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[Brunath] Die regelbasierte Weltordnung – ein einseitiges Diktat

Bloged in Allgemein,Diskussion,Systemalternativen by friedi Samstag Mai 13, 2023

Völkerrecht versus Internationale Gemeinschaft – Lawrows Auftritt in der UNO

Essay von Rainer Brunath, Hamburg, 7.5.2023

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat der Westen versucht eine „Neue Weltordnung“ aufzubauen, wie Margaret Thatcher und George Bush Sr. es ausdrückten; eine „regelbasierte“ Neue Weltordnung, die der Westen selbst definiert hat. Damit gab er sich selbst das Recht, Verstöße gegen seine eigenen Unterschriften anzuhäufen.

Beispiele:

  • Finnland unterschrieb 1947, neutral zu bleiben. Seine Mitgliedschaft in der NATO ist daher ein Verstoß gegen seine eigene Unterschrift.
  • Die baltischen Staaten haben sich bei ihrer Gründung im Jahr 1990 schriftlich verpflichtet, die Denkmäler zu Ehren der Opfer der Roten Armee zu erhalten. Die Zerstörung dieser Denkmäler ist daher ein Verstoß gegen ihre eigene Unterschrift.
  • Die Vereinten Nationen verabschiedeten die Resolution 2758 vom 25. Oktober 1971, in der anerkannt wurde, dass Peking und nicht Taiwan der einzige legitime Vertreter Chinas ist. Infolgedessen wurde die Regierung von Taiwan aus dem Sicherheitsrat ausgeschlossen und die die aus Peking ersetzt. Daher stellen beispielsweise die jüngsten chinesischen Marinemanöver in der Taiwanstraße keine Aggression gegen einen souveränen Staat dar, sondern eine freie Stationierung seiner Streitkräfte in seinen eigenen Hoheitsgewässern. Alles andere darüber ist Propaganda.
  • Mit dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen von 1968 verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten, keine Kernwaffen an ein Drittland weiterzugeben. Im Rahmen der NATO haben die Vereinigten Staaten jedoch taktische (nicht strategische) Atombomben auf Stützpunkte im Ausland verlegt. Dies stellt einen Verstoß gegen ihre Unterschrift durch die Vereinigten Staaten sowie durch Deutschland, Belgien, Italien, die Niederlande und die Türkei dar.

Damit ergibt sich eine grundsätzliche Unvereinbarkeit zwischen dem Völkerrecht, das auf den Ergebnissen der Haager Konferenz von 1899 basiert, und neuer, angelsächsischer Vorgabe, der „regelbasierten Weltordnung“. Das Völkerrecht ist eine allgemeingültige Konvention. Es wird/wurde einstimmig aufgestellt. Das heißt, es wird von jedem akzeptiert, der es anwendet. Dagegen basiert das angelsächsische (nicht schriftlich fixierte) Recht auf Gewohnheit und auf Gelegenheit. Es ist daher immer im Rückstand zur Entwicklung der Welt und begünstigt diejenigen, die die Welt beherrschen.

Ab 1993 begann der Westen, alle internationalen Verträge nacheinander zu ersetzen, um sie in angelsächsisches Recht umzudeuten; begründet wurde das mit der Lehre eines Professor Josef Korbel an der Universität von Denver. Er vertrat die These, dass der beste Weg für die Vereinigten Staaten, die Welt zu beherrschen, nicht darin bestand, sie militärisch zu erobern, sondern sie dazu zu bringen, das US-Rechtssystem anzunehmen, wie es die britische Krone in ihrem Imperium getan hatte. Madeleine Albright, seine Tochter, unter Präsident Bill Clinton im UN-Sicherheitsrat, verbreitete die These ihres Vaters. Nachdem sie als Botschafterin bei den Vereinten Nationen gedient hatte, wurde sie Außenministerin. Als Präsident George W. Bush die Nachfolge von Bill Clinton antrat, nahm Josef Korbels Adoptivtochter Condoleezza Rice den Platz ein. So hat die USA / der Westen zwei Jahrzehnte lang geduldig und erfolgreich das Völkerrecht zerstört und eigene Regeln durchgesetzt, bis zu dem Punkt, an dem er sich heute den Titel „Internationale Gemeinschaft“ anmaßt – militärisch abgesichert durch die NATO. Das bedeutete aber auch: keine These ohne Antithese.

So haben die UNO und Russland/China im Besonderen, der NATO-Politik widersprochen und zuletzt führte Russlands militärischer Einsatz in Syrien im Nahen Osten zum Scheitern der NATO. Aber wie ein trotziges Kind verweigerte die NATO die Anerkennung ihres Scheiterns. Sie konstruierte, der Denkweise der ehemaligen Kolonialmächte folgend, das Märchen (modern Narrativ), dass Russland und China imperial aggressiv seien und ihre militärische Überlegenheit nutzen würden, um dem Rest der Welt ihre Lebensweise aufzuzwingen. Was für ein lebensgefährlicher Trugschluss. Das Gegenteil ist der Fall: Moskau und Peking fordern die Respektierung und Anwendung des Rechts auf nationale Sicherheit und die Anwendung und Respektierung des Völkerrechts. Nichts mehr!!

Die Ereignisse in der Ukraine sollten uns an die Forderungen Russlands erinnern, die Putin seit 2007 immer wieder wiederholt hat: Sicherheitsgarantien, besonders die Abwesenheit von westlichen (Waffen)Arsenalen an seinen Grenzen. Russland hat nicht die Mittel, seine Grenzen, die längsten der Welt, komplett zu verteidigen. Die Frage der nationalen Sicherheit ist daher essenziell für die russische Politik. Das war u.a. der Sinn aller Verhandlungen über die Wiedervereinigung Deutschlands. Die UdSSR gab seine Zustimmung erst, als das „Neue Deutschland“ sich verpflichtete, keine NATO-Waffen im Osten zu lagern. Es sprach sich auch gegen die Möglichkeit aus, dass eine NATO-Mitgliedschaft auf dem Territorium eines Nachbarstaates die Einrichtung von NATO-Waffenbeständen mit sich brächte. Moskau zeigte sich erst 1999 zufrieden, als 30 OSZE-Mitgliedstaaten die Istanbuler Erklärung unterzeichneten, die als „Charta für Sicherheit in Europa“ bekannt ist und zwei Hauptprinzipien festlegt: das Recht jedes Staates, die Verbündeten seiner Wahl zu wählen, und die Pflicht jedes Staates, die Sicherheit anderer nicht zu gefährden, wenn er seine eigene Sicherheit gewährleistet.

Es war die Verletzung dieser Prinzipien, und sie allein, die zum Ukraine-Konflikt führte. Das war die Bedeutung der Rede von Präsident Wladimir Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahr 2007: Er verurteilte damals die Nichteinhaltung der OSZE-Verpflichtungen durch den Westen und im Zusammenhang damit die Errichtung einer „monopolaren“ Weltordnung.

Der Westen stimmte damals zu, spottete aber über Russlands eingebildete Ohnmacht. ( Zitat Helmut Schmidt: Obervolta mit Atomraketen ) Der Westen hat sich gründlich geirrt. Putin erkannte die Scheinheiligkeit des Westens und er ließ das russische Militär reformieren. Das brachte es auch mit sich, dass Russland den Westen waffentechnisch überholte.

Aktuell besitzen Russland und China Waffen ( Hyperschallraketen ) und militärische Produktionskapazitäten die denen des Westens weit überlegen sind. Russland hat den Krieg in Syrien gewonnen und steht kurz davor, in der Ukraine zu gewinnen. Das brachte für Russland erweiterte und sogar neue Entwicklungen für seine internationalen Beziehungen.

Am 21. März 2023 einigten sich die Präsidenten Russlands und Chinas, Wladimir Putin und Xi Jinping, in Moskau auf eine gemeinsame Strategie, um das Völkerrecht wieder Allgemeingut werden zum lassen. Man begann damit, dass Russland, das während des Monats April 2023 den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat innehatte, dort eine offene Debatte zum Thema „Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit: wirksamer Multilateralismus auf der Grundlage der Verteidigung der in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Prinzipien“ zu führen.

Die Sitzung unter dem Vorsitz des russischen Außenministers Sergej Lawrow zielte darauf ab, so viele Staaten wie möglich dafür zu mobilisieren. In dem von Russland vor der Debatte in Umlauf gebrachten Rahmen-Vermerk (S/2023/244) erläuterte Moskau, wie die westliche unipolare Ordnung, die selbstdefinierte „regelbasierte“ Neue Weltordnung, das Völkerrecht ersetzte. Er warnte auch vor der Rolle der nichtstaatlichen Akteure, der berühmt-berüchtigten „NGOs“, in diesem System (z.B. der privat finazierten WHO). In diesem Rahmenpapier wurde außerdem betont, dass die selektive Hervorhebung der Menschenrechte als Kriterium für eine verantwortungsvolle Staatsführung nicht zweckdienlich ist, sondern zu einer politischen Waffe wird. Dazu werden Internationale Tribunale verwendet, um das Gute zu predigen und nicht um Gesetz zu sprechen. Streitigkeiten werden dadurch nicht beigelegt, statt dessen entstehen Hierarchien, die spalten und nicht vereinen. Die Note schloss mit einer Reihe von Fragen, z.B. : „Was ist der beste Weg, um zu zeigen, dass die gegenwärtige Situation, die durch eine selektive Herangehensweise an die Normen und Grundsätze des Völkerrechts, einschließlich der Charta, gekennzeichnet ist, inakzeptabel ist und nicht länger andauern kann? ».

Die sehr große Zahl der Teilnehmer an der Debatte teilte sich dann auf.

Eingangs plädierte Lawrow für die Gleichheit aller souveränen Staaten und prangerte die exorbitante Macht des Westens und seiner unipolaren Organisation an. Er erinnerte daran, dass die militärische Sonderoperation in der Ukraine die Folge eines Staatsstreichs im Jahr 2014 in Kiew war und dass daher das Problem nicht die Ukraine war, sondern die Art und Weise, wie internationale Beziehungen geführt werden.

Die Gruppe zur Verteidigung der Charta der Vereinten Nationen und die Gruppe der 77 haben den russischen Ansatz unterstützt.

Eine zweite Gruppe, die sich aus westlichen Politikern zusammensetzte, lenkte die Debatte ständig auf die ukrainische Frage ab, weigerte sich, den Maidan-Putsch zu berücksichtigen, betonte die Gewalt der russischen „Invasion“ und erinnerte an ihren menschlichen Preis.

Eine dritte Gruppe, z.B. Pakistan verurteilte den Begriff des „vernetzten Multilateralismus“ im Gegensatz zu einer internationalen Ordnung souveräner und gleichberechtigter Staaten. Es lehnte auch jede Aussicht auf eine „unipolare, bipolare oder gar multipolare“ Welt ab, wenn sie von einigen wenigen ultramächtigen Staaten beherrscht werden soll. Äthiopien und Ägypten prangerten die Rolle an, die die Großmächte nichtstaatlichen Akteuren, z.B. den „NGO´s wie der WHO“ übertragen haben. Insgesamt lag nach der Debatte ein wahres Bündel an Forderungen der Nicht-Westmächte, d.h. der Regierungen, die 87% der Weltbevölkerung repräsentieren, auf dem Tisch. Das wird nicht ohne Folgen bleiben.

Was wir, bzw „die Politiker des Westens“, letztlich von Russland und China zu befürchten haben, ist, dass sie unsere Polit-Kabale zwingen werden, Wort zu halten und Verträge einzuhalten.

Als PDF: BrunathWeltordnung

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