Massive Kritik der Volksanwaltschaft an Beschäftigungsprojekten
Bericht Volksanwaltschaft: Massive Kritik an sozialökonomischen Betrieben und Beschäftigungsprojekten
Massive Kritik an sozialökonomischen Betrieben (SÖBs) und gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten (GBP) übte Volksanwalt Peter Kostelka im Bericht für das Jahr 2011 der Volksanwaltschaft an das Parlament. Besonders die „vergleichsweise geringe Bezahlung“ mit einem Mindestlohn von rund 1.100 Euro brutto und die Dequalifizierung sind dem Volksanwalt ein Dorn im Auge. Mit 294 Beschwerden wurde 2011 wieder ein „Allzeit-Hoch“ erreicht. 2010 waren es 276 und im Jahr 2000 erst 157 Fälle.
Die sozialökonomischen Betriebe umgehen mit den umstrittenen und vermutlich sittenwidrigen Transitarbeitskräfteregelungen in BABE- und BAGS-Kollektivvertrag die regulären Kollektivverträge und zahlen nur einen Pauschallohn, ohne eine Einstufung nach Vordienstzeiten oder Qualifikation, zu gewähren. Gehaltsvorrückungen gibt es selbst bei oftmaligen Zuweisungen nicht! Laut Bericht der Volksanwaltschaft werde vielfach den betroffenen Arbeitslosen „aber keine Beschäftigungsverhältnisse auf Vollzeitbasis geboten, sodass de facto nur Monatseinkommen um die 700 bis 800 Euro brutto bezahlt werden. Im Endeffekt geht damit die Mindestsicherungsfunktion des erwähnten Kollektivvertrags weitgehend ins Leere.“
Weiter stellt der Bericht fest: „Gleichzeitig empfinden viele betroffene Arbeitslose eine Beschäftigung im Rahmen eines Sozialökonomischen Betriebes bzw. Gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes als nachhaltige Dequalifizierung und letztendlich als eine Verfestigung des schwer zu akzeptierenden sozialen Abstieges.“ Besonders Menschen mit abgeschlossener Fachausbildung oder sogar mit abgeschlossenem Studium und qualifizierter Berufserfahrung hätten sich über diese der Zwangsarbeit ähnlichen dequalifzierenden und daher demütigenden Zwangsprogramme bei SÖBs und GBPs beschwert.
Die Volksanwaltschaft fordert immerhin, die SÖBs und GBPs „sollten im Hinblick auf eine Humanisierung des Gesetzesvollzugs genauer evaluiert werden “.
Die Volksanwaltschaft kritisiert auch, dass die Notstandshilfe kein wirksames Instrument zur Armutsbekämpfung sei und viele die Mindestsicherung nicht beantragen, weil sie die Belastung ihrer Eigentumswohnung oder die zwangsweise Aufgabe ihres Autos befürchten.
Ansonsten: Wenig Verständnis für die Menschenrechte Arbeit suchender Menschen
Unverständlich bleibt uns aber das Verständnis, das die Volksanwaltschaft „der schwer zu bewältigenden Herausforderung, diesen Personen die Ergreifung weniger qualifizierter Arbeitsplätze oder Hilfsarbeitertätigkeiten nahezulegen“ vor der das AMS stehe. Die Opfer der repressiven AMS-Politik geradezu verhöhnend meint Volksanwalt Peter Kostelka im Bericht: „Vielfach geht es hier um die schmerzhafte Vermittlung einer „realistischeren“ Sichtweise der noch verbliebenen beruflichen Perspektiven und deutlich geminderter Einkommenschancen“.“
Damit stimmt die Volksanwaltschaft in die von der Politik vorgenommene Täter-Opfer-Umkehr ein und tut so als ob es an den Arbeitslosen selbst liege und nicht an den fehlenden 500.000 Arbeitsplätzen. Die Volksanwaltschaft findet auch keine Worte zur Generalvorverurteilung von Langzeitarbeitslosen durch den Verwaltungsgerichtshof als notorisch mit Kommunikations- und Einordnungsdefiziten behaftet. Kein Wort, dass Österreich sich zur Umsetzung des Rechts auf fair bezahlte und frei gewählte Arbeit durch das im Gesetzesrang stehende (BGBl 355/1972) ILO Übereinkommen 122 (Übereinkommen zur Arbeitsmarktpolitik) verpflichtet hat.
Erstaunlich auch, dass die Volksanwaltschaft 2011 „nur 5% der Beschwerden als sachlich berechtigt“ beurteilt. Hier zeigt sich, dass die parteipolitische Besetzung der Volksanwaltschaft problematisch ist. Unter schwarz-blau widmete der von der SPÖ nominierte Volksanwalt Peter Kostelka noch deutlich mehr und vor allem kritischere Worte der Praxis der österreichischen Arbeitsmarktpolitik. Peter Kostelka agiert da offenbar im Sinne seiner Partei, die für die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in der Arbeitsmarktpolitik der Regierung mit verantwortlich ist.
Bezeichnend ist auch, dass Peter Kostelka von sich aus kein Wort zu den doch massiven Problemen beim AMS abgab und auch auf kritisches Nachfragen nur sehr ausweichend reagierte. In Anbetracht dessen, dass die Volksanwaltschaft die nationale Agentur für Menschenrechte werden soll, ein völlig inakzeptables verhalten!
AKTIVE ARBEITSLOSE fordern daher:
- Schluss mit der Umgehung der regulären Kollektivverträge durch den vermutlich sittenwidrigen niedrigen Pauschallohn nach BABE- und BAGS-Transitarbeitskräfteregelung
- Schluss mit der menschenrechtswidrigen permanenten Androhung des Existenzentzuges durch das AMS
- Für eine parteiunabhängige und wirklich wirksame Volksanwaltschaft, die auch wirklich im Sinne der Menschenrechte agiert.
Bericht der Volksanwaltschaft zum Download unter
http://volksanwaltschaft.gv.at/berichte/berichte-bund
Rückfragehinweis:
Mag. Ing. Martin Mair
Obmann „AKTIVE ARBEITSLOSE“
Tel. +43 676 3548310
kontakt@aktive-arbeitslose.at
http://www.aktive-arbeitslose.at
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