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[R.Brunath] Essay: Wird willkürliche Enteignung nun neuer West-Rechts-Standard?

Bloged in Allgemein,Geld,Krise by friedi Dienstag Februar 7, 2023

Enteignung von Privateigentum – ein Sakrileg, das jetzt zur Gewohnheit im Kapitalismus wird.

Essay von Rainer Brunath, 7.2.2022


Die heiligen Kühe werden geschlachtet. Ein US-Beamter cancelt acht Jahrhunderte Recht. Der Generalbundesanwalt der USA, Merrick Garland, hat am Freitag entschieden, beschlagnahmte Gelder eines russischen Milliardärs der Ukraine zu übergeben. Heiligkeit des Eigentums, Gewaltenteilung weichen der Eigenherrlichkeit eines Beamten.

„Heute gebe ich bekannt, dass ich den allerersten Transfer von beschlagnahmten russischen Vermögenswerten zur Verwendung in der Ukraine genehmigt habe“,

Das waren die Worte von US-Generalbundesanwalt Merrick B. Garland am 3. Februar 2023 und er machte dieses Datum damit zu einem Tag, der für alle sichtbar den Beginn des Absturzes des Kapitalismus markiert. Es ist das erste Mal in der Geschichte der gesamten bürgerlichen Verfasstheit, nicht nur der USA, sondern der gesamten „zivilisierten Welt“ seit 1789, dass eine Privatperson auf diese Weise – ohne Gerichtsurteil, nur per Federstrich eines Beamten – enteignet wird.

Es trifft als ersten in der Geschichte den russischen Milliardär Konstantin Malofejew. Sein im Rahmen von sowieso schon illegalen persönlichen Sanktionen beschlagnahmtes Geld werde ans US-Außenministerium „zur Unterstützung des ukrainischen Volkes“ gehen, sagte Garland CNN-Reportern. Die Überweisung umfasse 5,4 Millionen Dollar , die für den „Wiederaufbau der Ukraine“ verwendet werden sollten.

Die Formel „Das Privateigentum ist heilig und unantastbar“ war bisher das Alpha und das Omega des Kapitalismus, die wichtigste Grundlage der kapitalistischen Gesellschaft und des kapitalistischen Staates überhaupt. Ja, es war sogar die bisher wirksamste Propagandaformel gegen den Sozialismus, dem zügellose Enteignungswillen unterstellt wurde. Diese Formel ist nun wirkungslos.

In der kapitalistisch-bürgerlichen Verfasstheit gab es nur in bestimmten Fällen die Möglichkeit Vermögen zu beschlagnahmen und zu verstaatlichen, allerdings nur im Rahmen eines formalisierten, kontradiktorischen Gerichtsverfahrens, mit Recht auf Berufung. Selbst im Fall einer angeordneten politischen Repression mussten die rechtsstaatlichen Formalien bislang eingehalten werden, auch wenn das Ergebnis in so manchem Fall von vornherein feststand. Man erinnere sich an den Eiertanz, den der Berliner Senat hinlegte, als er mit dem Volksbegehren zur Rückabwicklung des Verkaufs von Sozialwohnungen an einen Großkonzern konfrontiert wurde.

Selbst die NAZIS in Deutschland, die in den Jahren von 1933 bis 1945 jüdische Unternehmer im großen Stil zugunsten „arischer Volksgenossen“ enteigneten, setzten auf formale und gestrickte Rechtsgrundlagen, oder man inszenierte die Enteignung als „freiwilligen“ Verzicht der Betroffenen.

Das wird nun in den USA nicht mehr für erforderlich gehalten. Die Masken sind gefallen. Gemäß des Herrn Garland erfolgt die Beschlagnahme von Vermögenswerten, die nach „heiligem“ bürgerlichen Recht rechtmäßig Malofejew gehören, ohne jegliches Verfahren, in Form einer eigenherrlichen Entscheidung eines einzelnen, wenn auch hohen, Beamten. Damit ist die Lawine losgetreten, das „Alpha“ und „Omega“ des Kapitalismus – die Unantastbarkeit des Privateigentums – ist obsolet. Zugleich wurde ein weiteres Postulat – die Gewaltenteilung und mit ihr die „unabhängigen richterlichen Gewalt“ – annulliert. Aber das ist uns in Deutschland schon seit 1949 bekannt. Mit Gründung der BRD sind Staatsanwälte weisungsgebunden, d.h. die Politik kann deren Arbeit unterbinden – im Gegensatz zur bisherigen Praxis in anderen westlichen Ländern, z.B. Italien, wo der Staatsanwalt unabhängig und handlungsfähig ist. Das dürfte Herrn Bundeskanzler Scholz vor Konsequenzen in der Cum-ex-Affäire bewahren.

Zurück zum Thema: Mit der Handlung des Herrn Garland manifestiert sich das Ende eines Dogmas – es ist das Einknicken der jahrhundertealten gesellschaftlichen Formation, des Kapitalismus, vor den Schlägen der Geschichte. Damit öffnet sich eine gangbare und gesellschaftlich akzeptierte Straße für den Aufstieg zum Sozialismus – wenn sie dann gegangen wird. Alternativ führt diese Straße in die totale Rechtlosigkeit der Wildnis. Jegliche Vermögenswerte – Einlagen, Beteiligungen, Unternehmen, Mobilien und Immobilien – könnten nun ohne jegliches Verfahren jederzeit jedem weggenommen und enteignet werden. Alle Vermögenden auf diesem Planeten – in erster Linie natürlich die Russen, aber auch alle anderen – sollten es spätestens jetzt begreifen: Nicht nur die in den USA eingebrachten Vermögensanteile sind faktisch hochgradig gefährdet, ja auch die in Europa.

Niemand – auch in Europa – sollte sich von der Tatsache täuschen lassen, dass dieses Mal „nur“ fünf „Milliönchen“ in grünen Scheinen weggenommen wurden, was auch nach den Maßstäben eines kleinen Oligarchen, „Peanuts“ sind. Nicht die Anzahl der Nullen ist entscheidend, sondern das Prinzip. Es handelt sich um einen Präzedenzfall, für einen Bruch von bislang unverrückbaren Postulaten. Es ist DER Präzedenzfall geschaffen worden. Ist der erste Schritt erst einmal getan, folgt der zweite. Das Huhn, das ein Körnchen gepickt hat wird nach und nach auch die anderen fressen.

Essay als PDF: Enteignung von Privateigentum

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