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Welche Werte verteidigt die Ukraine

Bloged in Allgemein,Krise by friedi Samstag Juli 30, 2022

„Die Ukrainer sind bereit, für die europäische Perspektive zu sterben. Wir wollen, dass sie mit uns den europäischen Traum leben“, erklärte die EU-Kommissionspräsidentin Frau von der Leyen (Lost in Europe, 29.7.22).

Wohl gemerkt: Frau von der Leyen spricht davon, dass die Ukrainer den europäischen Traum leben wollen. Dies ist auch verständlich, wenn man die Zustände in der Ukraine Revue passieren lässt.

Werner Rügmer hat im Blog Nachdenkseiten ein scharfes Bild dieser Zustände gezeichnet:

Die Ukraine ist korrupt – wissen wir, macht nichts, ist ja für die gute Sache. Aber die ärmste und kränkeste Bevölkerung, Land als Drehscheibe der europaweiten Niedrigstlöhnerei und des Zigarettenschmuggels, Weltspitze beim Handel mit dem weiblichen Körper – und mehr Soldaten als jeder europäische NATO-Staat. (Nachdenkseiten, 21.7.22)

Bei der ersten Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in der Ukraine, im Jahre 2015, betrug er 0,34 Euro, also 34 Cent pro Stunde. Danach wurde er erhöht: 2017 betrug er 68 Cent, 2019 betrug er 10 Cent mehr, also immerhin 78 Cent, und seit 2021 liegt er bei 1,21 Euro. Schon mal gehört? (Nachdenkseiten, 21.7.22)

Dass die Menschen da nach den in der EU geltenden Sozialstandards streben, ist verständlich. Aber die EU selbst nutzt dies katastrophalen Bedingungen zum Vorteil ihrer Kaptialeigner:

Hier sitzt sie, die Korruption: C&A, Hugo Boss, Adidas, Marks&Spencer, New Balance, Esprit, Zara, Mexx sind die profitierenden Endabnehmer. Sie leben von der menschenrechtswidrigen Ausbeutung. Hier in den reichen EU-Staaten sitzen die wichtigsten Akteure der Korruption.(Nachdenkseiten, 21.7.22)

So gehen 41 Prozent der Schuhe als Hungerlohn-Halbfertigware aus der Ukraine erstmal in die Niedriglohnfabriken Rumäniens, Ungarns und Italiens: Dort kriegen sie dann das unschuldige und schöne Etikett „Made in EU“. (Nachdenkseiten, 21.7.22)

Die teuren, in der Ukraine vorproduzierten Importe von Boss und Esprit aus dem reichen EU-Westen sind für die reiche Elite und die NGO-Blase in Kiew bestimmt – während die Mehrzahl der Importe billigste Second-hand-Textilien sind.(Nachdenkseiten, 21.7.22)

Dass die Menschen in der Ukraine gerne ihr Joch verbessern wollen, ist verständlich – was von der Leyen aber meint, wenn sie von der Verteidigung der westlichen Werte spricht, ist fraglich. Meint sie etwa die westlichen Werte der Korruption und Ausbeutung? Immerhin sind westliche Firmen und Staaten massiv daran beteiligt, die Korruption und das Lohndumping in der Ukraine aufrecht zu halten.

Der Großteil der Bevölkerung in der Ukraine kämpfen aktuell um ihre staatliche Souveränittät. Der Überfall auf Kiev und die Art der russischen Kriegsführung hat vermutlich bei sehr vielen Ukrainer den Willen zur Nationsbildung trotz großer Korruption der Eliten gestärkt. Die Menschen in der Ukraine kämpfen also um staatliche Selbstbestimmung.

Zur Zeit schaut es so aus, dass die Ukraine in zumindest drei Teilstaaten zerfällt und dass auch ein weiteres Töten dies nicht verhindern wird. Diese drei Teilstaaten könnten dann ihre Souveränität im Rahmen der hegemonialen Machtstrukturen erreichen. Militätische Neutralität wäre dafür der Rahmen. Wenn die EU, also die europäische Perspektive, die katastrophalen sozialen Zustände in der Ukraine über den Beitritts-Kandidatenstatus verbessern würde, so hätte der EU-Kandidatenstatus tatsächlich einen Sinn. Dass auch die aktuell von Russland besetzten Gebiete unter russischem Einfluss eine Verbesserung der sozialen Zustände erwarten dürfen, davon gehe ich aus.

Also: Die Ukrainer kämpfen aktuell gegen einen Okkupanten (Russland). Begonnen hat das Problem aber wegen Korruption und katastrophaler Lebensumstände (Maidan-Revolution, die vom Westen geschickt genutzt wurde). Die Instrumentalisierung des Krieges hin zu einem Wertekampf für europäische Werte ist Propaganda pur, die dazu dient, den Krieg durch westliche Mittel am Laufen zu halten – möglichst solange, bis die Ukraine entweder zerstört ist oder sie sich dem Westen militärisch anschließt. Da die Russische Föderation eine weitere NATO-Ausweitung in ehemalige sowjetische Teilstaaten kaum zulassen wird, ist praktisch ein neues Afghanistan mit einem endlosen Krieg bis zur Erschöpfung der Ukraine das wahrscheinlichere Szenario. Nach diesem Szenario kann man sagen, die Ukrainer kämpfen den aussichtslosen Kampf um ihre Existenz.

Geholfen wäre den Ukrainern, wenn die Zerstörung und das Töten beendet würde und Korruption und Sozialdumping bekämpft werden würde. Dieser Kampf gegen Korruption und Sozialdumping kann ohne Waffen sowohl von Russland als auch von der EU erfolgen – allerdings nur unter Eingriffe in die Regierungssouveränität der Ukraine (etwa im Rahmen von Friedensvertragsbedingungen, Handelsabkommen oder durch UN-Missionen). Von den ukrainischen Eliten ist nicht zu erwarten, dass sie die Situation groß verändern werden. Also bleibt nur der Ansatz, in die Souveränität der Ukriane einzugreifen – aber bitte nicht militärisch!

Graz, 30.7.22, W.Friedhuber

PS.: Verkompliziert wird die Lage dadurch, dass der Krieg eigentlich Großmachtinteressen folgt. Die Lage der Menschen in der Ukraine dürfte sowohl der USA als auch der Russischen Föderation und auch der EU-Kommission ziemlich egal sein. Damit relativiert sich obige Analyse darauf, dass die Ukrainer zwar um ihr Land kämpfen, die Strippenzieher aber andere Ziele haben. Das macht den Konflikt auf diplomatischer Ebene zur Zeit leider fast unlösbar – unabhängig davon, wofür die Ukrainer kämpfen.

Ergänzung 30.7.22, 18:00: https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20222/die-rolle-des-grosskapitals-im-ukrainekrieg/

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