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[Afrika] Abwendung vom „Westen“

Bloged in Allgemein,Krise by friedi Freitag September 15, 2023

Unter dem Titel „Sahel – Aufstand der Autonomisten“ analysiert Le Monde diplomatique die politischen Vorgänge in der afrikanischen Sahelzone.

Eine „Epidemie“ mit hohem „Ansteckungsrisiko“ – so lautet die Diagnose, die uns verzweifelte Kommentatoren über die Serie von Staatsstreichen auftischen, die seit 2020 in sechs Ländern Afrikas stattgefunden haben: je zwei in Mali und Burkina Faso, einer im Tschad, in Guinea, Niger und zuletzt Gabun. (Le Monde diplomatique, 7.9.2023)

Zusammefassung des Artikels:

Die treibende Kräfte hinter dieser „Epidemie“ sind kurz gesagt zwei Faktoren: Das Versagen der Zivilregierungen und die Überheblichkeit des „Westens“ speziell von Frankreich.

Die Serie von Staatsstreichen markiert vor allem das Ende zweier Entwicklungen. Zum einen das Ende der zehnjährigen Periode, in der die Bewältigung der Sicherheitskrise, unter der die Region zu leiden hatte, unter der Obhut Frankreichs und der UN internationalisiert wurde. (Le Monde diplomatique, 7.9.2023)

Dies führt zu dem, was im Artikel als Streben nach Autonomie bezeichnet wird. Die afrikanischen Länder wollen sich nicht mehr vorschreiben lassen, wie sie Regiert werden – noch dazu, wo die vom Westen bevorzugte Demokratie zu Zivilregierungen führte, die weder Ruhe und Ordnung aufrecht halten konnten noch die Armut bekämpfen konnten.

Korruption und Ausbeutung ist der Alltag. So sichert sich etwa Frankreich das Uran aus Niger zu einem sehr niedrigen Preis. Aber nicht nur Frankreich ist das Feindbild. Auch die UNO-Truppen führen zu einer Schattenwirtschaft welche sich abgekoppelt von den Menschen entwickelt.

In diesem krisenhaften Umfeld dient das Instrument Putsch sozusagen der Anpassung an die Krise des Staats wie an die Krise der Demokratie. (Le Monde diplomatique, 7.9.2023)

Korruption, Armut und Ausbeutung leisten dem Wunsch nach einem „starken Mann“ – nach einer starken autoritären Regierung nun Vorschub. Das Militär oder auch der IS bieten sich dafür an.

So wird von der Bevölkerung selbst der IS nicht durchgängig abgelehnt, da er – zwar mit grausamen Mitteln – aber doch für stabile Verhältnisse sorgt.

In den von ihnen beherrschten Gebieten stellen sie auf den Trümmern des Staats wieder eine Art Ordnung her, wenn auch mit Willkürmaßnahmen und nackter Gewalt. Die neuen Herren schaffen auf Basis der Scharia Rechtsinstanzen, schützen Händler, schlichten Konflikte um Grundbesitz und gründen Schulen, wenn auch Mädchen häufig deren Besuch verwehrt bleibt. (Le Monde diplomatique, 7.9.2023)

Gleichzeitig versuchen die Staaten bzw. ihre autoritären Regierungen dem „Wertewesten“ zu entkommen und gehen Verträge mit China oder Russland ein. Sowohl China als auch Russland sichern sich damit Rohstoffquellen – sie sind da also nicht viel besser als Frankreich oder der Westen allgemein – aber sie mischen sich weniger in das Staatsgeschehen ein.

Im Scheitern des internationalen militärischen Engagements in der Sahelzone äußert sich die globale Krise des Multilateralismus. Speziell die Zurückweisung Frankreichs in Afrika und die gleichzeitige stärkere Einflussnahme Chinas, Russlands und der USA – Letztere sind seit dem Putsch sehr aktiv in Niger – stehen exemplarisch für die Neugestaltung der internationalen Beziehungen. (Le Monde diplomatique, 7.9.2023)

Zwar sprechen die Putschisten meist von einer „Übergangszeit“ nach der wieder demokratische Wahlen erfolgen sollen, aber diese Zeit ist nicht festgelegt. Le Monde diplomatique stellt generell die Frage, ob die Länder überhaupt demokratisiert werden können.

Aber lassen sich Staaten überhaupt demokratisieren, die so stark von anderen Ländern abhängig sind? Fast 55 Prozent des nigrischen Staatshaushalts stammen aus dem Ausland.6 Armut und Ungleichheit tragen zur weiteren Schwächung des Staats bei. (Le Monde diplomatique, 7.9.2023)

Durch das Versagem bei der Lösung von Terror, Krieg, Ausbeutung und anhaltende Armut sind in der Bevölkerung fast alle bisher beteiligten Institutionen, angefangen von UNO bis hin zur AU (Afrikanische Union) desavoiert. Anscheinend aus diesem Grund wendet man sich China oder Russland zu. Ob aber die Putschisten die Lage für die Menschen wirklich verbessern bleibt offen. Immerhin sind auch die Putschisten korrupt. Als Beispiel für diesen Zweifel ob die Putschisten die Lage wirklich verbessern werden nennt Le Monde diplomatique den nun ernannten Premierminister von Niger.

Der Mann, den die Putschisten in Niger am 7. August zum Pre­mier­minister ernannten, ist ein ausgewiesener Ökonom. Ali Lamine Zeine hat sein Land bei der Afrikanischen Entwicklungsbank vertreten und in den nuller Jahren am Dialog mit den internationalen Finanzinstitutionen teilgenommen. In dieser Funktion verteidigte er jahrelang genau die Politik, die den afrikanischen Staaten seit ihrer Unabhängigkeit die Luft abgeschnürt hat. (Le Monde diplomatique, 7.9.2023)

Eine eindringliche Darstellung der Lage der Staaten in der Sahelzone ist auch der jungen Welt zu entnehmen. Die junge Welt vom 14. September 2023 hat einen zweiteiligen Artikel dazu gebracht:

Teil 1 : https://www.jungewelt.de/artikel/458464.imperialismus-niger-vorteile-sichern.html?sstr=Lektion%7C%C3%BCber%7CSouver%C3%A4nit%C3%A4t

Teil 2: https://www.jungewelt.de/artikel/458538.imperialismus-souver%C3%A4n-und-abh%C3%A4ngig.html?sstr=Dillmann

 

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