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[epicenter] In Wien: Statt Bodenmarkierungen Überwachungskameras

Bloged in Allgemein by friedi Freitag September 30, 2022

Geplante Überwachung unserer Innenstädte?

[W]eniger Verkehr in der Innenstadt? Mit sinnvollen Ausnahmeregelungen für Anrainer:innen & Co? Klingt doch gut, nur was haben die Kameras in diesem Plan verloren? Und warum braucht es dafür eine StVO-Novelle?

Dieser immense bürokratische, finanzielle und organisatorische Aufwand wird angeblich betrieben, um eine Verkehrsberuhigung in der Wiener Innenstadt zu erzielen. Das ist absurd, denn bereits seit 2020 gibt es ein fertig ausgearbeitetes Konzept für denselben Zweck. Dieses ist bedeutend günstiger, erheblich einfacher und auch noch zwei- bis sechsmal so effektiv. Obendrein respektiert es unsere Grundrechte. Was will man mehr? All das wäre mit einfachen Schildern und Bodenmarkierungen umsetzbar gewesen und es gab sogar schon eine Verordnung der Stadt Wien dafür. Der Preis für das Projekt hätte sich lediglich auf ca. EUR 200.000 belaufen, eine verhältnismäßig kleine Summe für ein Vorhaben dieser Art. Warum also wurde es fallen gelassen?

Bürgermeister Michael Ludwig hatte es abgelehnt, weil es angeblich verfassungswidrig sei. Aber dieser schlaue Plan zur Verkehrsberuhigung wurde wohl eher vereitelt, weil der Herr Bürgermeister bei der Landtagswahl 2020 dem Koalitionspartner keinen Erfolg gönnen wollte. Interessanter Weise sprach sich Ludwig im selben Atemzug trotzdem für eine Verkehrsberuhigung und den Klimaschutz aus. Genau das hätte das von ihm abgelehnte Konzept aber ohnehin geleistet; und zwar viel besser als der aktuelle Vorschlag, der potenziell eine massive Gefahr für Privatsphäre und Demokratie darstellt.

Es ist kein Geheimnis, dass sich rund um die zu überwachenden Einfahrten in den ersten Bezirk viele Regierungsgebäude befinden. Das Wissen, überwacht zu werden, schüchtert Menschen ein, manche hält es sogar dvon ab, ihre Meinung öffentlich kundzutun. Und genau hier liegt das Problem, denn das sind die ersten Auflösungserscheinungen einer guten Demokratie. Man muss sich also fragen: Worum geht es bei diesem Vorhaben der Videoüberwachung wirklich? Um eine ruhige Innenstadt? Wohl kaum, steht doch eine viel günstigere, effektivere und rechtlich weniger problematische Lösung zur Verfügung.

FÖRDERMITGLIEDSCHAFT

Überwachungskameras in unseren Innenstädten? – Der orwellsche Albtraum!
Seit dem Bekanntwerden des Gemeinderatsbeschlusses der Stadt Wien lässt dieses Thema niemand bei epicenter.works mehr ruhig schlafen. Wenn grundrechtsfreundliche Konzepte aus politischen Gründen in Schubladen verschwinden, schauen wir nicht einfach zu! Sind solche technischen Überwachungs-Systeme einmal implementiert, kann man sie als Machtinstrument auch gegen eine demokratische Bevölkerung einsetzen. Diese rote Linie darf nicht überschritten werden. Wir sind ein unabhängiger, spendenfinanzierter Verein. Unterstütze auch du unsere Arbeit und werde heute noch Fördermitglied! Jede regelmäßige Spende hilft uns, laut zu bleiben!

Privacy by design – ein Datenschutzfreundliches Warnsystem

Privacy by design.“ so lautet die Devise bei der Entwicklung neuer Technologien, die auch von der DSGVO gefordert wird – Also Privatsphäre durch Technikgestaltung. Dass man digitale Systeme auch in der Praxis datenschutzfreundlich und inklusiv gestalten kann, zeigt z.B. der Plan zum neuen Katastrophenwarnsystem. Gewährleistet wird das u.a. durch die Wahl der richtigen Technologie – in diesem Fall „Cell Broadcast“. Man könnte die Warnungen natürlich auch per App verschicken. Das würde aber eine zusätzliche Hürde für die User:innen einführen, denn diese müssten sich die App überhaupt erst herunterladen. Alle anderen und v.a. jene, die kein Smartphone besitzen, würden durch den Rost fallen und im Ernstfall nicht gewarnt werden. Eine App benötigt auch Datenvolumen. Außerdem besteht immer die Gefahr eines beidseitigen Datenaustauschs. Nicht zuletzt werden damit potenziell auch personen- oder gerätebezogene Daten übermittelt.

All diese Probleme hat der Cell Broadcast „by design“ nicht. Denn hier ist der Kommunikationsweg tatsächlich einseitig: von der warnenden Stelle zum Smartphone. Punkt. Dazu muss niemand wissen, wo sich welche Handys befinden oder wem sie gehören, denn die Nachricht wird automatisch an alle Mobiltelefone in einem bestimmten Bereich gesendet und auch im Sperrbildschirm angezeigt. „Privacy by design“ bedeutet bei dieser Anwendung, dass es im Prozess der Warnmeldung schon rein technisch gar nicht möglich ist, personenbezogene Daten zu übermitteln. Denn beim Cell Broadcast können aufgrund der einseitigen Kommunikationsrichtung gar keine Daten vom Smartphone abgefragt werden. Die Warnung funktioniert also völlig anonym und erreicht alle Handybesitzer – auch die ohne Smartphone.

So weit, so gut. Bei der Umsetzung des neuen Warnsystems in Österreich müssen jetzt allerdings noch rasch die offenen technischen und organisatorischen Fragen geklärt werden, sodass das längst überfällige System bald Menschen warnen kann. Ein Punkt, dem bisher noch wenig Beachtung geschenkt wurde, ist die Notwendigkeit von mehrsprachigen Meldungen, damit möglichst alle die Warnungen verstehen können. Und man muss die Icons kontrastreich und groß gestalten, denn Menschen mit Sehbeeinträchtigung müssen auch auf den ersten Blick eine Warnung als solche erkennen.

Hier findet ihr nützliches Infomaterial sowie spannenden Lese- & Sehstoff mit frischen Denkanstößen für den Herbst.

Infomaterial – Überwachung am Arbeitsplatz: Die Überwachung am Arbeitsplatz nimmt mancherorts erschreckende Formen an. Möglichkeiten dafür gibt es viele, die zum Teil recht leicht verfügbar sind. Doch wie werden Mitarbeiter:innen in Unternehmen konkret überwacht? Was darf ein:e Arbeitgeber:in, was nicht? Wie kann ich mich gegen die Überwachung wehren? In unerem E-Learning-Kapitel zur Arbeitsplatzüberwachung findet ihr weitere Infos. Dort könnt ihr auch ein Formular zur Auskunft über die vom/von der Arbeitgeber:in verwendeten Daten herunterladen.

Überwachung mit Biometrie inkl. DNA: Mehr „Sicherheit“ durch umfangreiche Überwachung – Man kennt die Argumente leider auch aus den Debatten zu Überwachungsmaßnahmen im globalen Norden wie z.B. der Chatkontrolle, Vorratsdatenspeicherung oder Videoüberwachung. Auch China rechtfertigt seine Überwachungsmaßnahmen mit mehr Sicherheit, also z.B. der Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität oder des Menschenhandels. Als Teil seiner Überwachungs- und Repressionsstrategie erstellt China umfangreiche biometrische Profile und sammelt seit Jahren auch systematisch DNA-Daten von weiten Schichten der Bevölkerung, u.a. auch in Tibet.

UN sagt nein zu Chatkontrolle: Die in der EU geplante Chatkontrolle wäre eine noch nie dagewesene Untergrabung der Privatsphäre und würde alle EU-Bürger:innen unter Generalverdacht stellen. Auch der UN-Menschenrechtskommissar hat sich erst vor Kurzem deutlich gegen die Chatkontrolle ausgesprochen. Er sieht in der möglichen Einführung dieser Kommunikationsüberwachung einen gefährlichen Paradigmenwechsel in Bezug auf Grundrechte. In seinem Bericht kritisiert er u.a. das Client-Side-Scanning, also jene technische Umsetzung der Chatkontrolle, die derzeit heiß diskutiert wird.

Datamining I: Eine neue Verordnung erlaubt der EU-Polizeibehörde Europol nun die Verarbeitung von 4000 Terabyte personenbezogener Daten – einer Menge, die nur bei der Fluggastdatenspeicherung und im SWIFT-Finanztransaktionssystem anfällt. Hier kann es also nur um Datamining im großen Stil gehen, denn derart massive Datensätze fallen bei den Strafverfolger:innen nicht an. Das ist mehr als bedenklich, v.a. in Hinblick auf das SWIFT-Abkommen mit den USA. Der EU-Datenschutzbeauftragte (EDPS) klagt nun gegen diese Europol-Reform.

Datamining II: Interne Dokumente der CIA verweisen darauf, dass seit 2016 riesige Datensätze aus dem europäischen SWIFT-System an die CIA übergeben und dort im großen Stil mit KI-Programmen analysiert wurden. Eine Schlüsselrolle spielt dabei wieder Europol, denn die EU-Polizeibehörde hat Zugang zu den SWIFT-Daten. Im Rahmen des transatlantischen Abkommens gegen Terrorfinanzierung liefert Europol offiziell nur unter strengen Bedingungen Finanztransaktionsdaten an das US-Finanzministerium. Datamining und Weitergabe der Daten, wie im aktuellen Fall, sind aber strikt verboten. Wie dreist versucht wird, diesen exzessiven Datenaustausch zu legalisieren und zu erweitern, zeigt auch die neue Europol-Verordnung der EU.

Live-Stream – Vorratsdatenspeicherung: Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist und bleibt rechtswidrig. Das hat der EuGH zum wiederholten Mal in einem Urteil beschlossen. Trotzdem wird bereits wieder über eine mögliche Umgehung des Urteils diskutiert. Was das für die Zukunft der Datenspeicherung bedeuten könnte, könnt ihr heute ab 20:00 im c-base-Stream (Youtube-Link) verfolgen.

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