BEIJING: KONFERENZEN ZU SOZIALISMUS UND KULTUR (2. Bericht)
2.BERICHT
Die zweite Tagung, an der ich in Beijing teilnahm war, war dem Thema ,, Kultur,, gewidmet. Sie war um einiges spannender, als auf den ersten Blick der Titel vermuten laesst.
Schon in einem der ersten Diskussionsbeitraege erteilte der bekannte aegyptische Sozialwissenschafter und Aktivist des Weltsozialforums Samir Amin den hier stark vertretenen (linken),,Huetern der Ordnung“, die in jeder Bewegung von unten gleich die Machenschaften des US-Imperialismus vermuten, geradezu einen Nachhilfeunterricht: Punkt fuer Punkt legte er dar wie sich der Volkszorn gegen den Pharao Mubarak in millionenhafter Breite entwickelte; wie mangels einer linken Fuehrung zuerst die Muslimbrueder und spaeter der jetzige Militaerdiktator Al Sisi die Lage fuer sich ausnutzen konnten.
Waehrend von den meisten chinesischen und russischen -offiziellen- Sprechern inhaltlich wenig rueberkam, gab es einige aeusserst interessante Praesentationen. Ein indischer Genosse – in seinem Bundesstaat wird 2016 die naechste WAPE-Konferenz (World Association for Political Economy) stattfinden, verwies auf die Notwendigkeit, dass die sozialistische und kommunistische Bewegung Strukturen und Verhaltensmuster entwickeln muss, die ueber die verdinglichten und entfremdeten Beziehungen der buergerlichen Gesellschaft hinausweisen.
Heinz Dieterich, der in Mexiko taetig ist, legte die Moeglichkeit von 2 Entwichlungswegen fuer China dar: entweder einer Art Kopie des ,,american dream“ oder eine autochthone fortschrittliche Entwicklungsvariante, die auch zu einem internationalen Attraktionspol werden kann.
Ich referierte zu dem Thema “ Politische ,,Kultur,, kann sich rasch veraendern“- und bezog mich dabei unter anderem auf die Entwicklung in China seit der Kulturrevolution und auf die juengsten Ereignisse in Wien, wo durch starkes zivilgesellschaftliches Engagement und die Solidariteats-Aktivitaten der Linken fuer Fluechtlinge geradezu in letzter Minute ein Totalerfolg der blau/braunen FPOE verhindert werden konnte.
Alles verlief in einer sachlichen, ruhigen Atmosphaere- auch sehr kritische Positionen gegenueber der Politik der Fuehrung der KPChinas wurden nicht niedergebuegelt.
Ich bin mir durchaus der -inhaltlichen und politischen- Grenzen solcher Tagungen bewusst. Trotzdem ist es wichtig aktiv an ihnen teilzunehmen und Brueckenschlaege mit kritischen Kraeften anzupeilen. Der neoliberale mainstream hier in China hat jede nur moegliche westliche Rueckendeckung. Umso notweniger ist es , dass auch die Linke international diskutiert, kooperiert und (rote!) Flagge zeigt.
Hermann Dworczak
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