Marokko Casablanca
Erste Großdemo mit sozialen Forderungen gegen eine islamistische Regierung
50 000 domonstrierten am So. 27. Mai 2012 in Casablanca gegen die islamistische Regierung unter Ministerpräsident Abdelilah Benkrane von der gemäßisten islamistischen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung ( PJD), die bei den Wahlen am 25. November 2011 die Mehrheit der Abgeordneten erreicht hatte. König Mohammed der VI. hatte im Lichte des arabischen Frühlings eine Verfassungsreform vorgeschlagen, die ein Parlament und einen Ministerpräsidenten für die Geschäfte des Landes anerkennt. Die Macht bleibt trotzdem eng in seinen Händen; er konnte jedoch eine Bewegung wie in Tunesien und Ägypten bisher damit verhindern.
Hauptschwerpunkt der seit Jahrzehnten größten Proteste war die Forderung nach einer Verbesserung der schlechter gewordenen sozialen Lage der Bevölkerung und die Proteste richteten sich auch gegen einen Gesetzesentwurf, der das Streikrecht einschränken soll.
Schon im Vorfeld der Demo hatten die Gewerkschaften die Regierung zu Verhandlungen über Lohnerhögungen und eine Verbesserung der sozialen Lage der Lohnabhängigen aufgerufen, die diese bisher ignorierte.
Heute sind 30% aller Jugendlichen zwichen 15 und 29 Jahren arbeitslos, wie ein Bericht der Weltbank, der am 14. Mai in Rabat veröffentlicht worden war, anführt. Jeder Dritte möchte das Land verlassen, da er dort keine Zukunft mehr sieht. Das Land zählt 32 Millionen Einwohner, von denen 11 Millionen zwischen 15 und 35 Jahre alt sind.
Die offiziellen Zahlen belaufen sich auf einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 0,8% auf 9,9% im ersten Trimester 2012 im Vergleich zu 2011.( 93 000 Arbeitslose mehr; insgesamt 1 130 000). Der Ministerpräsident hatte erst vor Kurzem die Arbeitslosen aufgerufen „ zu Gott zu beten, um eine Arbeit zu finden“.( www.yabiladi.com)
Die soziale Krise wird verschärft durch einen Rückgang von 30% der Einnahmen aus dem Tourismus (die erste Deviseneinnahme Marokkos) und durch Auswirkungen einer langen Dürreperiode auf den landwirtschaftlichen Sektor. (europe1.fr 27.mai 2012)
Aufgerufen zu den Protesten hatten vor allem die zwei der sozialistischen Union der Volkskräfte (USFP) nahe stehenden demokratischen Arbeiterverbände ( CDT und FDT).
Die Jugendlichen der Bewegung des 20. Februar ( Widerstandsbewegung des arabischen Frühlings),die vor allem eine radikale Reform der Monarchie fordern, waren auch massiv vertreten.
Auf der sozialistisch orientierten homepage leral.net heisst es im Leitartikel am 27. Mai
„ Die Islamisten der PJD und die anderen müssen wissen, dass der Islam keinen Platz in der Politik und im privaten Leben der Individuen hat. Die Religion ist einzig und allein Gegenstand der betreffenden Person und das ohne äußere Einwirkgungen.
Im Islam gibt es kein Zwischenglied zwischen dem menschlichen Wesen und seinem Schöpfer.
Diesen Angelpunkt der muslimischen Religion haben die Islamisten vollkommen verschleiert zugunsten von persönlichen materiellen Begünstigungen und der totalen Kontrolle über das Individuum und die Zentralmacht.
In Marokko ist das nie gelungen und wird auch nie gelingen, denn das morokkanische Volk ist allergisch gegen jegliche Ideologie, sei sie politischen oder religiösen – importierten – Ursprungs.
…. Marokko hat zumindest den Mut gehabt den Islamisten eine Regierungschance zu bieten.
Sie haben jedoch sehr schnell und kläglich bewiesen, dass sie nicht in der Lage sind die Angelegenheit eines Staates zu bewältigen.“
Johann Schögler 31. Mai 2012
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