Neo-Kolonialkrieg: FRANKREICH – MALI
Neo-Kolonialkrieg unter gut begründetem Vorwand der islamistischen Terrorbekämpfung
„Nur die Terrorismusbekämpfung ist unser Ziel“ Mit diesen Worten verkündete Frankreichs Präsident Francois Hollande am 12. Januar, dass er der Bitte des amtierenden malischen Interimspräsidenten Dioncounda Traoré um unmittelbare militärische Unterstützung der ehemaligen Kolonialmacht (Frankreich zog nach über 67 Jahren 1960 ab) nachgekommen sei.
Die Bedeutung liegt vor allem auf dem Wörtchen „nur“. Als ob er die Kritiker vom Anbeginn an beschwören müsste, weiß er doch genau, dass das Gegenteil dahinter steckt: nämlich eine wahrscheinlich langfristige Präsenz
„wir werden solange bleiben wie es notwendig ist“ der französischen Truppen mit dem Hintergrund einen gesicherten Zugang zum Abbau der Rohstoffe in dieser sehr reichhaltigen Region zu schaffen. Zahlreiche Multis warten ungeduldig auf eine einigermaßen gesicherte Ausplünderung der nicht nur von den Chinesen begehrten Rohstoffe südlich der Sahelzone.
Zitat: General Vincent Desportes spricht dieses Ziel auch offen aus: ( Le Monde 15. Januar 2013 )
„Dieser Konflikt ist legitim und lebensnotwendig für die Sicherheit der Franzosen (6000 leben in Bamako). Wir können unsere Lebensweise und unseren Wohlstand nicht aufrecht erhalten, wenn wir nicht bereit sind außerhalb des nationalen Territoriums bei der Stabilisierung und Krisenbewältigung teilzunehmen, wenn wir nicht die Bedrohungen, die im Inland auf uns zukommen von der Wurzel her ausrotten.“
Der günstigste Zeitpunkt schien nun gekommen zu sein, die Intervention umzusetzen, nachdem sie seit einem Jahr vorbereitet worden war. Alles lag bestens auf dem Tisch: der UN-Sicherheitsrat gab grünes Licht und die UN-Resolution 2071 bietet die Grundlage dafür.
Die Westafrikanische Wirtschaftsunion Ecowas sollte 3500 Soldaten auf die Beine stellen, um die daniederliegende malische Armee ( 6000 Soldaten, die kaum noch bezahlt worden waren; dafür aber putschten: Soldaten hatten gegen den ehemaligen Präsidenten Amadou Toumani Touré, im März 2012 mit der Begründung, er ließe das Militär verkommen und setze sich nicht für die Einheit des Landes ein, geputscht ) zu Hilfe zu eilen. Es wird wohl noch einige Monate dauern bis dies umgesetzt ist. Zur miserablen wirtschaftlichen Situation war es in den letzten 15 Jahren vor allem auch durch die Strukturanpassungsprogramme des IWF gekommen, der das Land in die Schuldenzange nahm, was keine wirtschaftliche Entwicklung ermöglichte.
Die drei islamistischen Gruppen :Al-Qaida im islamischen Maghreb (Aqmi).und zwei Abspaltungen; Ansar al-Dine (Verteidiger des Glaubens) sowie die eng mit dem Terrornetz Al-Qaida verbundene Gruppe Mujao (Bewegung für Einheit und den Dschihad in Westafrika), die den Norden Malis seit Juni 2012 unter Kontrolle hatten, nachdem sie die Tuareg, die als säkulare, laizistische Gruppe die Islamisten bekämpfen, zuvor einen unabhängiges Land ausgerufen hatten, ausschalteten und die Bevölkerung mit talibanschem Islam drangsalierten, hatten gehofft, dass Frankreich nicht so rasch reagieren würde. Sie waren drauf und dran auf die 500 km südlicher – von der Schlüssel-Stadt Konna – gelegene Hauptstadt Bamako vorzurücken, um aus dem Land auch ein Trainingslager für Djihadkämpfer zu machen und Vorbereitungen für Attentate in Frankreich selber zu planen. Soweit die Befürchtungen Frankreichs.Schon 2007 war die Gruppe Aqmi zu diesem Ziel gegründet worden und sie hatte verlangt, dass Frankreich seine Truppen aus Afghanistan abzieht.
Seit Jahren plagen sich die französischen Regierungen mit Geiselnahmen durch terroristische Gruppen von Mauritanien bis Somalia. Die am 11. Januar 2013 zeitgleich mit der Militärintervention in Mali vom französischen Geheimdienst versuchte Geiselbefreiung in Somalia war ein Mißerfolg. Zwei Tote auf der französischen Seite und 17 Tote auf Seite der Geiselnehmer.Von den 8 derzeit in Geiselhaft befindlichen Franzosen sind 7 in der Sahelzone.
Und Francois Hollande schüttete weiter Wasser auf die Mühlen der Terroristen, indem er in einer Pressekonferenz am 16. Januar auf die Frage eines Journalisten, was mit den Djihadisten geschehen soll, antwortete: „zerstören, und wenn es geht werden wir auch Gefangene nehmen.“
Inzwischen beginnt sich die Spirale : Gewalt durch Krieg, Terror als Anwort, Verstärkung der Intervention, neue Geiselnahme, schneller zu drehen. Am 16. Januar kam es zu einer weiteren Geiselnahme in Algerien in einer an der libyschen Grenze gelegenen Gasförderstätte IN AMENAS. Der Führer der algerischen Al Qaidagruppe Mochtar Belmochtar bekannte sich zur Geiselnahme und begründete sie damit, dass dies eine Reaktion auf die von der algerischen Regierung gestatteten Überflugsrechte für die französischen Kampfflieger nach Mali ist. Sie forderten den sofortigen Abzug der französischen Militärs aus Mali.
Auch diese Geiselnahme endete blutig – dutzende Geiseln sowie zahlreiche Geiselnehmer kamen beim Befreiungsversuch am Tag nach der Geiselnahme durch die algerische Luftwaffe ums Leben. Nach der militärischen Internationalisierung des Konfliktes in Mali ist nun den bewaffneten islamistischen Gruppen trotzdem die Ausweitung auf internationaler Ebene gelungen.
Der Weg führt direkt von und wegen der Libyenbombardements vor eineinhalb Jahren zur Intervention in Mali heute
General Vincent Despotes meint diesbezüglich: „Es gibt tausende gut bewaffnete Kämpfer nur deswegen, weil sie die Waffenlager Gadafis im Libyenkrieg leeren konnten. In diesem Sinne ist unsere Intervention in Mali nur der 2. Teil des Krieges in Libyen.Wenn es den Libyenkrieg nicht gegeben hätte, gäbe es keinen Krieg in Mali.Die malischen Tuareg-Söldner Gadafis waren es, die nach Nordmali zurückgekehrt sind und diesen destabilisiert haben.“
Viele Kriegsunterstützer
Obwohl Präsident Hollande ohne vorherige Debatte im Parlament die Intervention in Mali beschloß, wurde sie am 16. Januar von allen Parteien im Parlament und im Senat befürwortet. KP und Grüne verurteilen die Intervention nicht explizit.
Aktuell wird die Intervention in der Bevölkerung breitest akzeptiert und auch in Mali selbst, da den 15 Millionen Bewohnern Malis, – davon die Hälfte unter 15 Jahre alt – die Anwesenheit einer ehemaligen Kolonialmacht lieber ist, als die Unterdrückung durch die Salafisten.
Die USA ist ganz dafür und unterstützt vor allem mit Nachrichtendiensten, die den Franzosen fehlen. GB und D schicken zwar keine Truppen, sind jedoch mit der Logistik dabei.
Wenige Gegner
Klar dagegen hat sich die NPA Neue Antikapitalistische Partei und Mélenchon von der Linksfront hat sich kritisch geäußert.
„Die NPA verurteilt die von Hollande beschlossene Militärintervention, die einmal mehr der Bevölkerung schaden wird. So werden sich die Malier sicher nicht von jeder Art des Fundamentalismus befreien können. “
Welche Strategie verfolgt Frankreich gegenüber diesen drei Gruppierungen
Die Anrainerstaaten sollen angehalten werden die Grenzen zu schließen, was bisher nur Algerien mit seiner über 1300 km langen Südgrenze gemacht hat. Die Al Qaidakämpfer sollen eingekesselt und unschädlich gemacht werden. Diese Strategie Frankreichs könnte wahrscheinlich deswegen nicht aufgehen, weil den leicht bewaffneten sehr mobilen Gruppierungen ein Wüstengebiet nordwestlich in Mali so groß wie ganz Frankreich zur Verfügung steht und da sie mit ihrer Guerillataktik keine Angriffsfläche für eine klassische Armee bilden, könnten sie untertauchen.
marx21.de – Französische Linke gegen Krieg in Mali
http://marx21.de/content/view/1825/32/
Johann Schögler 17. 01. 2013
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