenn zu befürchten ist, dass kein Geld da ist, den in den bisherigen neuen Mittelschulen derzeit praktizierten Teamunterricht und andere interaktive pädagogische Konzepte flächendeckend zu verwirklichen. Also: „neue Mittelschule“ nur dem Namen nach!
2. Die Befugnis der VolksschullehrerInnen im Hinblick auf eine förmliche Empfehlung zu erweitern, ob die Kinder der vierten Klassen nun in ein Gymnasium oder in eine neue Mittelschule kommen. Diese nun förmlich eingeführte Auslese widerspricht ja der „Aufwertung“ der Hauptschulen, denn dies soll heißen: das Gymnasium ist für die „Besseren“(nach dem Grundsatz „die Guten ins Töpfchen“!) und die neue Mittelschule ist für die übrigen („die Schlechten ins Kröpfchen“). Erneut zeigt sich, dass die ÖVP die neue Mittelschule weiterhin als Hauptschule, mit deren Absolventen sie nichts zu tun haben will, ansieht.
3. Die „mittlere Reife“ an den neuen Mittelschulen soll eine zusätzliche Auslese garantieren, die die bisherige, ohnehin schon geringe Durchlässigkeit in Richtung Bundesoberstufenrealgymnasien erschweren soll. Das ist kein Schritt in die richtige Richtung, sondern im Gegenteil eine zusätzliche Verschärfung des bisher schon von der ÖVP verfolgten Elitedenkens.
Festzuhalten bleibt, dass das Bildungskonzept der ÖVP nicht wegen seiner mangelnden Effizienz zu kritisieren ist – das Beklagen, dass hier „Humankapital“ nicht entsprechend ausgebildet wird und deshalb die Gesamtschule einzufordern sei, kann man getrost der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer überlassen. Zu kritisieren ist das Bildungskonzept der ÖVP vielmehr, weil die Ablehnung der Gesamtschule und die Verschärfung der Auslese der Reproduktion der herrschenden Eliten dienlich sein sollen. „Wir da oben, ihr da unten!“ Das ist der wahre Kern des jüngsten Vorstoßes der ÖVP, und diese Vorgehensweise ist völlig auf Linie mit der ÖVP-Hochschulpolitik, wo Kindern aus ärmeren Familien durch die Streichung der Kinderbeihilfe ab dem 24. Lebensjahr der Zugang zu Studienabschlüssen erschwert wird.
Christian Promitzer
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