[Gewerkschaftsforum Hannover] Israels Staatsterrorismus und seine Folgen
In zwei Disziplinen sind die Regenten des Kolonialstaates Israel besonders gut: in Staatsterrorismus (sei es in Form des alltäglichen Besatzungsterrors, von wiederkehrenden Massakern oder von Mordanschlägen der Todesschwadronen des Mossad und der so genannten IDF) einerseits und in Selbstmitleid & Selbstinszenierung als arme, unschuldige Opfer andererseits.
Diese Vorgehensweise ist inzwischen fast 80 Jahre alt. Sie wurde und wird unabhängig davon praktiziert, ob gerade sozialdemokratische und „liberale“ „Linkszionisten“ oder rechtsextreme und religiöse Fanatiker die Exekutive in Tel Aviv bilden. Bei all dem darf sich die angeblich „vorbildliche Demokratie“ der weitreichenden Unterstützung durch den „freien Westen“ sicher sein.
Wie dessen „regelbasierte Weltordnung“ in der Praxis aussieht, hat sein wichtigster Vorposten im Mittleren Osten gerade erst mit der Ermordung von Hamas-Politbürochef Ismail Haniyeh in Teheran und weiteren Attentaten im Libanon eindrucksvoll demonstriert. Der Mordanschlag mitten in Irans Hauptstadt könnte nun einen umfassenden Regionalkrieg auslösen und vielleicht sogar noch mehr…
Im Folgenden haben wir drei Beiträge zur Einschätzung der Politik von Netanjahu & Kameraden und der möglichen Konsequenzen übersetzt:
Als erstes ein Kommentar von Alberto Negri. Der renommierte, langjährige Korrespondent von „il Sole-24 Ore“ (d.h. der Zeitung des italienischen Industriellenverbandes) für den Mittleren Osten schreibt mittlerweile nur noch für die linke Tageszeitung „il manifesto“.
Als zweites ein Interview mit der Hamas-Expertin und Buchautorin Paola Caridi aus der linksliberalen Tageszeitung „il Fatto Quotidiano“.
Und zum guten Schluss den Leitartikel von Sergio Cararo aus dem kommunistischen Onlinemagazin „Contropiano“, dessen Direktor er ist. Einige werden sich vielleicht noch erinnern, dass wir den Genossen Cararo aus Rom vor einigen Jahren als Referenten für eine Italien-Veranstaltung des Gewerkschaftsforums eingeladen hatten, er allerdings dann leider aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen musste.
Mit solidarischen Grüßen,
GEWERKSCHAFTSFORUM HANNOVER
„il manifesto“ 1. August 2024
Kommentar:
Sie haben den Mann der Verhandlung getötet
MITTLERER OSTEN. Die Fortsetzung des Krieges gegen die Hamas im Gazastreifen und an der Nordfront gegen die Hisbollah ist die politische Lebensversicherung des israelischen Ministerpräsidenten. Die USA sind Bürgen und Komplizen.
Alberto Negri
Wenn man den Unterhändler tötet, bedeutet das, dass einem die Verhandlungen egal sind. Und auch der Waffenstillstand in Gaza. Tel Aviv hat sich für einen endlosen Krieg gegen die Palästinenser entschieden, der auf den gesamten Mittleren Osten ausgedehnt wird, einschließlich Repressalien (falls es noch Repressalien gibt). Dies ist die brutale Botschaft, die Israel und Netanjahu mit der Ermordung des in Teheran getöteten Hamas-Führers Ismail Haniyeh, der in den letzten Monaten die Verhandlungen über den Gazastreifen in Doha und Kairo leitete, bewusst an die internationale Gemeinschaft gesendet haben. Wenige Stunden zuvor hatten die Israelis im Libanon Fuad Shukr, der als einer der Führungskader der von Nasrallah angeführten schiitischen Hisbollah-Bewegung gilt, mit einer Drohne getötet.
Diese beiden Operationen gegen Spitzenvertreter der „Achse des Widerstands“ richten sich gegen den Iran, der als wichtigster Förderer der antiisraelischen Bewegungen gilt. Auf Seiten der Regierung des jüdischen Staates herrscht der Eindruck vor, dass sie auf einen Showdown mit ihren Feinden und Gegnern abzielt. Das allgemeine Klima nach der Ermordung Haniyehs scheint fast an den Schuss zu erinnern, der 1914 in Sarajewo den österreichischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand tötete, und wir Europäer, die wir nicht existieren und stumm sind, erscheinen wie die Schlafwandler am Vorabend des Großen Krieges, die in Christopher Clarks Buch beschrieben werden.
Innerhalb der Hamas war Haniyeh der politische Ansprechpartner im Ausland, insbesondere in Katar und bei den sunnitischen Ölmonarchien am Golf, und repräsentierte den verhandlungsfreudigsten Teil der palästinensisch-islamischen Bewegung. Yahya Sinwar, der andere Führer im Fadenkreuz Israels, ist hauptsächlich Ausdruck des militärischen Flügels und der Heimatfront. Auch wenn die Anwendung traditioneller politischer Kategorien in diesen Fällen willkürlich erscheinen mag, war Haniyeh der „Spiderman“, der das diplomatische Netz webte. Kurz gesagt, sie haben den Mann der Verhandlungen getötet.
Die israelische Presse selbst spricht von einem drohenden regionalen Krieg: Der Konflikt könnte noch weitreichendere Folgen haben.
Die wütenden Reaktionen Russlands und Chinas auf die Ermordung Haniyehs – und auch der Türkei, bei der er zu Gast war – zeigen, dass diese Verbündeten Teherans sich unmittelbar betroffen fühlen. Vor allem Peking, der wichtigste Wirtschaftspartner Teherans, der zunächst ein Abkommen zwischen Iran und Saudi-Arabien und dann kürzlich auch eine Einigung zwischen den palästinensischen Fraktionen über die Zukunft des Gazastreifens vermittelt hat.Was Erdogans Türkei betrifft, die sich auf offenem Kollisionskurs mit Israel befindet, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Ankara (das auf dem Weg ist, die Beziehungen zu Assads Syrien wiederherzustellen) seit 1953 Mitglied der NATO ist und die größte Armee des Bündnisses an der Südostflanke des Mittelmeers stellt: In wenigen Tagen findet in Washington ein NATO-Generalgipfel statt, der angesichts von Konflikten wie der Ukraine, dem Gaza-Streifen und nun auch dem Nahen Osten im weiteren Sinne sicherlich kein simpler Laufsteg sein wird.
Am stärksten involviert sind aber selbstverständlich die Vereinigten Staaten, bei denen unklar ist, von wem sie regiert werden und was der Sinn ihrer Aktionen ist, insbesondere im Mittleren Osten. Nach der Rede von Netanjahu vor dem Kongress könnte man meinen, dass der israelische Ministerpräsident, der vom Internationalen Strafgerichtshof verfolgt wird, auch in Washington die Führung übernommen hat. In Wirklichkeit nutzt er die Kluft, die sich mit Bidens Rückzug aus dem Wahlkampf bis November aufgetan hat, um dem kriegerischen und mörderischen Treiben des israelischen Staates freien Lauf zu lassen, der nach dem 7. Oktober ((2023)) in den radikalen Extremismen der Region Widerhall gefunden hat. Die Fortsetzung des Krieges gegen die Hamas im Gazastreifen und an der Nordfront gegen die Hisbollah stellt für Netanjahu und seine Regierung eine Art politische Lebensversicherung dar. Und die Vereinigten Staaten sind Bürgen und Komplizen dieser Lebensversicherung.
Netanjahu weiß nicht nur, dass er von diesr in Abwicklung befindlichen Biden-Administration keine Konsequenzen zu erwarten hat, sondern auch, dass die USA an seiner Seite im Krieg stehen werden. Er hat keinen Grund, daran zu zweifeln, denn während des monatelangen Konflikts im Gaza-Streifen – wo die Israelis 40.000 Menschen (zumeist Zivilisten) töteten – haben die USA ihn mit Dutzenden von Milliarden Dollar an Militärhilfe unterstützt. Anstatt ihm Einhalt zu gebieten, applaudierten sie ihm mit wenigen Ausnahmen, als er in seiner Rede in Washington einen Krieg gegen den Iran ankündigte. Die stotternden amerikanischen Vermittlungen in der Region erschienen vor allem als Zeitverschwendung. Man denke nur an das Scheitern des US-Gesandten Amos Hochstein im Libanon, eines ehemaligen israelischen Soldaten, der den amerikanischen Demokraten in den letzten Jahren mehr dazu diente, Probleme zu bereiten als sie zu lösen.
Am unglaublichsten aber ist US-Außenminister Blinken. Nachdem er seit einiger Zeit aus dem Quadranten des Mittleren Ostens verschwunden ist, wo er es der CIA überließ, sich mit den brillanten Ergebnissen, die wir sehen, zu befassen, vermied Blinken Spekulationen über die Auswirkungen von Haniyehs Tod auf die Bemühungen um einen Waffenstillstand im Gazastreifen und erklärte wörtlich: „Ich habe über viele Jahre gelernt, niemals über die Auswirkungen eines Ereignisses auf etwas anderes zu spekulieren. Ich kann also nicht sagen, was es bedeutet.“ Der Mann lebt offenbar auf dem Mond. Doch dies ist der US-Außenminister, von dem das Schicksal der Menschheit zum Teil abhängt, nicht irgendein Passant. „Machtvakuum im Mittleren Osten“, lautete die Überschrift eines Artikels in der Zeitschrift „Foreign Affairs“ vom März 2024. Und dieses Vakuum verschlingt nun das Schicksal von Millionen von Menschen.
(Übersetzung: Gewerkschaftsforum Hannover)
„il Fatto Quotidiano“ 31. Juli 2024
„Haniyehs Tod enthauptet die Hamas nicht.“
Die Expertin Caridi: „Netanjahus Ziel ist es, eine Eskalation mit dem Iran zu provozieren.“
Riccardo Antoniucci
„Alle außergerichtlichen Tötungen, die Israel in den letzten Jahrzehnten durchgeführt hat, haben die Hamas nicht aufgelöst. Die Organisation hat eine nicht-vertikale interne Struktur, die jedoch auf von den einzelnen Mitgliedern gewählten Vertretern beruht. Die Hamas ist keine Schlange, die durch die Tötung eines Anführers enthauptet werden kann“.
Paola Caridi, Journalistin und Expertin für den Mittleren Osten, die der Geschichte der Hamas ein Buch gewidmet hat, das vor kurzem in den Buchhandel zurückgekehrt ist („Hamas: Dalla resistenza al regime“, Ferschienen bei eltrinelli), bezweifelt nicht, dass Israel hinter der Ermordung von Ismail Haniyeh am Mittwoch bei einem Anschlag in Teheran steckt, und sie ist sich ebenso sicher, dass die konkrete Wirkung der Operation darin besteht, die Region zu destabilisieren, ohne die Hamas wirklich geschwächt zu haben.
Was bedeutete Haniyeh für die Hamas und für den palästinensischen Widerstand?
Seine politische Geschichte ist für das interne Gleichgewicht der Organisation äußerst wichtig. Haniyeh stammt wie der gleichaltrige Yahya Sinwar aus dem Gazastreifen und wurde sehr jung, als Student, aktiv. Bereits 2003 entkam er einem gezielten Mordanschlag. Er war Assistent eines der Gründer der Hamas, Ahmed Yassin, bis dieser 2004 getötet wurde. Wie Yassin war er nicht nur ein politischer, sondern auch ein religiöser Führer, ein Prediger. Ab 2005, als die Struktur der Bewegung beschloss, an den Wahlen teilzunehmen, und die Parlamentswahlen 2006 gewann, übernahm Haniyeh zunehmend eine politische Rolle. Haniyeh war Spitzenkandidat und leitete daher bis 2007, dem Jahr des Putsches in Gaza, die Regierung der Palästinensischen Autonomiebehörde (ohne die Fatah). Seit sieben Jahren lebte er in Katar, weil er in das Politbüro der Hamas gewählt worden war. Wie alle politischen Führer der Organisation zog er ins Ausland, um Beziehungen zu internationalen Partnern pflegen zu können, ohne Israel um Erlaubnis bitten zu müssen, das Land zu verlassen.
Löst sein Tod einen Machtkampf innerhalb der Hamas aus?
Ganz und gar nicht. Die Hamas arbeitet seit über 40 Jahren mit einer Entscheidungsstruktur, die auf vier Wahlbezirken (Ausland, Gaza, Westjordanland, Gefängnisse) und auf Mehrheitsentscheidungen beruht. Die Ersetzung Haniyehs wird, wie auch seine Wahl zum Chef des Politbüros, im Namen der Kontinuität nach demselben internen Entscheidungsprozess erfolgen. Für seine Nachfolge kommen meiner Meinung nach im Wesentlichen zwei Kandidaten in Frage: Khalil al-Hayya, der mit Haniyeh und Sinwar in Gaza aufgewachsen ist und am Dienstag ebenfalls in Teheran war, wo er von Khamenei zusammen mit Haniyeh empfangen wurde. Es war al-Hayya, der sich vor Wochen für die Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen hat. Der andere potenzielle Nachfolger ist Musa Abu Marzuq, ein ehemaliger Leiter des politischen Komitees, der nach seiner Inhaftierung in den USA nun die ewige Nummer 2 ist. Beide sind bereits an den Waffenstillstandsverhandlungen mit Israel im Gazastreifen beteiligt. In jedem Fall wären sie Übergangsfiguren bis zu den für 2025 geplanten internen Wahlen.
Sind die Verhandlungen über einen Waffenstillstand im Gazastreifen nach dem Mord an Haniyeh endgültig begraben?
Der erste, der das sagte, war Katar: Wie kann man verhandeln, wenn man einen Verhandlungsführer tötet? Israel wird sich nie zu dem Anschlag bekennen, aber die Vorgehensweise ist typisch und wird seit Jahrzehnten von den Diensten in Tel Aviv angewandt. Gerade wegen der Entscheidungsstruktur der Hamas bedeutet der Tod von Haniyeh nicht per se das Ende der Verhandlungen. Er selbst hat dies im April gesagt, als Israel bei einem Überfall drei seiner Söhne und vier Enkelkinder tötete: „Wenn ihr mich trefft, trefft ihr nicht die Verhandlungen“, erklärte er damals. Ich glaube jedoch, dass Benjamin Netanjahu, wie immer mehr Militäranalysten sagen, nie die Absicht hatte, die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen, und dass er den Krieg fortsetzen will, auch wenn sein militärischer Generalstab ihn auffordert, die Operationen zu beenden und eine Ausweitung des Konflikts zu vermeiden. Ich glaube nicht, dass die Leitungsklassen in Europa und den Vereinigten Staaten wirklich begreifen, wie gefährlich die Situation geworden ist. Die Lunte brennt bereits.
Ist eine Eskalation des Konflikts also wahrscheinlich?
Der Iran kann gar nicht anders als zu reagieren. Sie haben einen Gast bei ihnen zuhause getötet, unter den Augen der Revolutionswächter. Das Problem ist, dass Teheran nach dem israelischen Überfall auf die iranische Botschaft in Damaskus bereits mit dem Abschuss von Drohnen und Raketen reagiert hat. Was wird es nun tun? Das eigentliche Problem bei der Ermordung Haniyehs ist, dass sie auf iranischem Territorium stattfand. Damit steht die gesamte Region auf dem Spiel, und auch das Westjordanland ist gefährdet. Abu Mazen hat einen Trauertag ausgerufen, was bei den vorherigen Morden nicht der Fall war. Es liegt auf der Hand, dass ein auf den Iran ausgeweiteter Konflikt nicht mehr die Merkmale eines regionalen Krieges aufweisen würde.
Worauf genau zielt Israel dann Ihrer Meinung nach ab?
es ist der Versuch, den Krieg auszuweiten und den Iran hineinzuziehen, auch unter Einbeziehung der Vereinigten Staaten. Offensichtlich glaubt Netanjahu, die Schwächung der Führung in Washington ausnutzen zu können: mit Joe Biden, der seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit zurückgezogen hat, einer Vizepräsidentin, die ebenfalls kandidiert, und vor allem dem anderen Kandidaten (Donald Trump), die bereit sind, Netanjahu einen Freibrief zu auszustellen. Das Attentat muss jedoch auch als Angriff auf den innerpalästinensischen Dialog gesehen werden, der von Peking aus zwischen den Vertretern der 14 palästinensischen Gruppierungen wieder in Gang gesetzt worden war: Haniyeh stand bei diesem Prozess in der ersten Reihe.
Stellt der Mord die Beziehungen der Hamas zum Iran in Frage?
Das würde ich nicht sagen, aber es wird sehr wichtig sein, die Dynamik des Angriffs zu verstehen, denn wenn wir genau wissen, woher die Rakete kam und auf welche Weise, werden wir auch in der Lage sein, etwas mehr über das Unterstützungsnetzwerk zu verstehen, auf das Israel zählen konnte, um Teheran zu treffen.
(Fettgesetzte Namen wie im Original. Übersetzung: Gewerkschaftsforum Hannover)
„Contropiano“ 1. August 2024 (10:20)
Editorial:
Die Risiken des neuen Zugzwangs im Mittleren Osten
Sergio Cararo
Zweifelsohne haben die israelischen Apparate zwei „meisterhafte Schläge“ gegen die Achse des Widerstands durchgeführt.
Zwei gezielte Mordanschläge binnen zwei Tagen, eines im Herzen von Beirut, aber vor allem das andere in der iranischen Hauptstadt Teheran, eines gegen Fouad Shukr, einen hochrangigen Hisbollah-Führer, das andere gegen den politischen und Verhandlungsführer der Hamas, Ismail Haniyeh.
Die Blutspur, die Israel hinterlassen hat, wird immer länger. In Tel Aviv und bei den Hasbara-Apparatschiks ((d.h. den Autoren der Pro-Israel-Propaganda)) herrscht vielleicht Jubel und Stolz darüber, dass Israel weiterhin als „tollwütiger Hund“ angesehen werden muss und will, den man besser nicht ärgert. Nach dieser Logik sollte oder kann sich kein „Feind Israels“ sicher fühlen, nicht einmal in Botschaften im Ausland oder in der Hauptstadt eines souveränen Staates. Internationale Konventionen existieren für israelische Mörder nicht. Die gibt es nur für alle anderen Länder, aber – wie Ilan Pappé sagt – „solange die Welt Israel erlaubt, zu tun, was es tut“, scheint dies wie die übliche alte Leier.
Die beiden gezielten Ermordungen von führenden Vertretern der Hisbollah und der Hamas haben die gleiche politische Wirkung wie eine Welle von Bombenteppichen, allerdings mit weniger Opfern.
Man kann nicht verstehen – oder besser gesagt, sehr gut verstehen – warum Israel nicht so selektiv mit den Palästinensern in Gaza umgegangen ist, wo es stattdessen den Weg der kollektiven Bestrafung, der Massaker an wehrlosen Zivilisten gewählt hat. Also das, was internationale Institutionen und das Gewissen heute als Völkermord bezeichnen.
Die beiden Morde in Beirut und Teheran kommen einer Kriegserklärung gleich. Und es gibt viele, die glauben, dass die israelische Regierung diesen umfangreichenden Krieg im Mittleren Osten führen will. Netanjahus Reise in die USA erweckt den Eindruck, dass er auch für dieses Szenario grünes Licht erhalten hat.
Der Ball liegt nun zweifellos bei der Achse des Widerstands. Der Iran, die Hisbollah, die jemenitische Ansarallah und der palästinensische Widerstand müssen sich nun entscheiden, ob sie die Herausforderung annehmen … oder sich ergeben. Die Zwischenlösungen haben sich dramatisch ausgedünnt, da die Verhandlungen über den Gazastreifen durch die israelischen Forderungen ständig verzögert oder behindert werden, so dass sie zu einem Feigenblatt oder zu einem endlos vertröstenden Lügennetz der Penelope werden.
Die damit verbundenen Risiken und Kosten sind und werden für die beteiligten Länder und die regionale und internationale Instabilität enorm sein. Aber ungestraft Anschläge in der eigenen Hauptstadt zu erdulden, ohne dass eine angemessene Reaktion (auch im Ausland und nicht unbedingt vor Ort) erfolgt, würde das Ende jeglichen Anspruchs des Iran bedeuten, die Achse des Widerstands zu vertreten. Das Gleiche gilt für die Hisbollah.
Und wenn Israel weiterhin seine militärische und geheimdienstliche Überlegenheit demonstriert, ist nicht gesagt, dass dies in einem offenen Konflikt gewährleistet werden kann – es sei denn bei einem direkten Eingreifen der USA in den regionalen Krieg im Mittleren Osten.
Doch in diesem Fall ist es unwahrscheinlich, dass große Mächte wie Russland und China tatenlos zusehen können, und heute gibt es in den Führungsetagen dieser Länder keine dienstbaren Betrunkenen wie Jelzin oder Führer mehr, die einer friedlichen Koexistenz um jeden Preis zugeneigt sind. Auch der internationale Kontext hat sich im Vergleich zu vor nur drei Jahren erheblich verändert. Im Mittleren Osten sind wir wieder in Zugzwang (1).
Die Akteure sind gezwungen, sich zu bewegen, selbst unter großem Risiko. Stillhalten bedeutet, die Partie in jedem Fall zu verlieren.
(1) Zugzwang herrscht in einer Schachpartie, auch wenn der Zug negative Auswirkungen haben kann.
(Übersetzung + Einfügung in doppelten Klammern: Gewerkschaftsforum Hannover)
mittlerweile wurde der sogenannte tiergartenmörder ausgetauscht, was erhebliche kontroversen bewirkt…….
es macht schon einen unterschied, wenn israel im ausland unter jubel unliebsame menschen ermordet, russland hingegen eigene bürger eliminiert.
Trackback by kurt strohmaier 5. August 2024 17:31