[AIK] Aufruf zur Verbreiterung der Anti-Euro-Front
1) Aufruf zur Verbreiterung der Anti-Euro-Front
2) „Keynesianismus“ im supranationalen Staat?
3) Konflikte in der EU: Konflikte zwischen zwei Fraktionen
1) Aufruf zur Verbreiterung der Anti-Euro-Front
Offener Brief an die Bewegungen für die Souveränität Linke Koordination gegen den Euro (Italien)
Es ist allgemein akzeptiert, dass am 15. September 2008 mit dem Bankrott von Lehman Brothers ein Wendepunkt erreicht wurde. Ein globales System, gekennzeichnet von der absoluten Vorherrschaft der spekulativen und räuberischen Finanz über alle Sphären des ökonomischen und sozialen Lebens, ist in die Krise geraten. Wer angesichts dieses Kollapses dachte, dass das neoliberale System aufgegeben worden wäre, hat sich geirrt.
Das politische Finanzsystem, von einer auserwählten und allmächtigen oligarchischen Elite geführt, arbeitet mit voller Wucht weiter und könnte zu einem neuen und noch entsetzlicheren globalen Desaster führen. Die Europäische Union ist nicht aus Zufall das Zentrum dieser systemischen Krise. Im Gegenteil, diese Krise der EU hängt mit den Fundamenten ihrer Konzeption zusammen, mit ihrer Struktur, deren Instrument die einheitliche Währung ist.
Trotz der Tatsache der Unhaltbarkeit des Euro, haben die Herrschenden alles gemacht, um ihn am Leben zu halten. Die Konsequenzen für die Völker, im Besonderen jener Südeuropas, sind verheerend. Um die Ausplünderung und den erbarmungslosen/unweigerlichen Niedergang unseres Landes zu vermeiden, sind der Austritt aus dem Euro und der Europäischen Union, die Wiedergewinnung der nationalen Souveränität, absolute notwendige wenn auch nicht ausreichende Schritte.
Dinge ändern sich.
Bis vor kurzen war der Vorschlag eines Austritts aus dem Euro ein Minderheitenprogramm. Heute repräsentiert diese Forderung einen breiten Teil der Bevölkerung. Die Unfähigkeit der herrschenden Klassen und ihren politischen Marionetten, ihre unabänderlichen Angriffe gegen das Volk, um den sterbenden Euro am Leben zu halten, öffnen große Möglichkeiten für den Vorschlag einer Wende. So erklären wir uns, warum
parlamentarische politische Kräfte, auch diejenigen, die eine erstrangige Mitverantwortung für die Einführung der einheitlichen Währung und der neoliberalen Politik hatten – vom Vertrag von Maastricht
bis zur Verfassungsverankerung des ausgeglichen Staatshaushalts – sich neu positionieren um nicht überrollt zu werden.
Dieser Positionswechsel, oft mehr formal als substanziell, hat schwerwiegende Konsequenzen für die Konstellation der Anti-Euro Kräfte und der Bewegung für die Souveränität, die als erste den Weg des
Austritts aus dem Euro, der Souveränität als Alternative und der Verteidigung der demokratischen Verfassung vorgeschlagen hatten. Es besteht die Gefahr einer Demobilisierung, da manche ihre Hoffnung in
Kräfte wie die Lega Nord, Fratelli d’Italia und die Fünf-Sterne Bewegung setzen.
Ist es möglich diese Tendenz zu stoppen? Kann man den liberalen Wendehälsen, die bis vor kurzem im Establishment waren, vertrauen? Und: inwieweit können wir die Fünf-Sterne Bewegung als eine Kraft, die
wirklich für die Souveränität eintritt, betrachten? Oder ist es nicht viel mehr notwendig, dass die Organisationen, Bewegungen und auch die einzelnen Bürger, die von Anfang an das Euro-System denunziert haben, zusammenfinden, um selbst eine seriöse und kohärente politische Alternative zu präsentieren?
Versuchen wir es!
Aus diesem Grund lädt die Koordination der Linken gegen den Euro alle, die den Geist dieses offenen Briefes teilen, zu einem Treffen am 6. Dezember in Florenz ein. Die soziale und politische Krise wird weiter zunehmen, Es ist notwendig sich zu organisieren und zu vereinigen.
Versuchen wir es gemeinsam.
2) „Keynesianismus“ im supranationalen Staat?
Von der nationalen Politik zur Propaganda-Floskel
Von A.F.Reiterer
Die politische Auseinandersetzung ab den 1980er Jahren, die neoliberale Wende im Westen, lief ideologisch nicht zuletzt als ein Kampf zwischen Keynesianismus und Monetarismus ab, oder wie sich Michael Mann (2001) ausdrückte: „Keynes pretends to rule within the nation-state, Adam Smith still rules without.“ Mit dieser passenden Wendung stellt sich die Frage: Kann es einen transnationalen oder supranationalen Keynesianismus überhaupt geben? Welche strategische Bedeutung diese Frage hat, ergibt sich schon aus einer spezifischen heutigen Situation: Die Oppositionellen des Systemimmanenten ziehen mit Keynesianismus als
Alternative durch die Lande, ob im deutschsprachigen Raum oder auch in Südeuropa.
Keynes schrieb seine „Allgemeine Theorie“ 1936 im Rahmen eines Nationalstaats und eines ˗ zumindest in den hoch entwickelten Zentren ˗ nationalstaatlich organisierten Weltsystems. Das war für ihn eine
derartige Selbstverständlichkeit, dass er diese Voraussetzung gar nicht diskutierte. Und auch nach dem Zweiten Weltkriegs, als er prominent, aber nicht sehr erfolgreich an politischen der Debatte um die Gründung
der Bretton Woods-Institutionen und damit den Rahmen des künftigen Weltsystems beteiligt war, stand diese Voraussetzung nicht zu Debatte. Dieses Weltsystem würde einen US-Hegemon haben. Aber dieser Hegemon war selbst wieder ein Nationalstaat.
Der neue Präsident der EU-Kommission, Jean Claude Juncker, hat im Oktober 2014 bekanntlich ein 300 Mrd. Investitions-Programm angekündigt. Er hat zwar den Begriff Keynesianismus vermieden. Aber
alle haben begriffen, dass er ein keynesianische Programm vorschlagen wolle. Es war offenbar der Preis für die Zustimmung der Sozialdemokraten zu seiner Wahl.
Ganzer Text: http://www.antiimperialista.org/de/node/244624
3) Konflikte in der EU: Konflikte zwischen zwei Fraktionen
Die Transnationale Klasse (TCC), Renzis Heuchelei und der System-Zerfall
Von A.F.Reiterer
Zwischen Rom und Paris auf der einen und Berlin und Brüssel auf der anderen Seite hängt7 der Haussegen schief. Italienische Genossen diagnostizieren daraus euphorisch gleich einen Zerfall der €-Zone oder
gar der EU. Mich erinnert dies an manche Debatten Anfang der 1970er. Jeder Streik in einem kleinen Betrieb und ˗ auch damals schon ˗ jeder Zank zwischen zwei EG-Ministern wurde zur finalen Krise des Systems
hochstilisiert.
Jenseits dieser polemischen Erinnerung und jenseits eines etwas müden Zynismus eines altgedienten Beobachters möchte ich festhalten: Es gibt gute theoretische Gründe für eine ganz andere Sicht.
Seit rund zwei Jahrzehnten gibt es, vor allem im englisch-sprachigen Raum, eine lebhafte Debatte um die Formierung einer neuen dominanten Transnationalen Kapitalistenklasse (TCC – Transnational Capitalist
Class). Der Akzent liegt auf dominant ebenso wie auf transnational. Es gib – so die These – eine Gruppierung hochvernetzter Akteure, Besitzer und Spitzenmanager von Großvermögen, die nicht mehr national gebunden
sind und die Weltwirtschaft in hohem Grad beherrschen (Sklair 2001).
Diese These ist keineswegs rein abstrakt. Eine ziemlich neue Disziplin, die Netzwerktheorie, hat überzeugende Ergebnisse beigebracht (Vitali 2011, Glattfelder 2010). Unter mehr als 40.000 Transnationalen Konzernen
hat sich demgemäß eine Übereinheit (superunity) von 147 hoch vernetzten Konzernen gebildet, die sie a strongly connected core nennen, ein engst verbundenes Zentrum. 2 Drittel davon sind Banken. Sie üben in hohem Maß Kontrolle über die Mehrzahl der anderen Konzerne aus. Die Kontrollmacht
ist wesentlich stärker konzentriert als das Eigentum, das über Aktien-Streubesitz unter Umständen formell ziemlich weit gestreut sein kann. Das wäre somit die Realität eines neuen Finanzkapitalismus.
Ganzer Text: http://www.antiimperialista.org/de/node/244623
Antiimperialistische Koordination
aik@antiimperialista.org
www.antiimperialista.org/de
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