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[Arbeit&Los] Statistikverfälschung: AMS drückt Langzeitsarbeitslosenzahl durch „Kurse“

Bloged in Krise,Systemalternativen by friedi Freitag April 4, 2014

Statistikverfälschung: AMS drückt Langzeitsarbeitslosenzahl durch „Kurse“ auf unter ein Zehntel

Aktive Arbeitslose Österreich fordern korrekte Zahlen über die Zunahme der Erwerbs-Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung in Österreich

(Wien, 3.4.2014) 2000 hat die schwarz-blaue Regierung zur Verschleierung der stetig steigenden Langzeitarbeitslosigkeit die Arbeitslosen systematisch vermehrt in AMS-Kurse gesteckt, weil diese, wenn sie binnen 6 Monaten an einem Kurs teil nehmen, nicht mehr in der Zahl der „Langzeitarbeitslosen“ aufscheinen. Erst 2004 hat das AMS mit der Zahl derLangzeiterwerbslosen“, bei der KursteilnehmerInnen nicht mehr aus der Statistik raus fallen, mehr für den internen Gebrauch eine realistischere Maßzahl geschaffen.

Wie eine von den Aktiven Arbeitslosen Österreich präsentierte Auswertung zeigt, hat die rot-schwarze Regierung unter Bundeskanzler Werner Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer diese Politik der Lüge ungeniert weiter fortgesetzt und zugespitzt: Hat die Regierung 2004 dank durchschnittlich 42.645 in Schulung geparkter Arbeitsloser die Langzeitarbeitslosenzahl von durchschnittlich 49.570 auf 20.405 beschönigt, also um 68% verkleinert, so machte sie 2013 aus 57.464 Langzeiterwerbslosen dank in Schulungen geparkter Arbeitsloser (insgesamt 73.516 SchulungsteilnehmerInnen) gar nur mehr 6.795 Langzeitarbeitslose. Das AMS drückte so die Langzeiterwerbslosenzahl um satte 88%!

 

Wien ist anders – Oberösterreich aber schon lange

Besonders krass ist das Verstecken der Langzeitarbeitslosen ist Wien, das auch einen auffallend hohen Anteil von Langzeitserwerbslosen von 29% hatte (Bundesdurchschnitt 17%, Tirol 4%). Das AMS Wien hat den Verfälschungsgrad von 58% (2004) gar auf 99% (2013) erhöht, sodass die präsentierte Langzeitarbeitslosenzahl nur noch 1% der realitätsnaheren Langzeiterwerbslosenzahl ausmacht. Fast jeder Langzeitserbslose wurde also in einer Zwangsmaßnahme versteckt! Weiter hat das AMS Wien die Langzeiterwerbslosenzahl – die in allen anderen Bundesländern in etwa kontinuierlich anstieg – vermutlich durch verstärkten Einsatz der „gemeinnützigen Personalüberlasser“ von durchschnittlich 27.647 (2004) auf 24.665 (2013) bzw. von 28,7% auf 20,4% der Gesamtarbeitslosenzahl gedrückt. „Vorreiter“ in der Statistikverfälschung allerdings ist Oberösterreich, wo bereits 2004 die Langzeitarbeitslosenzahl durch AMS-Zwangsmaßnahmen um 95% geschönt wurde, 2007 einen Höchstgrad an Statistikbehübschung von 98% erreichte, der bis 2013 leicht auf 96% abfiel.

 

Studie des Deutschen Sozialministeriums belegt Statistikverfälschung im Auftrag der Politik

Was wir schon lange aus unserer Beratungstätigkeit wissen, dass Arbeitslose vorwiegend aus Statistikgründen knapp vor dem „Übertritt“ in die Langzeiterwerbslosenstatistik zu AMS-Zwangsmaßnahmen zugewiesen werden – das „Übertrittsdatum“ steht sogar oft auf der Kurszuweisung des AMS! – wird nun durch eine Studie im Auftrag des deutschen Sozialministeriums offiziell belegt: Die „Zielerreichung“ kann durch Zuweisung in „ungeeignete“ oder „überflüssige“ Kurse erreicht werden, die vom Sozialminister bzw. vom AMS Österreich vorgegebenen Ziele legten nahe, „Arbeitslose kurz vor ihrem Übergang in Langzeitarbeitslosigkeit in eine Qualifizierung zuzuweisen“.

Diese systematische Veruntreuung von Versicherungs- und Steuergeldern zur Statistikverfälschung ist allerdings nur durch das rigide Sanktionenregime möglich. Durch die permanente Androhung des Existenzentzuges durch Totalsperren des AMS-Bezuges leben vor allem Langzeitsarbeitslose derart in Angst, dass sie sich nicht gegen die seit Jahren viel kritisierten „Sinnloskurse“ zu wehren trauen.

Keine Statistikfälschung ohne Zwangsregime durch menschenrechtswidrige Bezugssperren

Die vielbeschworene „Versicherungsgemeinschaft“ wird mehrfach geschädigt: Nicht nur durch die Verschwendung ihrer Beiträge, sondern auch durch die gesundheitlichen Schäden durch das Zwangsregime. Wenn sich aufgrund der massiven strukturellen Gewalt durch angedrohte Sanktionen 36% der Arbeitslosen vor dem Kontakt mit dem AMS fürchten und 29% Beschwerden kriegen, wenn sie einen Kurs machen müssen, den sie sich nicht selbst ausgesucht haben(*), dann kann von einer „Wiederintegration“ durch das AMS wohl kaum gesprochen werden. Das einfachste und wirksamste Mittel gegen die Statistikverfälschung durch „Sinnloskurse“ wäre daher die freie Kurswahl und die demokratische Mitsprache der Arbeitslosen. Dies würde zudem mit einem Schlag die oft Parteien bzw. Sozialpartnern nahe stehenden Kursanbieter dazu zwingen, endlich gute Qualität und echte Unterstützung zu bieten. Ehrliche Zahlen statt Verdrängung der Probleme wären ein erster Schritt in die richtige Richtung.

 

Aktive Arbeitslose Österreich fordern:

  • Schluss mit der Täuschung der Bevölkerung durch bewusst irreführende Zahlen wie die geschönte „Langzeitarbeitslosenzahlen“
  • Erfassung aller Arbeitslosen – auch der versteckten bzw. der „stillen Reserve“ – und aller Unterbeschäftigter, um ein realistisches Bild des Zugangs zu Erwerbsarbeit zu geben
  • Schluss mit dem Sanktionenregime – Menschenrecht auf frei gewählte Arbeit und frei gewählte (Berufs)Ausbildung sowie auf Existenzsicherung endlich umsetzen
  • Erwerbs-Arbeit fair teilen durch Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden/Woche statt Arbeitsplatzvernichtung durch noch längere Tagesarbeitszeit!

 

Weitere Infos:

 

Anhang 1: Statistikverfälschung als Ziel der Zuweisung zu „sinnlosen“ Kursen

„Bei zwei Arten von Zielindikatoren des Bundes gibt es nach Aussage aus der Bundesgeschäftsstelle eine beabsichtigte Interdependenz:

Die Zielerreichung bei den beiden (geschlechtsdifferenzierten) Zielindikatoren zur Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit (Übergänge in Arbeitslosigkeit von mehr als zwölf Monaten und Übergänge Jugendlicher in Arbeitslosigkeit von mehr als sechs Monaten) kann auch durch Zuweisungen in – ggf. ungeeignete – Qualifizierungsmaßnahmen verbessert werden.

Die Zielerreichung beim (geschlechtsdifferenzierten) Zielindikator zur (geschlechtsdifferenzierten) Schulungseffektivität (Anteil der Personen, die binnen drei Monaten nach einer Schulung in Arbeit abgehen) kann auch verbessert werden, indem Arbeitslose mit ohnehin guten Vermittlungsaussichten in – ggf. überflüssige – Qualifizierungsmaßnahmen zugewiesen werden.

Die Kombination der beiden Arten von Zielindikatoren führt jedoch dazu, dass die skizzierten ineffizienten Zuweisungen in Schulungen tendenziell zur Zielverfehlung bei einem der beiden Zielindikatoren führen. Durch die Kombination wird nahegelegt, Arbeitslose kurz vor ihrem Übergang in Langzeitarbeitslosigkeit in eine Qualifizierung zuzuweisen, die ihre Vermittlungschancen erhöht.“

Quelle: Zielsteuerung in der Arbeitsverwaltung – ein europäischer Vergleich (Seite 272)
http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/fb-fb409-arbeitssteuerung.pdf

Anhang 2: Grafiken

Langzeitarbeitlosigkei

Langzeitarbeitsoligkeit

Arbeitslosigkeit Wien

Arbeitslosigkeit Wien

 

 

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