Ruth von Mayenburg HOTEL LUX ( Rezension)
Ruth von Mayenburgs fesselndes -neu aufgelegtes- Buch über die wechselvolle Geschichte des Hotel Lux in Moskau bietet einen guten Einblick in die tragische Entwicklung der kommunistischen Weltbewegung. Wer nach seiner Lektüre Stalin bzw. dem Stalinismus insgesamt noch etwas „Positives“ abgewinnen will, dem/ der ist wirklich nicht mehr zu helfen.
In den letzten vier Jahren war ich zweimal in Moskau, um über den aktuellen Rechtsextremismus und Rechtspopuliusmus( auch in der Rock n Roll-Szene!) zu referieren. Jedes Mal führte mich mein Weg auch zum legendären Hotel Lux, diesem für die kommunistische Weltbewgung so zentralen Gebäude. War es vor vier Jahren noch in einem desolaten Zustand, wird es derzeit renoviert. Ob an dem restaurierten Gebäude zumindest eine Gedenktafel angebracht werden wird, ist fraglich.
Das Lux hat eine mehr als bewegte Geschichte. Ursprüglich ein Hotel im Zentrum, dient es nach der Oktoberrevolution der Unterbringung der Delegierten zu den Weltkongressen der Kommunistischen Internationale (KI). Und wiederum später wird es zum Flucht- und Wohnort von zahlreichen kommunistischen EmmigrantInnen (insbesonders vor dem Faschismus) .
Anhand der Geschichte des Hotels schildert Ruth von Mayenburg die Phasen der Entwicklung der kommunistischen Bewegung. Die Autorin – selbst Insassin im Lux von 1938-1945 – kombiniert persönliche Erlebisse und historische facts.
Klar wird die -relative- Offenheit der KI bevor sie der Stalinisierung zum Opfer fiel. Es gab anfangs offene, hitzige, polemische Debatten – harte Streitkultur. Aber keinerlei Repression – niemand wäre im Traum eingefallen, einen politischen Widersacher umzubringen. Genau dies trat jedoch ein als Stalin und seine Clique die Herrschaft an sich riß.
Wer die Geschichte der KI nicht kennt, erfährt durch das Buch Mayenburgs etliches über den „Kriegskommunismus“ in der jungen Sowjetunion oder den unerläßlichen Umstieg auf die „Neue Ökonomische Politik“ (NEP).
Sehr erhellend sind ihre Ausführungen über die über die chinesische Revolution( in den 20er- und 30er- Jahren). Die stalinistischen Bürokratie und die sowjetische Berater forderten von den chinesischen KommunistInnen ein Bündnis mit Tschiang Kai-schek und seiner bürgerlichen Kuomintang- eine Politik, die in mehreren Katastrophen endete (und schließlich dazu führte, daß die KP Chinas- unter Mao Tse Tung – einen von Moskau relativ eigenständigen Kurs einschlug).
Mayenburg spricht von der „Aufbruchsstimmung“, die auf dem 7.Weltkongreß der KI 1935 zu verzeichnen war- nach den jahren des ultralinken Kurses und der Charakterisierung der Sozialdemokrate als Sozialfaschismus“ – eine selbstmörderische „Strategie“, die – mangels einer Einheintsfront der ArbeiterInnenparteien- zur kampflosen(!) Niederlage des deutschen Proletariats 1933 führte .
Geradezu den Atem veschlägt es einem bei ihrer Schilderung der „großen Tschistka“ („Säuberung“) mit ihren Schauprozessen, in der nahezu alle engsten KampfgefährtInnenen Lenins dahingeschlachtet wurden- unter den fadenscheinigsten Beschuldigungen und miterzwungenen „Geständnissen“: u.a. Sinowjew, Kamenjew, Bucharin bzw. – im mexikanischen Exil – Trotzki. Und der lange Arm Stalins und seiner Schergen griff auch immer mehr nach den BewohnerInnen des Lux…-
Einige -ernsthafte- Schwächen des Buches sollen nicht unwerwähnt bleiben. So richtig Ruth von Mayenburg das verheerenden Bündnis mit der „nationalen Bourgeosie“ in China kritisiert, so sehr bleibt eine fundierte Kritik an der „Volksfrontpolitik“ der KPs aus – obwohl diese nicht weniger die ArbeiterInnenbewegung zum bloßen Anhängel der „demokratischen, antifaschistichen Bourgeoisie“ machte. Es fehlt in dem Buch auch eine umfassende Erklärung, warum sie stalinistische Bürokratie gesiegt hat.
Trotz diser Einschränkungen ist das Buch ein echter Hammer. Geschrieben von einer Frau, die all die Greuel selbst miterlebt hat.
Das Buch ruft mit aller aller Deutlichkeit in Erinnerung: nichts, aber auch gar nichts „Positives“ ist dem Stalinismus abzugewinnen. Er war und ist eine Totalkatastophe, die bis heute hemmend für die Linke nachwirkt. Nichteinmal das Niederringen des Hitlerfaschismus kann – wie oft von Apololgeten ins Treffen geführt wird – auf der „Habenseite“ des Stalinismus verbucht werden. Stalin und seine Clique ignorierten alle Warnungen vor einem Überfall Nazideutschlands (auch seiner eigenen Aufklärung!) – es war ja die Zeit des Stalin-Hitlerpaktes…
Die deutsche Armee rückte extrem weit vor -bis vor die Tore Moskaus und Leningrads). Nicht wegen des militärischen „Genies“ Stalin siegte die Rote Armee, sondern trotz Stalin: u.a. weil die „Übergangsgesellschaft zum Sozialismus“ viel mehr als das Dritte Reich mobilisieren konnte – materiell und nicht zuletzt moralisch – ideologisch.
Sagen wir es ohne Umschweife : wer beim heutigen Forschungs- und Wissensstand noch immer stalinistische Mythen spinnt – lügt und verbreitet politischen Unsinn.
Wien, 18.2.2012, Hermannn Dworczak (0676 / 972 31 10 )
Ruth von Mayenburg Hotel Lux. Die Menschenfalle.
Eine Reise-ein Film von Heinrich Breloer.
2011, Elisabeth Sandmann Verlag, München.
383 Seiten. 25,50 Euro.
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