Graz, ein Beispiel wie Radikalisierung gemacht wird.
Wie die Bevölkerung radikalisiert wird, kann, gerade in Graz erforscht werden.
Da gibt es eine Schicht von Spekulanten, Baugewerbetreibender und Gastronomen, die über Bauprojekte und Verkehrskonzepte den Wohlstand für sich weiter steigern wollen. Dann gibt es eine Schicht von Bürgern, die eigentlich nur in der Stadt leben wollen.
Und dann gibt es eine Verwaltungsschicht, die sich fast durchgängig aus den Reihen der Gewerbetreibenden bildet. Diese Schicht hat auch alle Finanzmittel und damit alle Medien in der Hand.
… und wo ist nun die versprochene Radikalisierung?
Nun: Die Schicht der Spekulanten und Gewerbetreibenden haben ihre Welt, die da lautet: „Mehr Profit für mich“ vor Augen. Durch diese Sinnestäuschung sehen sie nur eines: Bauen, Betonieren, Mieten hochtreiben, Touristenbusse bis mitten in die Stadt, Nutzung aller Verkehrsflächen als Schanigärten und nochmals Bauen und Betonieren – ja und: Abreißen was schön ist (wir wollen ja keine Vergleichsobjekte in der City of Design).
Also sitzen sie zusammen und denken sich eine Schnapsidee nach der Nächsten aus: Seilbahnen in der Stadt, Aufstauen der Mur, Riesenwohnblöcke im Grüngürtel, vermieten jedes Quadratmeters Verkehrsfläche und Kommerzialisierung und und Verbauung jeder Grünfläche.
… nocheinmal die Frage: Wo ist da die Radikalisierung? Niemand wird doch so blöd sein, in Zeiten der Klimaerwärmung den Schnapsbrüdern diese Biertisch-Ideen umsetzen zu lassen. Falls das die Stadtregierung wirklich betreiben wollte, da würde doch die aufgeklärte Bevölkerung die rote Karte zücken!
Genau da beginnt die Radikalisierung.
Ersten werden die Projekte mit Tricks beschlossen. Die Betonmonster werden in Kleinmonsterchen aufgeteilt, die dann durch einfache Beschlüsse zum Leben erweckt werden. Zudem haben die Schnapsbrüder auch alle Medien in der Hand haben. So können sie über Gratiszeitung, „Qualitätsmedien“ und „Info-Center“ massive Meinungsbeeinflussung betreiben – und es gelingt! Die Projekte werden eines nach dem anderen umgesetzt. Ein guter Teil der Bevölkerung stimmt dabei den politisch Verantwortlichen auch noch zu! Beeinflusst von Medien, Experten und – auch das muss man sagen – einfach Dummheit gelingt es, die Stadt immer mehr zu zerstören (die Annenstraße ist hier nur ein kleines Beispiel: Viel Geld war da beim Umbau zu verdienen – die Straße ist nun toter als zuvor, die Straßenbahnhaltestellen ein Witz).
Und die Radikalisierung? Die sehe ich jetzt aber noch immer nicht! Wenn die Mehrheit der Stadtbevölkerung blind ist, hat das doch nichts mit Radikalisierung zu tun!
Nun: Die Radikalisierung liegt in der Vorgehensweise. Die Blinden werden gegen die Sehenden radikalisiert. Die Sehenden werden ignoriert. Bauprojekte einfach durchgedrückt. Kritiker und Demonstranten werden zum Teil auch Kriminalisiert. Die Folge ist: Die Gräben werden tiefer. Immer mehr Menschen fühlen sich nicht mehr als Teil einer gleichberechtigten Bürgerschaft. Die Regenten und ihre Profiteure zeigen immer stärker das Profil einer Herrschaft, die keiner Kritik mehr zugänglich ist. Es steigt der Hass, auch deswegen, weil die Kosten der Schnapsideen – ob jetzt finanziell oder als Verlust von Lebensraum – zum Großteil von denen getragen werden müssen, über die man d’rüberfährt.
Graz, 21.7.2018, W.Friedhuber
Auszug aus den Taten der wackeren Regenten:
- Kastnerdach (immer noch nicht im Zustand der Baugenehmigung)
- Pfauengartenhotel (steht eigentlich im Bauverbot)
- Kreuztonnengewölbe (von Kastner und Öhler zerstört)
- Kommod-Haus (Abgerissen obwohl schützenswert)
- Straßenbahnkauf (wegen der Breite musste das gesamte Netz umgebaut werden)
- Murstaustufe in Graz (die letzten Meter der frei fließenden Mur, an dessen Ufern mitten in der Stadt inzwischen ein Biotop angewachsen war)
- Annenstraße (außer Spesen nichts gewesen)
- Bahnhofunterführung (keine Einbindung der vorhandenen Passage, keine Einbindung der Bahnsteige, obwohl nur wenige Meter entfernt)
- Zerstörung der Grünflächen in Straßgang, Geidorf und, und ..
… und der Wahnsinn geht weiter:
- Seilbahnprojekt weiter im Köcher
- Bienenstockgarage
- Augartenumbau (startet schon heuer im Herbst)
- usw.
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