Nachdenken über die Staustufe Graz aus geisteswissenschaftlicher Perspektive
Die langwährende, schier nicht endenwollende Diskussion und insbesondere das heftige Engagement des Bürgermeisters Siegfried Nagl von der ÖVP um den Kraftwerksbau macht mich stutzig – wenn ich daran denke, wie kurz und bündig ein solcher bei Frohnleiten am Gelände der ehemaligen Papierfabrik Bauernfeind durchgezogen wurde. Hatte der Herr Bürgermeister es etwa notwendig, künstlich ein Ablenkungsgetöse zu provozieren?
Bürgermeister Nagl ist bekanntlich ein Geschirrhändler der Herrengasse, der sich nicht nur undistanziert, sondern sogar ungeniert zu amerikanischen Geschäftsmethoden verhält, andernfalls hätte er es keinesfalls zur Sponsion zu einem Wirtschaftsmagister der Uni Graz bringen können, was automatisch den Verdacht erweckt, daß er hinter einer evangelikal-amerikanischen Glaubwürdigkeitsfalle für den einfachen Einzelhandelskaufmannsgesellen mit seinem offenherzigen Bekenntnis zur katholischen Soziallehre als Landeshauptmann steht. Mit dieser verhält es sich nämlich so, daß sie – im Unterschied z. B. zur amerikanisch-häretischen Wirtschaftsdoktrin Bill Clintons – mit Sozialdemokratischen Wertevorstellungen in harmonischem Einklang stehen könnte, sie sieht sogar verbindlich die gewerkschaftliche Organisation für Arbeitnehmer zur Wahrung ihrer Grundrechte vor und ist daher die katholische Soziallehre wie auch Landeshauptmann Schützenhöfer persönlich ständig von feindseligen amerikanischen Penetrationen und Übergriffen bedroht. Mir möchte scheinen, daß für die diversen amerikanischen Häresien der Westphälische Religionsfriede von 1648 zu früh gekommen ist und der evangelikal-amerikanischen CIA/NSA Inlandsgeheimdienstkomplex, der sich allem mir erkennbaren Anschein nach rotznäsig in innere steirische persönliche Angelegenheiten eingebracht hat, deshalb die systematische Belehrung über den Sinn der Geschichte des Grundsatzes „cuius regio – eius religio!“ noch notwendig hat und möchte deshalb um des Prinzips des „Aus-der-Geschichte-lernen-Könnens“ die Schwurbibel der amerikanischen Präsidenten wieder in‘s österreichische Ursprungskloster heimkehren. Es ist für mich kein Zweifel offen, daß es bereits zu systematischen Aufarbeitungslauschangriffen gegen unschuldige österreichische Widerstandsopfer gekommen sein könnte – eine ernste Bedrohung auch für den an sich guten europäischen Namen „Siemens“, die in dem Fall unkritisch ihre Nachrichtentechnologie dem häretischen Amerika als Vertraute der Prügelpolizei Berlins zukommen ließen, mit welchen wir richtigen Österreicher in der Tradition als erstes Opfer der Hitleraggression noch keinen definitiven Friedensvertrag gefunden haben, jedoch anscheinend deswegen von diesen Seiten beständig uns Prügel vor die Beine geworfen und Doppelgänger zum Nachteil Österreichs in unserer Tradition als erstes Opfer des Hitlerregimes verdeckt werden. Es ist offensichtlich, daß die Globalisation der Administration Bill Clintons, den mühsam errungenen sozialen österreichischen Konsens der Nachkriegszeit und ihrer Sozialpartnerschaft von Österreich wieder wegnehmen lassen und uns über die „Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit“ und der mit dieser einhergehenden Diffamierung und Herabwürdigung Österreichs als ein nationalsozialistischen TäterInnenlandes an Berlin gleichschalten lassen wollte, was ihm streng verübelt werden möge!
Diese Problematik könnte auch den einfachen Einzelhandelskaufmannsgesellen LH Hermann Schützenhöfer auf erschütternde Weise zutreffen. Er kommt von der steirischen Seite des Wechselgebietes, welches so etwas wie ein generationenaltes Naturschutzgebiet für die Prinzipien der katholischen Soziallehre ist. Während beim Juliputsch 1934 in Graz und schier überall in der Steiermark bereits die Hölle offen und der Teufel los war, hat sich die Gendarmerie im Bezirk Hartberg in der einzigartigen Ausnahmesituation befunden , keinen einzigen (!) diesbezüglichen Vorfallenheitsbericht verfassen zu müssen. Hier hatte die Antihitler-Enzyklika des Heiligen Vaters Papst Pius XI. „Mit brennender Sorge“ aufmerksame und aufnahmebereite Ohren gefunden, während diese im häretischen Amerika des „Demokraten“ Roosevelt offenbar von einem Ohr hinein und beim anderen gleich wieder hinaus gegangen ist, und der pflichtvergessene amerikanische Präsident erst dann gegen Hitler mobilisieren ließ, als Amerika bereits vom totalen Gesichtsverlust bedroht gewesen ist. Zweifelsohne hatte hier im steirischen Wechselland dann auch der Aufruf Bundeskanzlers Kurt Schuschniggs (der zum Unterschied zu dessen Scharfmacher Engelbert Dollfuß ein moderater, gemäßigter Austrofaschist aus Tirol gewesen ist) zum passiven österreichischen Widerstand „Rot-Weiss-Rot bis in den Tod!“ im Jahre 1938 des großen Unheils für Österreich hier Gehör gefunden. Daraufhin brach dementsprechend arg und grausam die Vergewaltigung durch das Hitler-Regimes über das steirische Wechselland herein, wo das Wüten und Toben, das Morden und Rauben der SS und der Hitler-Gestapo als eine sieben Jahre lang währende fürchterliche Landplage grassierte und nach 1945 eine schwer durchschaubare Opfer-Täter-Sachverhaltsmischkulanz hinterließ. Ich halte im vorliegenden Fall auf Grund seiner charakteristisch österreichischen Sprachmelodie und Wortsymbolik die Wahrscheinlichkeit hoch, daß der Landeshauptmann aus dem charakteristisch steirischen Widerstandsmilieu kommt. Dies würde für Bürgermeister Nagl und dessen offensichtlich von amerikanischen Ökonomiegrundsätze gelenkten Murkraftwerkslobby in Graz-Puntigam bedeuten, daß die Zeit reif geworden ist, sämtliche Fakten zur objektiven Diskussionsgrundlage und Entscheidungsfindung auf den Tisch zu legen, denn in dem Fall – auch im Zweifelsfall – hätten dann die allgemein bekannten grundsätzlichen Richtlinien Bruno Kreiskys für den regelrechten Umgang mit österreichischen Widerstandsopfern ihre volle Gültigkeit, nämlich sich mit solchen nicht [blöd] zu spielen und von versteckten Insinuitäten Abstand zu nehmen.
Ich bin Bürgermeister Nagl einmal durch Zufall ein wenig näher begegnet, schon vor Jahren, als ich im Grazer Volksliedchor des österreichischen Alpenvereins bei der Einweihung des neu gestalteten Sakralraumes der Altkatholischen Kirche gesungen habe. Mir ist dessen ziemlich saloppe Umgang mit der Liturgie aufgefallen, wo er Epistel gelesen hat und auch die heilige Kommunion empfangen hat, obwohl die altkatholische Kirche – sehr zum Unterschied zu den ostkirchlichen Orthodoxien – meines Wissens soviel wie keinen Beitrag zum österreichischen Widerstand gegen das Hitlerregime geleistet hat und mit dem römisch-katholischen Mutterglauben noch keinen formalen Wiederunierungsvertrag gefunden hat, der Bürgermeister jedoch ganz generös betont hat, daß ihm zur Förderung von Religionsgemeinschaften ein eigener Fonds zur Verfügung stehe. Hoffentlich war wohl auch der Herr Bürgermeister so demütig, vorher mit dessen heimatzuständigen Pfarrer ein ökumenisches Glaubensgespräch zu führen und mit seinem Wissen und prinzipiellen Einverständnis dort als Gast aufgetreten ist – mein persönlicher Eindruck ist nämlich derjenige, daß sowohl die in Graz Heimat gefundenen, mit der röm.-kath. Kirche seit 1495 reunierten ostkirchlichen Orthodoxien als auch die röm.-kath. Soziallehre durch Bürgermeister Nagl einen Fördernachteil davongetragen haben könnten! Ich jedenfalls habe dazu von Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl keinerlei Belehrungen notwendig. Auch ich stamme aus einer alten steirischen Kaufmannsfamilie, allerdings mit wesentlichen Unterschieden zu Siegfried Nagl. Meinen Eltern war es bewußt, daß sie es den einfachen, kleinen mehr oder weniger stark ausgeprägt religiös gebliebenen Leuten zu verdanken hatten, daß sie und ihre Eltern vom denkbar ärgsten Nazi-Unheil gerade noch verschont geblieben sind und führten das einfache, und demütige Leben einfacher, kleiner steirischer Landkaufleute. Herr Nagl kann nur hoffen, daß er sich in diesem Glaubwürdigkeitsfall ebensowenig für seinen herzensguten Vater und Vorväter zu genieren braucht wie ich und daß er sich wenigstens annähernd so saubere Hände bewahrt hat wie ich als leidgeprüfter Historiker und österreichischer Bilanzbuchhalter, dem wegen meines Bekenntnis zum österreichischen Widerstandszusammenhang gegen Hitler und zur jugoslawischen Volksbefreiungsbewegung regelmäßig ins Gesicht gespuckt wurde und der systematisch um Familienglück und freier Berufslaufbahn betakelt worden ist. Im Vergleich zu den amerikanischen häretischen Ökonomieidealen, denen der Bürgermeister offensichtlich huldigt, bin ich ein armes, anscheinend vom CIA in angemaßter Zuständigkeit ausgegrenztes und so viel wie vogelfrei gemachtes Objekt, weil ich nur aus kleinen österreichischen Widerstandsopferverhältnissen komme und mich meines jugoslawischen Lehrers nicht schäme – im Verhältnis zur katholischen Soziallehre habe ich mir die Würde und Ehre eines armen Österreichers in unserer klassischen kulturellen Identität als erstes Opfer der Hitleraggression – und zwar sowohl nach klassischen marxistischen Grundsätzen wie auch nach meiner Auffassung von dominikanischer Spiritualität – bewahrt. Ob es Herrn Nagl bewußt ist, daß im direkten Vergleich zwischen ihm und mir auch er es sein könnte, für welchen sich der Grazer Stadtpfarrkirchenprobst in dem Fall sich nicht zu genieren braucht? Herr Nagl möge glaubhaftmachungspolitisch nachweisen, nicht beabsichtigt zu haben, daß er und dessen Puntigam-Kraftwerksstandortbetreiber dem einfachen Einzelhandelskaufmannsgesellen Hermann Schützenhöfer als Landeshauptmann eine Glaubwürdigkeitsfalle zur weiteren Unterminierung der Glaubwürdigkeit der Prinzipien der katholischen Soziallehre zu stellen.
Um es in aller Bildsamkeit zu verdeutlichen: Hat der noblichte Geschirrhändler der creme de la creme mit dem Topstandort Herrengasse Graz wohl überlegt, daß der von den amerikanische Unternemehmensstandortklassifikationsbegriff eine furchtbare österreichische weil doppelt brisante Implikation enthält, wie er nur mit den Problemzonen der Wiener Mariahilferstraße, der Wiener Innenstadt und mit Südkärnten vergleichsweise dargelegt werden kann: Hierin ist der österreichische Erbschaftssteuerfragenkomplex mit der NS-Raubgutproblematik verwoben und es nicht einzusehen ist, daß derartiges Nutznießen undifferenziert mit ehrlicherweise weitergegebenem, generationenalten österreichischen Erbe kunterbunt zusammengewürfelt werde. Herr Nagl möge gerade auch in diesem Punkt glaubhaft machen lassen, daß er die Murkraftwerksstandortsproblematik nicht zur Ablenkung von dieser Prinzipienfrage mißbraucht. Pardon, Herr Bürgermeister, daß ich es bin, der Sie ein wenig in kindersprachlicher Schreibweise abmahne: Gewiß haben Sie als Geschirrwarenhändlersohn frühzeitig mit Löffel, Gabel und Messer umzugehen gelernt und ich für heute voraussetze, daß Sie ohne die Mama und sich selbst mit dem Löffelstiel anzupatzen soweit kinderstubenemanzipiert worden sind, um über den Tellerrand hinaus blicken zu können – da hätte es Ihnen und Ihrer Kraftwerksbaulobby eigentlich schon längst vor mir auffallen sollen, daß sich oberhalb von Graz décidement bessere Standorte anbieten: Mit dem Ersatz der zwei häßlichen Kraftwerke aus der Urzeit des Flußlaufkraftwerkbaus, die aus der Mur zwei ihr Tal zerschneidende Kanäle macht und ihr natürliches Bett ausgetrocknet läßt, könnten doch mindestens vier Kraftwerke mit gut in die Natur eingefaßten Stauseen gebaut werden, während ich mir nicht vorstellen kann, wie man im Stadtgebiet einen Stausee ins Landschaftsbild gut passend einfügt. Außerdem würde ein Kraftwerk in Puntigam von vornherein weniger Elektrizität erzeugen als ein neues oberhalb von Graz, weil hier wegen des bestehenden Murkanals und dann auch noch durch einen zweiten Kanal weniger Wasser in die Kraftwerksturbinen strömen würde. Der Bürgermeister möge endlich die Fakten ohne jegliche Geheimhaltung oder einer solchen ähnlichen verdeckten Darstellung auf den Tisch legen lassen, sodaß nicht der leiseste begründete Verdacht auf Grundstückspreisspekulationen aufkommen kann und sogleich die Konsequenzen aus dem suboptimalen Standort in Puntigam ziehen. Der Bescheid des Obersten Gerichtshofes sagt noch nicht viel: Wir gewöhnlichen Bürger und Bürgerinnen von Graz können nicht wissen, was genau drinsteht: Ob der Bürgermeister einen wahren Freibrief für den Kraftwerksbau erhalten hat oder ob das Höchstgericht lediglich sein Bedauern zum Ausdruck gebracht hat, daß ihm nicht ausreichende formale Gesetzesmittel zur Verfügung stehen, den Kraftwerksbau ganz einfach zu verbieten – was nichts anderes bedeuten könnte, als daß der mit allen Wassern gewaschene Bürgermeister und dessen Kraftwerksbaulobby von vornherein mit dem Höchstgericht spekuliert haben.
Der Bürgermeister hat aber offenbar bereits in richtiger katholischer Auffassung von Feindesliebe die Demonstrierer, die sich bereits auf die Murauenbäume zurückgezogen hatten, von der Polizei von denselben wieder herunterholen lassen und sie zwangsweise zur Kundgebung auf den Hauptplatz bringen lassen, wo sie auf mich einen gleichermaßen furchtbaren wie erbärmlichen Eindruck von ungeliebten Internet-Schlüsselkindern machten, die Kinderstubengeborgenheitsmangel dann mit gesteigerter politischer Aktivität kompensieren, eine Problematik, die die Polizei in den nächsten Jahren immer furchtbarer treffen wird. Es ist ihr wohl nicht zuzumuten, daß sie über ihre gesellschaftlich verbindliche Rolle als Freund und Helfer hinaus solche Problemkinder auch noch als Hintergrundsstiefväter und – stiefmütter gleichsam adoptieren und schauen , daß aus jenen doch noch etwas Gescheites wird – es stehen ganz einfach nicht soviele SOS-Kinderdorf oder pro juventute Zöglingsplätze zur Verfügung, wie die soziale Dimension der ohne Rücksicht auf denkbare Folgenschäden durchgepeitschten Internet es verlangen würde. Aber so wie dann und wann auch ein blindes Huhn ein Korn findet, so kann der Bürgermeister auch von Narren dann und wann Wahrheit erfahren…
Graz, 15.7.2017, A. Rosenberger.
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