Endet die Meinungsfreiheit bei der Nennung von Verbrechen der Mächtigen?
Mehr noch als der Überfall Russlands auf Kiew stellte der brutale Überfall der Hamas auf Israel die Frage nach der Gewaltlegitimität. In der Folge darauf stellt sich die Frage: Welche Gewalttaten dürfen etwa in Demos verurteilt werden und welche Aussagen sind zu verbieten? Wann ist Töten sinnloser Terror und wann ist systematisches Töten Teil einer notwendigen Verteidigung? Willhelm Langthaler hat die Frage mit Rückgriff auf die Kolonialialisierung der Vereinigten Staaten reflektiert.
Ausgangspunkt der Überlegung Langthalers war die Frage, wie weit ist Meinungsfreiheit ein Grundrecht und ab wann wird eine geäußerte Meinung zur Unterstützung von verbrecherischem Terrror. Eine Frage, die aktuell auch die Zensur in lichte Höhen treibt. Die nachfolgende Darstellung ist Teil einer internen Diskussion innerhalb einer Aktivistengruppe.
Zunächst denke ich, dass wir uns einig sind, dass es um das Prinzip der Meinungsfreiheit geht. Wenn dieses durchlöchert wird, dann brechen Dämme. Es geht in Windeseile in den permanenten Ausnahmezustand.
Darum haben wir uns gegen die Terror-Gesetze, die Anti-Islam-Gesetze, die Kampagnen der Exekutive bei den Tierschützern, Corona-Ausnahmezustand, Russland-Verteufelung und nun gegen „Israel über Alles“ engagiert.
Das Prinzip der Meinungsfreiheit ist in der Praxis nicht im luftleeren Raum, es steht immer anhand eines konreten Problems auf den Prüfstand. Es sind immer die Machteliten, die die Bewertung von legitim und illegitimer Meinungsäßerung treffen. In Demokratien ist daher zumindest die Meinungsfreiheit auf Protestkundgebungen ein Eckpfeiler der Freiheit, die Randgruppen davor schützen soll, von der Machtelite mundtod gemacht zu werden. Historisch war das nicht immer so.
Die Ureinwohner Amerikas etwa haben, gemäß der Machteliten immer alles falsch gemacht. Egal wie sie gegen die weißen Siedler, welche die Machteliten verkörpert haben, angetreten sind. Egal ob sie mit Anpassung, Verträge, Widerstand, Integration oder Gegengewalt agierten – sie konnten es auch den liberalsten der Liberalen nicht Recht machen. Der Völkermord funktionierte und heute, weil die Indianer weg sind, sind sie die Bemitleidenswerten.
Die Palästinenser können auch nichts richtig machen, ob friedlich oder mit Gewalt, sie sind immer die Antisemiten und die Terroristen. Die Kolonisten haben immer recht und zuerst zählt deren Leben.
Peter Weish hat richtigerweise die Bezeichnung Gazas als „Freiluftgefängnis“ als schlimme Verharmlosung benannt. Es sei vergleichbar mit den KZs der Buren. Diese KZ-Insassen haben nun eine weiteren Aufstandsversuch gemacht und werden nun dafür kollektiv bestraft. 8.000 sind schon getötet worden, ohne dass die Medien viel aufhebens machen, davon sehr viele Kinder. Aber man soll nicht „Kindermörder Israel schreien…“
Man sagt es bräuchte eine Friedensdemo um gegen die Beschneidung des Demorechts Stellung zu nehmen. Nur, die Palästinademos SIND die Friedensdemos. Die fordern, dass das Bombardement und die Einschürung von Gaza aufhört, während die Bundesregierung weiter Blut sehen will. Es kann keine andere Form der Friedensbewegung geben als auf Seiten der Palästinenser, denn es ist kein Krieg von zwei gleichwertigen Gegnern. Sondern es ist ein klassischer Konflikt mit einem Siedlerkolonialismus. Darum ist die Losung eines gemeinsamen demokratischen Staates so wichtig. Aber genau der wird verboten. Das Existenzrecht eines kolonialen Apartheidstaates wird mit der Meinungsdiktatur fixiert. Alle die für die gleichen Rechte für alle sind, die sollen zum Schweigen gebracht werden
So wie bei Corona, so wie bei Russland muss man sich auch bei Palästina zumindest ansatzweise mit dem Kontext befassen.
Aber auch die Befassung mit dem Kontext alleine reicht noch nicht, da der Kontext ebenso perspektivisch ist. Die aktuellen Konflikte zeigen es deutlich: Beginnt die Betrachtung mit dem Einmarsch Russlands zeigt sich ein anderes Bild als wenn dieser Kontext auf die NATO-Osterweiterung ausgedehnt wird. Allerdings ist für diese Ausdehnung der Betrachtung bereits eine bestimmte Konfliktperpektive notwendig. Der Überfall auf Kiew, da gibt es keine Rechtfertigung. Wechselt jedoch die Perspektive und berücksichtigt die Vorgänge auf dem Maidan und das Vorgehen des Westens in der Ukriane – so ergibt sich ein anderes Bild. Dieser Fokus des Einzelnen, getragen von einer gelenkten Medienwelt – der relativiert das Recht auf Meinungsfreiheit, der verhindert, dass die Leiden von Konfliktparteien gleichwertig betrachtet werden und leistet dem Vorschub, dass der Stärkere es den Schwächeren untersagt, sein Leid zu propagieren. Dadurch dass damit dieser Standpunkt unterbunden wird, stabilisiert sich die Darstellung der mächtigen Seite weiter – es gibt ja keinen Widerspruch mehr. Da zeigen sich dann die Risse im Demokratiegebäude, da zeigt sich die Wende zum Totalitarismus.
Auch wenn überzeugte ukrainische Nationalisten jegliche Verständnisversuche für die russische Seite am liebsten kriminalisieren – auch wenn die Solidargemeinschaft mit Israel jegliche kritische Stimme am Vorgehen Israels am liebsten als Widerbetätigung einsperren würde – die Demokratie und auch das Potential der Krisenbewältigung soll und muss auch diese unliebsamen Stimmen zulassen.
Wien, 30.10.2023 Wilhelm Langthaler – überarbeitet und ergänzt von Wolfgang Friedhuber.
Anm.: Die eingerückten Stellen entstammen dem Originaltext – die ausgerückten Stellen sind die Ergänzungen von Friedi.
seinerzeit hätte man dazu auf der uni gesagt die beweisführung wäre trivial. das lemma wäre die meinungsfreiheit, da es jedoch keine demokratie gibt, keine gelebte in parlamenten, gibt es nur dogmen, die von den jeweiligen vertretern des mainstreams im sinne der genehmen politischen vorgaben postuliert werden, dagegen darf nicht verstoßen werden. ketzer werden demnach von der inquisiton bestraft. einen paradigmenwechsel gäbe es nur, wenn prioritäten im sinne eines profitableren kategorischen imperativs mutierten.
Trackback by kurt strohmaier 30. Oktober 2023 19:51
wohl ein fake übelster propaganda der moskowiten:
https://gegenzensur.rtde.live/inland/185540-justizwahnsinn-in-deutschland-twitter-nutzer-bestraft/
Trackback by kurt strohmaier 31. Oktober 2023 17:56