[Promedia Verlag] Nachruf auf Erwin Lanc
Erwin Lanc ist tot.
Mit dem ehemaligen Innen-, Außen- und Verkehrsminister verliert die österreichische Sozialdemokratie ihren vielleicht letzten nicht-transatlantisch orientierten hochrangigen Politiker. Er starb am 29. März 2025, knapp vor seinem 95. Geburtstag.
Erwin Lanc war in roter Wolle gefärbt, wie man es zu seiner aktiven Zeit den gestandenen Sozialisten zuschrieb. In den 1970er- und 1980er Jahren konnten sich diese noch nicht vorstellen, dass die nächste, neoliberal-blairistisch ausgerichtete Generation das „S“ im Kürzel der Partei von „sozialistisch“ auf „sozialdemokratisch“ umändern würde. Lanc gehörte zu den tragenden Säulen der Ära Bruno Kreisky. In allen vier seiner Kabinette nahm er prominente Ministerposten ein.
Als Außenminister übte er beispielweise Kritik an den von internationalen Finanzorganisationen wie dem IWF aufgestellten Schuldenfallen für kleinere, strukturschwache Länder. Schon frühzeitig erkannte er darin für Jugoslawien ein exorbitantes Problem, das 20 Jahre später zum Zerfall des Landes beitrug. Das neutrale Österreich sah er als Brückenbauer, in erster Linie zur arabischen Welt. Vom Westen geschmähte und als Terroristen verunglimpfte Staatsmänner wie Yassir Arafat und Muammar Gaddafi wurden 1979 bzw. 1982 zu einer Zeit, als Lanc Innenminister war, in Wien empfangen. Der gegen die NATO-Aufrüstung protestierenden Friedensbewegung zu Beginn der 1980er Jahre stand er mit großer Sympathie zur Seite; und half in seinem Heimatbezirk aktiv mit, die SP-Jugend dafür auf die Straße zu bringen. Im Wiener „International Peace Institute“ nahm er nach seiner Ministerlaufbahn den Vorsitz ein.
Als einer der ersten erkannte Lanc auch die politische Schieflage, in die seine Partei, die SPÖ, nach dem Abgang von Bruno Kreisky geraten war. „Sozialdemokratie in der Krise“ hieß sein 1996 im Promedia Verlag erschienenes Buch. Darin äußert er sich kritisch zur ökonomischen Globalisierung und sieht diese als eine der Ursachen für die gesellschaftliche Atomisierung, die wiederum zum Niedergang der Gewerkschaften beiträgt.
Schon dieser Analyse wegen wird er uns in Erinnerung bleiben.
Hannes Hofbauer & Stefan Kraft für den Promedia Verlag
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