[Österreich][ggae] Stellungsnahme zum Beschluss die Sicherheitsstrategie zu ändern
ÖVP-Grüne-Regierung beschließt neue „Sicherheitsstrategie“ ( https://orf.at/stories/3367719/, 27.8.2024) – doch: Neue „Sicherheitsstrategie“ = eine UNSICHERHEITS-Strategie!
Statt in Zeiten von wieder heißen Kriegen die Neutralität Österreichs hochzuhalten, zu leben und
auszubauen, betreibt die Regierung eine weitere NATO-Annäherung! Als Begründung wird die Gefahr
Russlands für Europa angeführt. Doch wer bedroht wen? Die USA sind weit weg, lassen aber durch
die von ihr dominierten NATO neue Angriffsraketen in Deutschland ab 2025 stationieren. Das
unterstütz auch Österreich durch seine in der „neuen Sicherheitsstrategie“ geplante noch weitere
Kooperation mit der NATO. Das ist eine neutralitätswidrige indirekte Einbindung Österreichs in die
NATO. Das macht Österreich unsicherer statt sicherer, zum Angriffsziel, weil Parteinahme für eine
Seite gegen eine andere.
Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine genauso wie wir die
völkerrechtswidrigen Angriffe/Kriege der USA auf Vietnam (1964 – 1975), Afghanistan (2001), Irak
(2003), oder der USA/NATO auf Jugoslawien (1999) verurteilen. Damals ist Österreichs Politik nicht
auf Distanz zur USA/NATO gegangen, hat nicht den USA/NATO-Bombenkrieg gegen Jugoslawien
verurteilt, diesen nicht als Gefahr für Frieden und Sicherheit in Europa angesehen wie das jetzt bei
Russland der Fall ist. Im Gegenteil: Österreich ist damals nicht aus Protest gegen die Kriegspolitik der
USA/NATO aus der USA/NATO-Kooperation „Partnership for Peace“ ausgetreten, der Österreich 1994
ohne Not beigetreten ist. Was ist das für eine Neutralitätspolitik, die sich auf eine Kriegstreiberseite
stellt, die westliche Kriegstreiber für „gut“ und östliche Kriegstreiber für „böse“ erklärt? Keine! Das ist
eine Politik der (dzt. noch indirekten) Kriegsteilnahme. Das bringt die Gefahr mit sich, immer mehr in
Krisen, Konflikte und Kriege selbst hineingezogen zu werden.
Immerwährende, aktive und engagierte Neutralität – als Lehre aus 2 Weltkriegen – heißt im Gegenteil
– und heute mehr denn je, sich auf keine Kriegstreiberseite zu stellen, sondern gegen die
Kriegstreiber in Ost und West aufzutreten, diese zu benennen und zu verurteilen und auf
Waffenstillstand und Friedensverhandlungen hinzuarbeiten statt einseitig (Kriegs-)Partei zu ergreifen.
Stellungnahme der „Gewerkschafter:innen gegen Atomenergie und Krieg“ – www.atomgegner.at
Anmerkungen Friedi:
Schon die aktuelle Sicherheitsstrategie (siehe Anhang) hat die Neutralität bis auf den Namen ausgehölt und Österreich in den NATO Verbund eingebunden:
„Österreich nimmt seine Gestaltungschancen in erster Linie im Rahmen der VN [Vereinte Nationen sind gemeint], der EU, der OSZE, von Partnerschaften mit der NATO und des Europarats wahr, darüber hinaus in Kooperation mit regionalen Partnern sowie gegebenenfalls in Kooperation mit weiteren geeigneten Akteuren“ ( Sicherheitsstrategie Kap. 2.1.3)
Darin ist zu sehen, dass ohnedies mit jedem einen „Partnerschaft“ eingegangen wird – und das als neutrallitätskonform erachtet wird.
Durch die Lissabonner Verträge der EU wurde die Neutralität aber de Facto abgeschafft:
Die EU hat durch die Schaffung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und deren Vertiefung durch den
Vertrag von Lissabon ihr Potential als Krisenmanagement-Akteur bedeutend ausgebaut. So
wurden die so genannten »Battlegroups« sowie »Civilian Response Teams« als rasch verfüg-
bare Einsatzelemente der EU ins Leben gerufen und die Bandbreite der einschlägigen Aufgaben
(»Petersberg-Aufgaben«) inhaltlich erweitert. Die weltweiten GSVP-Operationen decken
einen breiten Bereich an Krisenmanagement-Missionen ab, vom klassischen Peace-Keeping
über zivil-militärische Einsätze bis hin zu komplexen zivilen Missionen zum Aufbau eines
umfassenden Rechtsstaatssystems. Der Vertrag von Lissabon verpflichtet die Mitgliedstaaten in
diesem Zusammenhang, ihre zivilen und militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern
und diese der EU für die GSVP zur Verfügung zu stellen. Ferner wurden eine gegenseitige
Beistandsverpflichtung im Fall bewaffneter Angriffe, die den besonderen Charakter der Si-
cherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt lässt, und eine
Solidaritätsklausel mit der Verpflichtung zur solidarischen Hilfeleistung bei Terrorangriffen
oder Katastrophen eingeführt. (Sicherheitsstrategie Kap. 2.1.1)
Die Beistandspflicht verletzt die Neutralität. Wer eine Beistandspflicht hat, ist in einem Verteidigungspakt eingebunden.
Im Kapitel 2 steht im Papier zum Thema NATO:
Die North Atlantic Treaty Organization (NATO) wird gemäß ihrem neuen Strategischen Kon-
zept von 2010 zum einen ihre traditionelle Aufgabe als Verteidigungsbündnis fortführen und
zum andern eine größere Rolle im gesamten Spektrum des internationalen Krisenmanagements
wahrnehmen. Dabei arbeitet die NATO im Sinne eines kooperativen Sicherheitsverständnis-
ses eng mit ihren Partnern zusammen, wobei die Partnerschaften – die Partnerschaft für den
Frieden (PfP), der Euroatlantische Partnerschaftsrat (EAPC), Partnerschaften mit EU, VN,
Russland sowie weiteren globalen Partnern – im neuen Strategischen Konzept eine weitere
signifikante Aufwertung erfahren. (Sicherheitsstrategie Kap. 2.1.1)
Diese Sicherheitsstrategie Österreichs, die österreichische Politik, hat durch die Akzeptanz der Lissabonner Verträge Österreich praktisch schon längst zu einem NATO-Mitglied gemacht.
Allerdings ist in diesem Sicherheitskonzept noch Russland als Partner angeführt. Damit ist – zumindest Formal – noch eine gewisse Neutralität für Österreich gegeben. Nun, nach den aktuell angestoßenen Überarbeitungen des Konzepts ist zu befürchten, dass Russland als Partner gestrichen wird. Was dann bleibt ist ein „neutrales Österreich“ im Rahmen des NATO und EU-Beistandspaktes.
Aus meiner Sicht ist das Perverse dabei, dass die Einzigen die auf Österreich militärisch Druck ausüben, die NATO und die EU sind. Russland überfliegt uns nicht mit Waffentransporten, Russland schickt keine Panzertransporte durch Österreich, Russland zwingt uns nicht in Militärpartnerschaften – das hat Russland auch nicht gemacht, als der „Ostblock“ an der burgenländischen Grenze endete. Der Druck zur militärischen Rüstung, zur militärischen „Zusammenarbeit“ geht von der NATO aus.
Ich hoffe, dass die Überarbeitung des Sicherheitskonzepts dazu führt, dass es ein Konzept wird, das die Neutralität wieder ernster nimmt – bin aber Realist genug um zu wissen: Russland fliegt als Partner aus dem Text und Österreich ist NATO-Staat.
Das ist auch im ORF-Beitrag klar zu erkennen:
„Ein dem ORF auf mehr als 50 Seiten vorliegender Letztentwurf sieht unter anderem eine engere Zusammenarbeit mit der NATO und den Ausstieg aus russischem Gas vor.“ ( https://orf.at/stories/3367719/)
An Zwiedenken nicht überbietbar ist etwa folgende Argumentation:
„Als neutraler Staat darf die Republik keinem Militärbündnis angehören, eine Zusammenarbeit mit der NATO ist aber erlaubt. Etwa bei Auslandsmissionen ist das auch der Fall, und das soll künftig auch ausgebaut werden.“ ( ebd.)
Verstehe: Wir marschieren dann nicht in Russland ein, sondern machen eine Auslandsmission. Was die russische Politik „Spezialoperation“ nennt, nennen wir Österreicher nun „Auslandsmission“! Würden unsere Rechtsverdreher nur die gleiche Kreativität entwickeln, wenn es darum ginge Frieden zu schaffen.
Leider sind wir als Bevölkerung nur Zaungäste bei diesen orwellschen Spiel. Verhindern können wir da leider kaum etwas. Ob SPÖ oder ÖVP, NEOS oder gar die GRÜNEN – die spielen da fleißig mit – zu schön ist dieses Säbelrasseln.
Vermutlich sind die KPÖ oder die LMP die Einzigen, die hier einen anderen Weltzugang haben.
Sicherheitsstrategie Österreichs 2013 als PDF: sicherheitsstrategie_oesterreich
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