[Brunath] Essay: Das Jahr beginnt turbulent
Die Angelsachsen versuchen ihren Machtverfall durch Provokationen zu stoppen. Es wird ihnen nicht gelingen.
Ein Essay von zwei Artikeln in RT.com von Rainer Brunath, Hamburg 14.1.2024
Zu den angelsächsischen Angriffen auf den Jemen, das Verfahren beim Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen gegen Israel wegen Völkermordes, dem Besuch des britischen Premierministers Rishi Sunak in Kiew zur Unterzeichnung eines Abkommens über Sicherheitsgarantien für die Ukraine, kam die westliche Sorge über den Ausgang der Wahlen in Taiwan. Das sind Aktivposten schon nach wenigen Tagen nach Neujahr, die den Verfall und die Demontage der angel-sächsischen Weltordnung kennzeichnen. Und die Angelsachsen versuchen diesen Vierfrontenverfall mit Provokationen zu stoppen. Sie lernen es nicht!
Der Jemen bedroht Schiffe, die nach Israel fahren, um das Blutvergießen im Gazastreifen zu stoppen – vielleicht wäre es wirksamer, wenn die Angelsachsen Druck auf Israel ausüben würden, damit es seine Operationen gegen die Palästinenser einstellt. Nach jahrelangem Bürgerkrieg und dem Krieg gegen die Saudis haben die Jemeniten nichts zu verlieren (und sie haben die moralische Unterstützung der gesamten arabischen Welt und die materielle Unterstützung der Iraner). Es ist unmöglich, den Jemen dazu zu zwingen, seine Versuche aufzugeben, die Schifffahrt im Roten Meer zu behindern – mit Raketenangriffen wird nichts erreicht, und die USA denken nicht an eine Bodenoperation, wahrscheinlich aus innenpolitischer Erwägung.
Zu der Empörung über die Geschehnisse in Gaza käme der Hass auf die Angelsachsen hinzu, weil sie Jemeniten umbringen. Und der Internationale Gerichtshof wird hoffentlich in den nächsten Tagen den israelischen Akt der Apartheid und des Völkermordes in Gaza anerkennen, wenn er nicht seinen Ruf als UN-Organisationen schädigen will.
Die Bomben auf den Jemen erhöhen nur das Risiko, neue Fronten zu schaffen und einen größeren regionalen Krieg anzuheizen, vor allem im Libanon, wo Israel die Hisbollah weiterhin provoziert. Die USA sprechen ständig von iranischen Stellvertretern im Libanon und im Jemen. Der Iran übt jedoch maximale Zurückhaltung, während er im Libanon, in Syrien und auf seinem eigenen Territorium ständig provoziert wird. Nun glauben aber die Angelsachsen, sie befänden sich im Jemen im Krieg mit iranischen Statthaltern, wobei sie irren. Die Huthi sind Araber und nicht Iraner.
Außerdem hat der Iran es nicht nötig, sich selber in die Nesseln zu setzen, indem er auf Provokationen reagiert. Die Angelsachsen gleichen einem im Moor Versinkenden. Je mehr sie strampeln, desto tiefer sinken sie. Und zwar sowohl im Nahen Osten als auch zu Hause: Ihre außenpolitischen Aktivitäten verschlechtern die Position der herrschenden Eliten in den USA und GB.
Dabei geht es nicht nur um die Unterstützung Israels, auch in Bezug zur Ukraine handeln die Vereinig-ten Staaten als auch Großbritannien kindisch, werfen sich auf den Boden und trommeln mit den Fäusten auf den Teppich. Premierminister Rishi Sunak ist jetzt nach Kiew gereist, um ein Abkommen über Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu unterzeichnen. Sicher ist, dass es sich um eine bewusste Geste zugunsten des weiteren Versuchs handelt, die Ukraine von Russland wegzuziehen. Der Teil der angelsächsischen Elite, der zuversichtlich ist, dass ihm das schließlich gelingen wird, zeigt damit, dass sie eine „Aufgabe der Ukraine“ nicht zulassen wird. Die Vereinbarung zwischen Sunak und Selenskij gleicht fatal dem britisch-ukrainischen Abkommen über die Modernisierung der ukrainischen Marine, das GB einige Monate vor Beginn der russischen militärischen Sonderoperation eingegangen war und das übrigens für Moskau eine der wichtigsten Bestätigungen für die Notwendigkeit der Einleitung einer Sonderoperation darstellte. Das aktuelle „Garantieabkommen“ kann daher als das endgültige Urteil über die Existenz der Ukraine als solche bezeichnet werden, denn es ist absolut unmöglich, die Atlantisierung der Ukraine, die bereits offiziell begonnen hat, mit den Interessen Russlands zu vereinbaren. Das führt zur nächsten Frage: wie ergeht es
Kontinentaleuropa zwischen den Fronten https://de.rt.com/international/192681-franzoesischer-historiker-todd-verschwinden-usa/ (Achtung: Wegen der herrschenden Kriegszenzur ist der Link nur über das Tor-Netzwerk ereichbar. Siehe dazu: EU-Kriegszensur)
Der international bekannte französische Historiker Emmanuel Todd, der schon 1976 das Verschwinden der UdSSR vorhersagte, läutet nun die Todesglocke für den Westen. Er sieht den abnehmenden Status des „im Nihilismus versunkenen Amerikas“.
Der französische Historiker und Anthropologe Emmanuel Todd ist überzeugt, dass die westliche Hegemonie am Ende ist. Als Gast beim französischen Nachrichtensender BFMTV sagte Todd am Donnerstag:
„…..Im Gegensatz zu dem, was wir denken – wir sagen ‚was wird aus uns, wenn die USA uns nicht mehr beschützen?‘ – werden wir in Frieden (über)leben! Das Beste, was Europa passieren kann, ist das Verschwinden der Vereinigten Staaten.“
Seine Aussagen zu den USA stammen fast wortwörtlich aus seinem letzten Buch „La Défaite de l’Occident“ („Die Niederlage des Westens“), in dem er feststellt, dass die NATO den Konflikt in der Ukraine bereits verloren hat. Er behauptet in seinem Buch, dass die Niederlage letztendlich zu einer Aussöhnung Russlands mit Europa und einer Wiederannäherung mit Deutschland führen werde. Dies laufe jedoch den Interessen Washingtons zuwider.
In seinem Buch kritisiert Todd „die stumpfe Haltung des Westens gegenüber Russland“ und behauptet, dass „die Verhinderung einer Annäherung zwischen Deutschland und Russland eines der politischen Nachkriegsziele der USA war“. Laut Todd hätte diese Annäherung die „Verdrängung der Vereinigten Staaten aus dem europäischen Machtgefüge bedeutet“. Weiter resümiert Todd: Die Amerikaner „würden also lieber Europa zerstören, als den Westen zu retten„.
Der europäische Einfluss auf die Internationale sei gesunken, so Todd. Er werde nicht mehr von der deutsch-französischen Partnerschaft repräsentiert. Zudem sieht der französische Intellektuelle den Niedergang der Vereinigten Staaten als unausweichlich. Die USA seien „im Nihilismus versunken“, seien eine „globale Militärmacht“ im Abstieg und hätten eine „geschwächte Kriegsindustrie“.
Dass sich die Europäer im Zuge des Konflikts von Russland distanziert hätten, schade ihren eigenen Handels- und Energieinteressen, so Todd weiter. Dem Historiker zufolge leben wir augenblicklich in einer „putinophoben und russophoben Welt“, die vom westlichen Narrativ beherrscht sei.
Todd geht in seinem letzten Buch auch nicht davon aus, dass die kommenden US-Präsidentschafts-wahlen etwas an dem Verlauf des aktuellen Konflikts ändern werden. Russland werde seiner Linie treu bleiben, laut Todd. Ein neuer Präsident im Weißen Haus sei für den Kreml nicht von Bedeutung, denn „Russland befindet sich im Krieg mit den USA“.
Der Niedergang Europas lasse sich damit erklären, dass die Europäer „das Element des unfreiwilligen Vasallen akzeptieren“. Während laut Todd die Transatlantiker sich an die Hegemonie Washingtons klammern und „unter dem politischen Stockholm-Syndrom1 leiden“, sieht der französische Denker einen Frieden, „der in einem vom US-Joch befreiten europäischen Raum widerhallen würde“.
Die herausragendsten Ereignisse in der internationalen Politik im Jahr 2023 haben gezeigt, dass der Ursprung der aktuellen grundlegenden Veränderungen natürlicher Natur ist und die Hauptprozesse konstruktiv bleiben. Aus diesem Grund wird das vergangene Jahr von zukünftigen Historikern als das Ende der Zeit betrachtet werden, in der die neue Realität mit Beklommenheit wahrgenommen wurde. Mit anderen Worten: Im Jahr 2023 wurde vielen von uns klar, dass der Zusammenbruch der bisherigen internationalen Ordnung keine Katastrophe bedeutet, sondern erhebliche Vorteile für die Entwicklung auf der ganzen Welt mit sich bringt:
Erstens, die Entstehung einer demokratischen Multipolarität, symbolisiert durch die Gruppe der BRICS-Staaten. Zweitens, die allmähliche Erosion des Monopols einer kleinen Gruppe von Staaten in verschiedenen Sektoren der Weltwirtschaft. Drittens, die Wiederbelebung der außenpolitischen Aktivität einer größeren Zahl von Ländern, die wir als Weltmehrheit definieren: eine Gruppe von Staaten, die sich keine revolutionären Ziele gestellt haben, sondern danach streben, ihre Unabhängigkeit im Weltgeschehen zu festigen und ihre eigene Zukunft zu bestimmen.
1Wiki: Unter dem Stockholm-Syndrom wird jenseits fachwissenschaftlicher Diskurse ein psychologisches Phänomen verstanden, bei dem Opfer von Geiselnahmen ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Entführern aufbauen.
Das Essay als PDF: Das Jahr beginnt turbulent
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