[R. Brunath] Essay: Regierungen in Westeuropa ohne Völker
Zwei weitere Länder der EU geraten in Widerspruch zur EU Brüssels: Ministerpräsident Tusk in Polen will nach dem Wahlerfolg seines politischen Gegners Nawrocki die Vertrauensfrage stellen – aber vielleicht redet Brüssel ihm das noch aus.
Geert Wilders lässt in den Niederlanden die Regierung platzen, weil er seinen migrationskritischen Kurs in der jetzigen Koalition nicht umsetzen kann. Damit drohen in zwei weiteren Ländern der EU Turbulenzen, während Deutschland nach der fast verunglückten Kanzlerwahl sich ebenfalls dazu zugesellen drohte. Stabile Verhältnisse in Deutschland sind aber eher ein Wunschtraum. Friedrich Merz hat in der deutschen Bevölkerung ebenso wenig Rückhalt wie Emmanuel Macron bei den Franzosen oder Keir Starmer bei den Briten. Woran liegt das wohl? Merz erklärt das Wohl anderer Staaten (Israel, Ukraine) zur Staatsräson und verspricht den Menschen dort totale Solidarität (Geld und Waffen), den Deutschen verspricht er dagegen harten sozialen Abbruch. Das ist für die Deutschen wenig vertrauenerweckend und ist wie in anderen westeuropäischen Ländern symptomatisch für den Zustand der EU. Es geht nicht mehr um das Wohl der Menschen im Land, sondern um Machterhalt und verschrobene Politik.
Es ist offenbar: Jene, die Regierungen bildenden Eliten der Mitgliedsstaaten der EU und die EU in Brüssel selbst, setzen gegen den Willen der Bevölkerung eine Politik durch, die bei den einfachen Menschen keinen Rückhalt hat. So z.B. lassen die Eliten in der BRD noch von der abgewählten „Ampel“ eine Grundgesetzänderung beschließen, die den eingeschlagenen Kurs für die Zeit nach der Regierungsbildung festzurren sollte. Sie brechen Wahlversprechen im ganz großen Stil.
Damit verkehren sie die Demokratie in ihr Gegenteil und führen sie so ad absurdum. Es wird von „Staatsräson“ gefaselt und sie beschuldigen gleichzeitig damit den Willen des einfachen Menschen im Land einer volksverräterischen Haltung. Dabei sollte doch der Wille des Volkes maßgeblichen Einfluss auf die Politik haben, aber in den Kernländern Westeuropas ist das klar erkennbar immer weniger der Fall. Den Regierungen sind der Wille und das Wohl des eigenen Volkes vollkommen und offensichtlich egal, wie Frau Bärbock, noch als Außenministerin erklärte.
Wahlen verkommen zu reinem Ritual, wenn der Wählerwille seitens der EU-Zentrale in Brüssel als Störung empfunden wird, wie geschehen in Rumänien oder Moldawien. Wenn also immer mehr Menschen das Gefühl haben, Deutschland und die EU würden in eine Maulkorb-Demokratie abdriften, dann liegt das nicht daran, dass die Machteliten ihre Anliegen schlecht erklären sondern daran, dass die Menschen schlicht und ergreifend erkennen, dass es so ist. Notwendige Führungs-kompetenzen der Machteliten z. B. in Brüssel ersetzen diese mehr und mehr durch Diktate oder Sanktionen – selbst gegen die eigenen EU-Länder.
Daher warnen immer mehr Politiker in den EU-Staaten vor einem Abdriften der EU ins Autoritäre, neben Viktor Orbán und Robert Fico auch die Opposition in Rumänien und Polen. Beschimpft werden sie in der Regel als rechts und nationalistisch, weil die EU sich selbst als linksliberales Friedensprojekt vermarktet.
Von der Leyen steht dabei als Personalie für ein System der Vetternwirtschaft und Korruption in Westeuropa. Als Versagerin im Amt der Verteidigung in der BRD wurde sie nicht von ihrer Chefin Merkel ins Abseits gestellt, wo sie keinen weiteren Schaden hätte anrichten können, sondern sie wurde nach Brüssel wegbefördert. Von der Leyen hatte keinerlei Erfolge vorzuweisen, ihre politische Karriere ist gespickt mit Skandalen – und nach jedem Skandal fiel sie die Karriereleiter ein paar Stufen hinauf. Sie hat es trotz des Fehlens jeglicher Qualifikation für ein politisches Amt auf den höchsten Posten geschafft, den die EU zu bieten hat. Von der Leyens persönliche Strategie ist es, am einmal eingeschlagenen Kurs mit aller Kraft festzuhalten. Bloß nicht reflektieren, bloß nicht analysieren, bloß nicht korrigieren. Sie ist zur politischen Vision ebenso unfähig, wie sie nicht in der Lage ist, die Folgen ihrer Politik für die EU und ihre Bürger angemessen abzuwägen.
Von der Leyen hat sich abgeschottet und mit Speichelleckern und Ja-Sagern umgeben. Fachliche Qualität hat bei der Zusammensetzung der aktuellen Kommission kaum eine Rolle gespielt. Bestes Beispiel: die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Ihr Markenzeichen ist das völlige Fehlen jeglichen Talents zur Diplomatie. Dennoch bekam sie den Posten der europäischen Chefdiplomatin.
Dieses System aus Abschottung, fehlender Kompetenz und Ignoranz macht die EU instabil, denn es verhindert adäquate Reaktionen. Als von der Leyen in den Landesfarben der Ukraine gekleidet verkündete, Russland sei aufgrund der Sanktionen in Schwierigkeiten und müsse Halbleiter aus Waschmaschinen und Kühlschränken ausbauen, um militärisches Gerät zu reparieren, war das Komik mit sehr tragischem Beigeschmack, denn von der Leyen glaubt den Unsinn selbst, den sie erzählt.
Weil ihr die Fähigkeit zur Analyse und zur Fehlerkorrektur fehlt, wird jetzt das 18. Sanktionspaket ausgearbeitet. Und warum? Weil 17 Sanktionen davor nicht funktionierten? Mit dem 18. Sanktions-paket soll das erreicht werden, was die vorausgegangenen 17 Pakete nicht schafften: Russland wirtschaftlich zu ruinieren. Das ist kindischer Trotz im pathologischen Sinne.
Das, was auf Brüssel zutrifft, gilt natürlich auch für Berlin. Auch dort hält man gegen jede Vernunft und gegen den Willen des Wählers am einmal eingeschlagenen Kurs fest und wiederholt alle historisch gemachten Fehler: Militarisierung und Aufrüstung für den Krieg gegen Russland. Das hatte man ja schon zwei Mal geübt und was man geübt hat, so glauben die verantwortlich Regierenden, sollte man danach auch perfekt können.
Nur heute ist die Lage nicht identisch mit der Lage von vor 110 oder 90 Jahren. Im Gegensatz zu 1914 und 1939 ist die Stimmung in der deutschen und europäischen Gesellschaft heute eine andere. Kriegsvorbereitung und Stimmungsmache dafür, fällt den Regierungen in den westeuropäischen Hauptstädten, in Berlin, Paris, London und Brüssel, nicht mehr in den Schoß. Dieses Mal finden sie Widerstand in den eigenen Gesellschaften und keinen durchgängigen Rückhalt für ihre Abenteuer. Sie werden ohne Volk in den Krieg ziehen müssen. Während die politischen Eliten aus den Ereignissen des 20. Jahrhunderts offensichtlich nichts gelernt haben und daher bereit sind, die Fehler wie im wahnhaften Zwang zu wiederholen, hat man in den westeuropäischen Gesellschaften die Lektion des 20. Jahrhunderts sehr wohl verstanden. Was ihnen, den Völkern Westeuropas, jetzt noch fehlt, ist sich zu organisieren und ihre Schicksale selbst zu bestimmen.
6 Juni 2025, Rainer Brunath
Das Essay als PDF: Regierungen in Westeuropa ohne Völker
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