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Der neue Antisemitismus: Akademischer Anitsemitismus

Bloged in Allgemein,Diskussion by friedi Donnerstag Dezember 21, 2023

Eigentlich ist der Begriff Antisemitismus für die aktuelle Israelkritik nicht wirklich angebracht – aber er ist historisch so gut eingeführt, dass es schade wäre, ihn aufzulassen. Darum wird der Begriff nun von einer medialen Clique neu aufgeladen. Antisemitismus ist alles, was Kritik an der israelischen Staatsführung wagt.

Die jüngste Variante dieses neuen Antisemitismus war heute (21.12.2023) in Ö1 zu hören: Der akademische Antisemitismus (siehe: https://oe1.orf.at/player/20231221/743262 ca. 7:43 [abgerufen am 21.12.2023]). Nachzulesen sind die Erklärungen unter https://science.orf.at/stories/3222733/ [abgerufen am21.12.2023])

Damit hat man nun die gesamte nichtjüdische Bevölkerung als Antisemiten erfasst: Die sogenannten bildungsfernen Schichten am Biertisch und nun auch die Akademiker, die in der Analyse der Vorgänge im Nahen Osten nicht umhin kommen, Israel zu kritisieren. Veröffentlicht wird diese Darstellung von science-ORF und damit wird dieser neue akademische Antisemitismus natürlich auch gleich wissenschaftlich als historisch tradiert ausgewiesen – vor allem mit dem Fokus auf die linken Kräfte.

„Dabei hat auch er [der linke Antisemitismus] eine lange Tradition. Manche meinen, dass schon Karl Marx‘ Werk “Zur Judenfrage“ von 1844 antisemitisch war.“ (ebd.)

Ja, ja! Der Jude Karl Marx war ein Antisemit. Unglaublich aber der ORF macht’s wissenschaftlich möglich. Ich glaube allein an diesem Beispiel wäre schon zu sehen, dass es nicht um Antisemitismus als rassistische Ideologie gegen jüdische Menschen geht, sondern um Meinungsunterdrückung. Da kann dann auch schon die Kritik eines Juden an der Gesellschaft als antisemitisch gewertet werden.

Kurz: Vor dem neune Antisemitismus ist nun niemand mehr gefeit: Kein Bildungsferner, kein Akademiker und auch kein Jude. ORF-Science legt das ganz wissenschaftlich dar. Darum führt der ORF ja auch weiter aus:

„Judenfeindschaft begleitete jedenfalls danach die von Marx geprägte Arbeiterbewegung oft – auch wenn nicht wenige ihrer Vertreter und Vertreterinnen selbst jüdischer Abstammung waren.“ (ebd.)

Besonders die politisch linken Kräfte sind nun als antisemitisch identifiziert, wenn sie sich gegen die Apartheidspollitik Israels richten. Die Wurzel dieses Antisemitismus leitet ORF-Science aus der Geisteshaltung der Befreiungsbewegung – also der antiimperialistischen Grundhaltung der Linken her, die nun im Postkolonialismus irrtümlich überall Unterdrückte sieht. Dieses irrtümliche Denken der Linken erklärt ORF-Science verkürzt wie folgt:

„Sehr verkürzt könnte man dieses Denken so zusammenfassen: Die Kolonialstaaten sind ausschließlich Täter, die kolonialisierten Länder ausschließlich Opfer. Der Westen hat das, was heute unscharf, aber doch „globaler Süden“ heißt, nicht nur ausgebeutet, sondern in gewisser Weise auch ideologisch erfunden – als untergeordneter Gegensatz zu sich selbst. Deshalb stehen alle Ideen dieses Westens – und seien es hehre wie universale Menschenrechte – unter Verdacht, letztlich doch nur verkappte Machtinstrumente zu sein, die an der strukturellen Ungleichheit der Welt nichts ändern wollen.“ (ebd.)

Gemäß ORF müsste also jeder sehen, dass die kolonialisierten Länder gefälligst selber die Täter waren – mit Ausnahme natürlich von Israel: Das ist das ewige Opfer – egal wieviele Zivilisten sie abschlachten und welche Ethnien sie unterdrücken. Da gilt eben die angedeutete Täter – Opfer Umkehrung: Die Palästinenser sind selber schuld, wenn sie unterdrückt werden – und die Unterdrücker? Das sind die Opfer. Die Opfer des Geschichtsverlauf. Jüdischer Terror bei der Staatsgründung Israels: Da sind die Engländer selber schuld. Palästinensischer Terror beim Kampf um ihr Land: Purer Antisemitismus. Bei ORF-Science liest sich das so:

„Dass Israel selbst auch eine Folge des europäischen Rassismus und seines schrecklichen Höhepunkts, der Schoah, ist, wird dabei eher unter den Tisch gekehrt oder relativiert.“ (ebd.)

Dass Israel ob seiner Politik in der UNO das häufigst verurteilte Land ist, wird dabei nicht der israelischen Apartheidspolitik zugeschrieben, sondern einem Antisemitismus der UNO. Kritik an der, in Folge von Antisemitismus-Vorwürfen erfolgten Zensurmaßnahmen – auch im Kusnst-Sektor etwa bei der Dokumenta in Kassel – wird als „Lamento über angebliche Denk- und Redeverbote – allesamt Denkfiguren, die man auch aus dem rechten Antisemitismus kennt“ (ebd.) abqualifiziert.

Natürlich endet der ORF-Artikel relativistisch – er soll ja wissenschaftlich und nicht meinungsmanipulierend sein. Nachdem zuvor wortreich der Antisemitismus unterstellt wurde – gerade den Linken und den Intellektuellen – endet der Artikel wie folgt:

„Damit vielleicht zum letzten Punkt: Seit vielen Jahren wird auch akademisch darüber diskutiert, was Antisemitismus überhaupt ist. Es gibt auf der einen Seite die Definition der IHRA (Internationale Allianz zum Holocaustgedenken), die explizit auch den Staat Israel als Ziel von antisemitischen Angriffen anführt. Dieser Definition folgt etwa das offizielle Österreich. Demgegenüber steht seit rund drei Jahren die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus, die unter anderem betont, dass Kritik an Israel nicht per se antisemitisch sein muss. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die Diskussion – aktuell besonders hitzig, und das wird sich wohl nicht so rasch ändern. „ (ebd.)

Das ist das aufklärerische an ORF-Science: Wortreich eine gewisse Haltung als antisemitisch darzustellen und dann kurz wissenschaftlich korrekt den Begriff zu relativieren.

Was dabei nicht zur Sprache kommt ist die Politik Israels. Eine Politik die 10.000te Zivilisten umbringt und im eigenen Land nichtjüdische Staatsbürger diskriminiert.

Aus meiner Sicht: Wenn man den Demonstranten gegen die israelische Politik und Kriegsführung Antisemitismus vorwirft, genügt es nicht, über den Begriff des Antisemitismus zu reflektieren. Es müssten zumindest die kritisierten Fakten auftauchen und entkräftet werden um dann nachzuweisen, dass hier nicht berechtigte Kritik geäußert sondern rassistischen Gefühlen freier Lauf gelassen wurde. Allerdings dürfte dieser Nachweis bei der Politik Israels schwer zu führen sein. Allein Gaza ist ein Mahnmal für israelische Menschenrechtsverletzungen.

Graz, 21.12.2023, W.Friedhuber

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