Panikmache in Europa
Eigentlich wollte ich mich nicht durch das System instrumentieren lassen und in die Propaganda-Hype der Terrorismuspanik mit einstimmen. Aber ganz kann man sich dem Zeitgeist doch nicht entziehen – daher ein paar Überlegungen um den Terrorwahn ev. zu relativieren.
Terrorismus hat es immer gegeben und er lässt sich durch Gewalt nicht verhindern. Man denke an die RAF, an die IRA ja selbst an die Bombenattentate im Dritten Reich. Repression hat da den Terror nur gestärkt. Der Rückgang des IRA-Terrorismus wurde durch Verhandlungen erreicht – nicht durch Militär.
In der EU und auch in Österreich beginnt man z.Zt. wieder den Weg der Ausgrenzung, Schuldzuschreibung und verstärkter Repression zu gehen. Die Gründe dafür sind aus meiner Sicht nicht die Terroranschläge, sondern die EU-Politik, die die Terroranschläge gut brauchen kann.
Momentan droht die EU aufgrund eines kompletten Versagens der europäischen Politik in Scherben zu fallen. Terroranschläge „gegen die EU“ sind daher hoch willkommen – nähren sie doch die Hoffnung, dass das alte Rezept „Feind von Außen! Wir müssen zusammenrücken!“ wieder funktioniert.
Wie propagandalastig die Terroberichterstattung inzwischen ist, ist etwa daran zu erkennen, dass der Radiosprecher (Ö1 Morgenjournal) etwa folgenden Satz sprach: „Ein Anschlag in Brüssel, ein Anschlag gegen die EU, … weltweiter Terror..“ (frei aus dem Gedächtnis zitiert). Die propagandistische Steigerung ist klar zu erkennen: zuerst das Faktum – der Anschlag in Brüssel; dann die propagandistische Wendung zum Anschlag gegen die EU und zum Schluss die Panikmache der globalen Bedrohung. Natürlich sind das die Islamisten gewesen (IS oder ISIS) – daher: Einschränkung der Bürgerrechte in Europa – Grenzen dicht – Aufrüstung des Militärs und Einbeziehen der Militärverbände in die Polizeiarbeit.
Ich frage mich: Was hat den die ISIS davon? Profitiert da nicht eher die Elite in der zerbrechenden EU?
Damit das klar ist: Ich lehne jeden Anschlag auf Leib und Leben ab und jeder Mörder und jede Mörderin sollte einer Verurteilung und einer Buße zugeführt werden. Aber die Ausschlachtung von Verbrechen zu Propagandazwecken lehne ich auch ab. Ebenso die staatlich geschürte Panikmache. Plötzlich müssen auf unseren öffentlichen Plätzen Polizisten mit Sturmgewehr stehen. Glaubt wirklich jemand, dass damit ein Selbstmord-Attentäter abgeschreckt wird? Dient das nicht eher dazu, in der Bevölkerung die Bedrohungslage glaubhaft zu machen?
Die Grenzzäune um unser Land werden nicht von der ISIS errichtet. Die immer restriktiver werdenden Staatsschutzgesetze ebenfalls nicht – und die nun beginnende Aufrüstung des Bundesheers kann unmöglich der ISIS nützen. Warum also sollte die ISIS Europa mit Terror überziehen`?
Nun ein Grund wäre, wie etwa auch bei den Terroranschlägen in der Türkei, das aggressive Vorgehen der Staatsmacht zur Sicherung von Interessensphären. Etwa im Falle der Türkei gegen die Separationsbewegung der Kurden oder die EU in Nordafrika: Bomben auf Libyen, Bomben auf Irak, Bomben auf Syrien. Das würde die Zunahme des Terrors in Europa erklären – als Rache und Vergeltung. Nicht dass ich so ein Vorgehen gut heißen würde – aber der Terrorschutz besteht dann eben nicht darin, noch aggressiver zu werden. Das führt zur sogenannten Teufelsspirale, zur grenzenlosen Aufschaukelung der Gewalt bis hin zum offenen Krieg.
Wie in der innereuropäischen Politik wäre auch in der Außenpolitik ein Umkehr dringend nötig. Vermutlich wird die aktuelle Einschüchterung der europäischen Bevölkerung durch ihre eigenen Regierungen kurzzeitig Erfolg haben und es den undemokratischen Kräften erlauben, ihre Position zu stärken. Längerfristig wird diese Politik aber zu noch mehr Terror führen. Wenn zu den künstlich aufgebauten Feinden – den Islamisten – dann die Gruppen kommen, die sich gegen die innere Ausbeutung und Unterdrückung zu wehren beginnen. Ev. werden dann die Ziele der Anschläge auch nicht mehr Straßenbahnen, Flughäfen und Bahnhöfe sein, sondern Polizeistationen, Paläste und Parlamente …
Ich bitte daher die aktuellen europäischen „Staatenlenkerinnen und Staatenlenker“ innezuhalten und den gefährlichen Weg zu verlassen. Weg mit dem Islamistengesetz, weg mit Grenzzäunen, keine Aufrüstung sondern her mit Sozialgesetzen zur Verhinderung von Armut, Umschichtung der Rüstungs-Milliarden in den humanitären Bereich. Es ist doch nicht einzusehen, dass Europa – etwa Frankreich oder England – reich genug sind, Tonnen von Bomben nach Nordafrika und den nahen Osten zu liefern, aber kein Geld hat, um humanitär zu helfen.
Auch innereuropäisch: her mit einer Finanzpolitik, welche die Kaufkraft der unteren Bevölkerungsschichten stärkt. Weg mit den „Alarmzeichen“ der martialischen Polizisten auf unseren Plätzen – sie können den Terror doch nicht verhindern.
Europa (und auch Österreich) wäre vermutlich gut Beraten, den Weg zu einer offenen, pluralistischen, multiethnischen globalen Gesellschaft ohne Hass und Abgrenzung fortzusetzen. Schämen sich die Österreicher – zumindest die Sozialdemokraten – denn nicht, dass nun in Österreich Grenzzäune gebaut werden? Weder der Ostwall noch der Westwall hat (zu unserem großen Glück) das Dritte Reich vor seinem Untergang geschützt. Zäune, Lager, Zwangsmaßnahme und Ausgrenzung ist einfach der falsche Weg zu einer friedliche Welt.
Der einzige Weg Terrorismus zu verhindern ist Wohlstand und Mitsprache.
Graz, 27.3.2016 W.Friedhuber
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