LINKEstmk 

  LinkeStmk | YouTube | Stmk gemeinsam | Grazer BI | Volksbegehren | Petitionen

[R.Brunath] Essay: Die justierten Angriffe gegen den Neokolonialismus

Bloged in Allgemein,Krise by friedi Mittwoch Mai 1, 2024

Kurz nach der iranischen Reaktion auf den zionistischen Angriff auf das iranische Konsulat in Syrien, waren es die USA die Netanjahu die Zügel aus der Hand nahmen und der Welt mitteilten, dass der Iran nicht „überreagiert“ habe – d.h. seine Reaktion richtig „kalibriert“ habe.

Und das, nachdem die zionistischen Behörden den persischen Potentaten apokalyptische Konsequenzen angedroht hatten. Washingtons Diskurs war eine Folge dessen, was vor dem iranischen Vergeltungsschlag geschah: mehrere europäische Kuriere hatten den Iran zur “Zurückhaltung” aufgerufen und warnten vor den schwerwiegenden Folgen – Eskalation bis zum Flächenbrand – die ein Mangel an “Zurückhaltung” auslösen könnte.

Ursula von der Leyen wusste natürlich wie der Iran „bestraft“ werden müsste – durch Sanktionspakete auf diesen iranischen “unprovozierten Akt”. Auch Macron ließ sich nicht lumpen und erklärte, dass “wir” den Iran weiterhin mit den üblichen Sanktionen “isolieren” müssten. Damit offenbarten sowohl Ursula von der Leyen wie auch Macron dass sie zur Realität keinen Bezug mehr haben, dass sie immer noch glauben, dass der “rassisch, moralisch und intellektuell überlegene” Westen die Legitimation hat, alle zu bestrafen ohne selbst bestraft zu werden.

Die Straffreiheit des Westens endete endgültig, als die Russische Föderation erklärte, dass sie die Nichtachtung ihrer nationalen Sicherheit – wozu die Neutralität der Ukraine gehörte – nicht akzeptieren würde – sie endete, als der Iran, die Hisbollah, die Huthis und die Hamas erklärten, dass sie die zionistischen Übergriffe gegen ihre Bevölkerungen und die ihrer Verbündeten nicht länger hinnehmen würden, sie endete, als China Russland und der Iran erklärten, dass eine multipolare Welt entstehe und von Dauer sei. Folglich signalisierte der Iran, dass man eine entschlossene Antwort geben würde, was er als Eskalation des Missbrauchs durch den Zionismus und seine Unterstützer ansehe, und dass er die völkermörderische Missachtung durch die zionistische Entität, die Israel kontrolliert, nicht weiter tolerieren würde.

Dieses Verhalten des Irans, das früher undenkbar war, zeigt, wie sich die Welt in diesen wenigen Jahren wachsender Multipolarität verändert hat. Sanktionen haben kein Gewicht mehr. Der Iran – wie aber auch Russland, Nordkorea, Kuba, Venezuela, Nicaragua – haben gelernt, sich selbst zu versorgen und noch deutlicher: sie erzeugen internationale Kraft zur Opposition. Inzwischen ist es sogar soweit, dass Mächte wie der Iran es sich leisten, den Einsatz zu erhöhen und den arroganten Westen in die Enge zu treiben, worauf die USA mit einer Fülle von mehrfachen Provokationen setzen, die sich immer weiter ausbreiten und auf lokale militärische Eskalationen abzielen, um die Expansion der Länder einzudämmen, die die zentralen Säulen dieser Befreiung des globalen Südens darstellen: Russland, China und Iran.

Das Ergebnis ist die Entwicklung des “globalen Südens”, der “globalen Mehrheit”, begleitet vom Verlust strategischer Positionen des Westens, wie zuletzt in Afrika, der Sahelzone, wo die “kalibrierten” Angriffe lokaler Mächte zu fortschreitender Korrosion des imperialistischen Gebildes führt, und dessen unweigerlichen Zusammenbruch ankündigt.

Das in seiner Gesamtheit ist das große Verdienst dieser drei Länder und ihrer Verbündeten, des selbstbewussten Südafrikas, des schillernden Indiens und Brasiliens, denen sich inzwischen fünf weitere Länder angeschlossen haben und denen sich bald viele weitere anschließen werden. Diese Länder hatten die Geduld, so dezentral wie nötig zu handeln, ohne sich in unüberwindbare innere, den USA ausliefernde Widersprüche zu verheddern. Das stellt die Mächte des Neokolonialismus vor äußerst schwer zu überwindende Probleme – im Gegensatz zu den Jahren zum Ende des kalten Krieges, als die USA, die ideologisch in der Defensive waren, mit der Menschenrechtsagenda das Blatt wendeten und die UdSSR in die Defensive bringen konnten. Heute hat die Idee einer multipolaren Welt den globalen Süden als Ganzes in eine ideologische Offensivposition gebracht, und nun befinden sich die USA wieder in der Defensive. Und dieses Mal könnten sie auch wieder mit der Menschenrechtsagenda kommen, aber sie wirkt dieses Mal unglaubwürdig.

Was sie also heute tun, ist eine Reaktion auf eine Realität, in der sich die multipolare Welt weiter ausdehnt und der “erweiterte” Westen schrumpft. Die NATO mag „Erweiterungen“ propagieren aber der Lebensraum der westlichen Monopole, die die Wurzeln des Imperialismus sind, schrumpft immer mehr. Das ist eine unbestreitbare Tatsache, und nur die totale Verschuldung des Weißen Hauses hilft ihnen, dass die US-Wirtschaft weiterhin künstlich wächst und damit den Prozess der “Eindämmung” des Wachstums der multipolaren Welt anheizt.

Der Wind hat sich aber gedreht, das Problem der USA ist komplizierter geworden als zur Zeit, als die Sowjetmacht die einzige Säule war, auf der die Herausforderung ruhte. Die UdSSR und China hatten sich noch nicht die Hände gereicht. Die Herausforderung, die heute von China, Russland und dem Iran, aber auch von Indien, Südafrika, Brasilien und vielen anderen ausgeht, ist viel komplexer und uneinheitlicher.

Der Block, dem die USA gegenüberstehen ist nicht monolithisch, die Länder kommen mit sehr unterschiedlichen Regierungs- und Gesellschaftssystemen daher. Hinzu kommt, dass diese Länder, jedes auf seine Weise – der Iran am wenigsten – in westliche Wertschöpfungsketten eingebunden sind, was ein entschlossenes und brutales Vorgehen verhindert, z.B. ist ein Ausmaß der Sanktionen wie gegen Russland geschehen gegen die die chinesische Wirtschaft quasi undenkbar.

Das ist das Wesen der “Multipolarität”, das sich wie Pilze aus dem Waldboden auf der ganzen Welt vermehrt, was es praktisch unmöglich macht, ihr Wachstum einzudämmen. So mussten die USA lernen, dass es nicht ausreicht, einen anzugreifen, nein, man muss alle angreifen. Aber das ist unmöglich, wie sie jetzt feststellen. Diese Vielfalt ist die absolute Herausforderung für die totalitäre Logik der USA, die sich selbst als Herrscher einer einheitlichen Welt sehen. Aber sie geben nicht auf, die Herren im Oval Office oder Pentagon.

Seit kurzem verlegt man sich auf verstreute Provokationen durch gut bewaffnete Stellvertreter – z.B. aktuell durch die zionistische Entität in Israel. Aber es hat sich gezeigt, auch das ist problematisch, wie man jetzt an der iranischen Vergeltungsmaßnahme sehen kann. Die Decke ist zu kurz für einen Westen, der nicht mehr über die industriellen Kapazitäten der Vergangenheit verfügt, die durch eine unpopuläre Politik der Vernichtung von Arbeitsplätzen im Dienste der Monopole verlagert wurden. Und dies vor dem Hintergrund einer finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Schrumpfung.

Die große Herausforderung für die multipolare Welt wird weiterhin darin bestehen, immer auf Antworten zu setzen, die ausreichend “kalibriert” sind, um den Aggressor zurückhaltender zu machen, ihn von der allerletzten Eskalation abzuhalten, sondern um Raum zu gewinnen der den Aggressor mehr und mehr aushöhlt und dessen Aktivitäten ihn glauben lassen, dass er vorankommt, während er sich in Wirklichkeit zurückzieht.

Wenn man Ursula von der Leyen mit ihrer sprichwörtlichen Arroganz zuhört, wenn sie dem Iran mit unwirksamen Sanktionen droht, wenn man Trump und seinem MAGA zuhört, wenn Sunak große Töne spuckt und Macron Napoleon spielt, dann zeigt das genau das: die Diener der Monopole sind damit beschäftigt, mit kleinen Zinnsoldaten zu spielen, ohne zu merken, dass ihr Spielbrett immer kleiner wird.

Wenn die multipolare Welt ihre “kalibrierten” Angriffe fortsetzen kann, in welcher Form auch immer (einige mehr militarisiert, andere mehr kommerziell und technologisch), können wir sicher sein, dass sie in der Lage sein wird, die Aufgabe zu vollenden, die andere bereits begonnen haben: dem Neokolonialismus ein Ende zu setzen, und der Menschheit jene Perspektive zu eröffnen, von der die sozialistische Internationale spätestens seit 1917 spricht: die Befreiung der Menschheit vom Joch des Kapitalismus.

Essay R. Brunath, 30.4.2024, Hamburg, gelesen bei:

https://strategic-culture.su/news/2024/04/16/the-kalibrated-attacks-against-neo-colonialism/

Das Essay als PDF: Die justierten Angriffe gegen den Neokolonialismus

Keine Kommentare	»

No comments yet.

Leave a comment


RSS feed for comments on this post. TrackBack URI

Powered by Wordpress, theme by Dimension 2k