[isl-aktuell] Griechenland/ Spanien: Pasokifikation und Podemos
Griechenland, die Berichterstattung darüber und die Rolle der Sozialdemokraten (Info-Sammlung)
In der Wahlauswertung zu Griechenland und der Berichterstattung zu den Folgen daraus stand natürlich Syriza im Mittelpunkt, weniger die Tatsache, dass eine sozialdemokratische Partei regelrecht kollabiert ist. Drastische Rückschläge stehen aber bei den Wahlen in anderen Ländern in der nächsten Zeit auch noch an. Vor allem in Spanien wird das schon prognostiziert (wenn es auch für die PSOE nicht so drastisch kommen wird). Dies ist eine Folge des Aufstiegs von Podemos, die ja erst seit wenigen Monaten existiert, allerdings mit dem Einzug ins Europa-Parlament schon einen Achtungserfolg erbracht hat. Und in Großbritannien im Mai droht Labour in der traditionellen Hochburg Schottland ein Debakel (das sein Ausmaß allerdings durch das britische Wahlrecht bekommen wird). In anderen Ländern sieht es auch nicht gut aus, wobei die Situation in Deutschland verwickelt ist, wo die SPD in den gesamtdeutschen Umfragen an den 25% festklebt wie die Fliege am Fliegenfänger, aber es schafft, das zu überspielen, weil sie doch immer in die Bundesregierung gelangt. In der europäischen Sozialdemokratie geht das Schlagwort von der Pasokifikation um. Das war Thema auf einer Konferenz, die vom „Progressiven Zentrum“, was hinter der Zeitschrift Berliner Republik steht, vor ein paar Tagen veranstaltet wurde. Gibt also die Befürchtungen der Parteiführung um Gabriel oder der Netzwerker wieder, im Gegensatz etwa zum Institut Solidarische Moderne. Über diese Tagung stand fast nichts in den Zeitungen. Soweit ich sehe, hat keine Tageszeitung berichtet, war wohl auch keine direkt öffentliche Veranstaltung, sondern es gab nur einen online-Bericht auf zeit.de. Da diese Überlegungen ja für alle von interesse sind, die die Losung: Schafft zwei, drei, viele Pasokifizierungen verwirklicht sehen wollen, hier also zur Information der Link:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-02/podemos-madrid-linkspartei-syriza/komplettansicht
Ob Podemos aber das auch halten wird, was die europäische Sozialdemokratie befürchtet, nämlich eine wirkliche linke Alternative zu sein, wird sich erst noch herausstellen müssen. Es gibt gewisse Spannungen in ihren Reihen, die Forderungen nach einem Schuldenaudit wird von der jetzt installierten Führung um Pablo Iglesias inzwischen klein geredet, man verzichtet auch auf die republikanischen Fahnen, obwohl die Forderung nach einer Republik kaum je so aktuell war wie in diesen Monaten, und auch nicht einfach mehr wie nach dem Tode Francos abgetan werden kann („wir dürfen das Militär nicht zu sehr provozieren“) und überhaupt wirft das von dem Zirkel um Iglesias, Monedero und Errejón durchgesetzte „top-down“ Modell der Parteiorganisation mit mächtigen Generalsekretären auf den den verschiedenen Ebenen von Madrid bis in die Gemeinden doch allerhand Fragen danach auf, wie so die Entwicklung weitergehen soll.
Eine interessante + informative Hintergrundanalyse zu Podemos liefert ein Beitrag auf dem Attac-Theorieblog:
http://theorieblog.attac.de/zur-situation-in-spanien-und-podemos/
Etwas mehr aufs atmosphärische, aber auch mit zahlreichen Details ein Beitrag aus den Blättern:
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2015/februar/podemos-und-co.-spaniens-neue-linke
Dieselbe Autorin hat auch jüngst im Deutschlandfunk auf einen hier wenig beachteten Aspekt hingewiesen. Der Aufstieg von Podemos hat in Katalonien eine deutliche Verschiebung in der Frage der Unabhängigkeit gebracht. Ein Teil der Befürworter der Unabhängigkeit – man kann vermuten, dass es sich dabei um „klassische“ linke Wählerschaft handelt, die die Unabhängigkeitsforderung unterstützten, weil die gesamtspanische poltische Situation im Duopol von PP u. PSOE, d. h. der Korruption und Austerität, blockiert war – rückt nun davon ab und Podemos zu.
http://www.deutschlandfunk.de/katalonien-podemos-macht-die-unabhaengigkeitsbewegung.795.de.html?dram:article_id=310186
Und last but not least noch ein Hinweis, leider nur für die Spanisch-Lesenden. Die Genossin Teresa Rodríguez von der Strömung Anticapitalistas (früher Izquierda Anticapitalista) in Podemos, Europaabgeordnete und eine der WortführerInnen der Minderheit in Podemos, die u. a. für ein offeneres Organisationsmodell eintritt, und jetzt Spitzenkandidatin in Andalusien für die kommenden Regionalwahlen im März, mit dem der Reigen der Landtags-, Kommunal- und gesamtstaatlichen Wahlen (letztere wohl im November) eröffnet wird, wird in der halblinken Internetzeitung eldiario.es porträtiert (leider wenig politisch, bezogen auf die Perspektiven von Podemos, mehr „human interest“).
http://www.eldiario.es/andalucia/eleccionesandalucia2015/Teresa-Rodriguez-candidata-compone-guiso_0_356614662.html
(Die Wahlen werden für Podemos besonders wichtig sein, da sie, wie gesagt, den Reigen eröffnen, Andalusien noch immer die PSOE-Hochburg ist, wo die Partei allerdings in einem Riesenkorruptionsskandal um EU-Fördergelder steckt, und deshalb die andalusische Ministerpräsidentin, die in einer Koalition mit der KP-nahen Vereinigten Linken (IU) war, die Wahlen einfach vorgezogen hat. Die IU wollte eigentlich bis zum regulären Termin im Mai warten, worauf hin die PSOE ihren Regierungspartner vor die Tür setzte, denn von März erhofft sie sich, dass bis dahin womöglich noch keine Anklagen erhoben werden und Podemos, noch ganz in der Gründungsphase, auch noch nicht über eine richtige Struktur verfügt. Leider war das Verhalten der nationalen Podemos-Führung nicht sehr „glücklich“, die einen anderen Spitzenkandidaten in Andalusien wollte und beim Bekanntwerden der vorgezogenen Wahlen erst einmal twitterte, die Wahlchancen für Podemos seien dort doch nicht so groß, was nicht gerade sehr nett war.)
Hier auch ein Ausschnitt aus ihrer Rede auf dem ersten großen Meeting von Podemos in Sevilla vor einigen Wochen, leider auch nur auf Spanisch, gibt aber vielleicht wenigstens einen atmosphärischen Eindruck:
https://www.youtube.com/watch?v=svW16txFDwU
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