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Die Verwandlung der Gemeindebauten in Zinshäuser.

Bloged in Allgemein by friedi Mittwoch April 3, 2013

Ein Artikel von Gilbert Karasek

Was ist von dem ehemaligen sozialen Wohnbau der Stadt Wien noch übrig geblieben?

Nichts, als nur teure Zinsburgen. Denn man hat im Rathaus vergessen, dass neben Wasser und Ernährung auch das Wohnen zu den Grundbedürfnissen der Menschen gehört. Seit Jahren bereichert sich im Dienste der Gemeinde, die Abteilung WIENER WOHNEN, an das Grundbedürfnis des Wohnens in den Gemeindebauten.

Der Zins hat viele Gesichter, Kreditzinsen, Bankzinsen, Währungszinsen usw. Der Zins auf den Sparbüchern macht Freude, aber der Zins hat nicht nur positive Seiten. Zum Beispiel die Bank Austria verlangt für die Kontoüberziehung den Wucher von etwa 10 bis 14 Prozent an Zinsen. Denn die Nachfrage regelt den Zins. Davon sind gerade jene Personen betroffen, die am Monatsende keine Geldreserven mehr haben wie Alleinerziehende, atypisch Beschäftigte usw. Daran zeigt sich das Wesen des Zinses.

Aber wir beschäftigen uns hier nicht mit den Bankzinsen, sondern mit dem Wohnungszins in den Wiener Gemeindebauten. In den Gemeindebauten frisst der Mietzins zirka 55% des durchschnittlichen Einkommens einer ArbeiterIn auf. Damit trägt der Zins im Wohnbereich zur Armut bei. Früher wurden nur 20% des durchschnittlichen Einkommens einer ArbeiterIn, für das Wohnen in den Gemeindebauten aufgewandt.

Aber eins nach dem anderen. Der Zins an sich, als Preis betrachtet hat mit realen Hauskosten überhaupt nichts zu tun. Der Zins wird bewusst von den Hauseigentümern verklärt und intransparent mit einer Vielzahl von Ausreden und von hochtrabenden juristischen Fachausdrücken belegt, die den Zinswucher einen Schein von Seriosität verleihen soll, damit die Vermieter, den Wucher vor den beraubten Mieter rechtfertigen können.

Kommen wir zur Frage, was der Zins ist. Generell entspringt der Zins aus keinen realen Kosten; er ist für die Besitzenden oder der verwaltenden Klasse, die kostenlose Einnahmequelle auf die Verwaltung bzw. auf ihr Privateigentum. Der Zins ist eine Zahlungsleistung, die bloß auf den juristischen Titel des Privateigentums beruht, beziehungsweise der Zins ist eine kostenlose Zahlungsleistung an jene, die die Verfügungsgewalt über das Privateigentum haben. Das Verlangen der Grund und Wohnungseigentümer auf Zinszahlungen, ist zwar vom Staat zum Gesetz erhoben, dennoch bleibt diese Zahlungsleistung ein Unrecht, weil der Zins aus dem Raub abgeleitet ist. Nämlich der Zins ist eine Zahlungsleistung an den Grund, Haus und Wohnungseigentümer, für diese Zahlungen sie keine Leistung erbringen.

Schon damals war das Grundbedürfnis Wohnen, eine Goldgrube für die privaten Hauseigentümer. Heute ist es nicht anders; für den einen schafft sie finanzielle Not und für den anderen Reichtum. Von der Existenz der Menschen ausgehend, ist die Verzinsung von Grundbedürfnissen, ein Verbrechen. Dieses Zinsproblem im Wohnungsbereich waren sich die damaligen Sozialisten des Wiener Gemeinderates bewusst. Und um die ArbeiterInnen vor den Zins der Hauseigentümer zu schützen, errichteten sie vor dem 2. Weltkrieg die ersten Wiener Gemeindebauten.

Kehren wir in die Gegenwart zurück. Die jetzige Generation der SPÖ hat nichts mehr mit ihrer Vorgängerin gemeinsam, bis auf das Schauspiel am Rathausplatz. An jedem 1. Mai, am Ende des Maiaufmarschs singen sie mit erhobener Faust, das Lied mit dem Titel „Die Internationale“. Aber den Rest des Jahres, die noch übrigen 364 Tage, verwalten sie den Kapitalismus und in diesem Sinne auch die Gemeindebauten. Für diese aufrechten Genossen gibt es keine Klassengegensätze, weder zwischen Lohnarbeit und Kapital, noch zwischen Armut und Reichtum. Aus ihrer glücklichen Anschauung heraus, ist der Zins ebenso eine normale Leistung, wie z.B. die Betriebskosten.

Um die verkomplizierten Geschäftspraktiken des Wiener Gemeinderats verständlich darzustellen, müssen wir uns einfacher Beispiele bedienen. Schließlich wurde die Geschäftskonstruktion über die Gemeindebauten so angelegt, damit ihr asozialer Charakter verborgen bleibt. Das Beispiel, indem wir die Geschäfte der Abteilung WIENER WOHNEN mit Schürfaufgaben vergleichen, ist nicht einmal so weit hergeholt. Außerdem hilft dieser Vergleich, die kompliziert angelegte Konstruktion klar darzustellen.

Geht man davon aus, dass alle Waren zugleich auch Kapital sind, weil man eine Ware in Geld und dann wieder in Waren zurückverwandeln kann, so sind nicht nur Öl und Gold, sondern auch die Häuser und Wohnungen, Waren, die zugleich auch Kapital sind. Bei den Ölfeldern besteht der Wert im Öl, bei Goldminen besteht der Wert im Gold und bei den Zinshäusern besteht der Wert im Zins. Wenn es um die Abschürfung all dieser Werte geht, dann gibt es für die Wirtschaftsstrategen in der SPÖ keinen Grund, warum man neben den Zinshäuser, nicht auch die Gemeindebauten, beim abschürfen der Zinswerte mit einbeziehen kann. Genau diese Wirtschaftsüberlegung haben sie in die Tat umgesetzt.

Demnach wurden die Gemeindebauten von ihren sozialen Zweck entbunden und die Wohnungen in ertragreiche Zins-Zellen verwandelt. Und damit das abschürfen der Zinsen intransparent bleibt, wurde dementsprechend das Geschäftsmodell angepasst. Die Abteilung wurde gegenüber den anderen Magistratsabteilungen mit besonderen Rechten ausgestattet. So hat sie das Öffentlichkeitsrecht, das im Sinne eines privatrechtlichen Unternehmens agiert, damit hat auch diese Abteilung eine eigene und unabhängige Finanzgebarung, also ähnlich wie ein privatisierter Betrieb, aber im Status einer Magistratsabteilung, also nicht ausgegliedert.

Diese verworrene juristische Konstruktion verschleiert perfekt den Zweck des Unternehmens, eben das abschürfen bzw. die Beraubung der Mieter mittels des Zinses. Zum Schluss wurde aus wahltaktischen Gründen dafür gesorgt, dass zwischen der Wiener SPÖ und dem Zinswucher in den Gemeindebauten keine Verbindung gibt. Überhaupt, am besten findet die SPÖ den Zustand, in dem die Mieter nicht merken, dass sie nicht mehr in sozialen, sondern in Zins-Häuser leben. Dies ist also die Konstruktion, unter der die SPÖ die Abteilung „WIENER WOHNEN“ gegründet hat.

Welch eine Ironie in der Geschichte des Gemeindebaus. Die heutigen Genossen haben die Gemeindebauten in Zinshäusern verwandelt, aber genau wegen dieser Zinshäuser haben die damaligen Genossen den kommunalen Wohnungsbau gegründet, aus diesen die Gemeindebauten hervorgegangen sind. Heute sind diese Häuser einfache Zinshäuser, die als Gemeindebauten getarnt sind.

Die von Wiener Gemeinderat so mühevoll eingerichtete Abteilung WIENER WOHNEN, deren Zweck darin besteht, ertragreich den Zins aus den Gemeindebauten abzuschürfen, hat uns gezeigt, dass es keinen Unterschied macht, ob es eine privatisierte oder kommunale Körperschaft ist. Dass es also darauf ankommt, dass nicht wieder Stellvertreter, sondern die Arbeiter, durch die Aufhebung der Teilung der Arbeit, selbst alle gesellschaftlichen Aufgaben übernehmen müssen.

Wien, 2.4.2013, Gilbert Karasek.

SPÖ und das Wiener Wohnen in den Gemeindebauten

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