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[R. Brunath/Antispiegel] Berlusconi – ein Nachruf

Bloged in Allgemein by friedi Dienstag Juni 20, 2023

Italien und die Welt haben Abschied vom Patriarchen der europäischen Politik, Silvio Berlusconi, genommen.

„Silvio Berlusconi war gewiss ein Politiker, ein Unternehmer, ein Mann mit einem Heiligenschein aus Ruhm“, sagte u.a. Mario Enrico Delpini, der Erzbischof von Mailand und er zitierte den Betrauerten weiter: „Europa muss früher oder später – ich weiß nicht, wann das sein wird – seine Türen für Russland öffnen, damit Russland ein vollwertiges Mitglied wird.“

Auf dem Forum in St. Petersburg erinnerte Putin an Berlusconi: „Er hat viel zum Aufbau normaler, langfristiger Beziehungen zwischen Russland und den NATO-Ländern beigetragen. Er war eine Persönlichkeit von Weltformat.“

Trotz des Hasses, der ihm von seinen politischen Konkurrenten und deren Medien entgegenschlug (Korruption, Orgien mit Minderjährigen, Interessenkonflikte, Zeugenbestechung), hat er sich sein Leben lang über Wasser gehalten: viermaliger Ministerpräsident Italiens, Milliardär und langjähriger Eigentümer des Fußballclubs AC Mailand, Vorsitzender seiner Partei Vorwärts Italia und Gründer eines Medienimperiums. Er wurde angeklagt und wieder freigesprochen. Nie war er im Gefängnis. Und seine Interviews darüber füllten die Tagespresse: „In absoluten Zahlen ausgedrückt, bin ich die am meisten juristisch verfolgte Person aller Zeiten“ Und Berlusconis Verteidigungslogik war eisern: „Wenn ich mich um die Interessen aller kümmere, wie auch um meine eigenen, kann von einen Interessenkonflikt keine Rede sein.“

Bescheidenheit war nicht seine Zier: „Ich sage mit aller Aufrichtigkeit, dass ich mich für den besten Ministerpräsidenten halte, den die italienische Republik in ihrer 150-jährigen Geschichte hatte“, verkündete er einmal. „Ich bin der Jesus Christus der Politik. Ich bin das geduldige Opfer, ich ertrage alle, ich opfere mich für alle.“

Seine Satiren waren treffend: „Ich habe Präsident Putin gesagt, dass Barack Obama alles hat, um zu verhandeln. Er ist jung, sieht gut aus und ist sogar gut gebräunt.“

Ebenso treffend war sein unabhängiges Denken; „Wenn ich Premierminister wäre, würde ich niemals mit Selensky sprechen, ich würde niemals zu ihm gehen, denn wir sind Zeugen der Zerstörung seines Landes. Es hätte gereicht, wenn er die Angriffe auf die beiden autonomen Republiken des Donbass eingestellt hätte, dann wäre das alles nicht passiert. Ich bewerte das Verhalten dieses Herrn also sehr, sehr negativ…“

Berlusconi besuchte Putin schon ein Jahr nach der Wiedervereinigung der Krim mit Russland auf der Halbinsel. Europa schauderte vor Hass. Berlusconi zeigte sich beeindruckt von seiner Reise auf die Krim: „In einer Zeit, in der die Welt insgesamt einen Mangel an Führungspersönlichkeiten erlebt, ist Putin die absolute Nummer eins. Ich habe Putin gebeten, dass wir uns allein, ohne Leibwächter, unter das Volk begeben. Sie hätten die Liebe und Sympathie sehen sollen, mit der er begrüßt wurde. Frauen stürzten sich weinend in seine Arme und dankten ihm.“ Anschließend urteilte er: „Putin ist ein Mann, der andere respektiert, er ist nachdenklich, er ist ein zutiefst liberaler Mann, der sein Wort hält. Er ist ein echter Demokrat. Ich betrachte ihn fast als meinen kleinen Bruder. Ich habe eine sehr gute Freundschaft mit ihm, und heute ist er zweifellos die Nummer eins in der Welt.“ Und hier ist einer seiner letzten Scherze, Flaschentausch an Geburtstagen: „Ich habe die Beziehungen zu Putin wieder aufgenommen. Er schickte mir 20 Flaschen Wodka und einen sehr netten Geburtstagsbrief. Ich antwortete mit Flaschen Lambrusco und einem ebenso netten Brief. Ich kannte ihn als einen Mann des Friedens und des gesunden Menschenverstands.“

Lambrusco ist der berühmte rote Schaumwein aus Italien. Ein Symbol für den Hedonismus1, der Berlusconi sicher nicht fremd war. Er hatte schon immer eine Vorliebe für Frauen.

Berlusconis Sinn für Humor war bissig und kompromisslos. Hier zum Beispiel über Margaret Thatcher: „Wenn sie eine hübsche Frau gewesen wäre, hätte ich mich an sie erinnert.“

Und über Trump: „Ich mag Trump? Blödsinn, ich mag Trumps Frau.“

Auch Macron kam nicht gut weg: „Macron ist ein brillanter, hübscher Junge, der natürlich das Glück hat, eine schöne Mutter zu haben, die ihn an der Hand führt.“

Verständlicherweise gab es auch Skandale. Aber die ließen ihn kalt.

Generell war Berlusconi bei Formalitäten pietätlos. Er verhielt sich immer direkt, was man entweder als grob oder als süße Einfalt bezeichnen kann, das ist eine Frage der Wahrnehmung. Im Jahr 2009 ließ Berlusconi die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warten, als er zu ihr kam. Merkel trat vor, um Berlusconi zu begrüßen, aber sein Telefongespräch mit Erdogan erwies sich in dem Moment als wichtiger. Also musste Merkel warten.

Offiziell war Berlusconi zweimal verheiratet. Seine erste Frau war Carla Elvira Dell’Oglio. Mit ihr bekam er seine Tochter Maria Elvira und seinen Sohn Pier Silvio. 15 Jahre später trat die Schauspielerin Veronica Lario in Berlusconis Leben. Nach einer 10-jährigen Beziehung heirateten sie im Dezember 1990. Sie hatten drei weitere Kinder, die Töchter Barbara, Eleonora und Sohn Luigi. Die Beziehung dauerte mehr als 30 Jahre. Danach wurde sein Leben abwechselungsreich. Im Jahr 2014, kam das 28-jährige Model Francesca Pascale, und schon 2020 war die dreißigjährige Marta Fascina aus Kalabrien seine Favoritin.

Berlusconi schämte sich nicht für seine Begeisterung für Frauen. Er badete in diesen Beziehungen. Ohne jemanden zu verärgern, benahm er sich verschwenderisch. Es ist schwer vorstellbar, dass Berlusconi auf einem Motorroller mit getöntem Helm und einem Leibwächter hinter ihm im Schutz der Nacht zu seiner Geliebten fuhr. Nun, so wie es der französische Präsident Hollande getan hat. Das ist passiert. Die Paparazzi hielten die geheime Route in allen Einzelheiten fest. Und Berlusconi zeigte sich unbeeindruckt und gönnerhaft: Seine Zahnärztin Nicole Minetti wurde Abgeordnete in der Lombardei. Die Tänzerin Barbara Matera wurde Europaabgeordnete. Und „Miss Italien“ Mara Carfagna, der Star der Männermagazine, trat sogar als Ministerin für Chancengleichheit in seine vierte Regierung ein, nachdem sie 2008 mit dem Ministerpräsidenten intim geworden war. Sie galt als die schönste Ministerin der Welt. Berlusconi war zu diesem Zeitpunkt erst 72 Jahre alt.

Im Jahr darauf ein Skandal. Das 17-jährige Model Noemi Laetitia erhält vom Ministerpräsidenten eine goldene Halskette mit Diamanten geschenkt, vielleicht für Freizügigkeiten ihrerseits. Danach wurde der 74-jährige offiziell wegen „Unmoral“ angeklagt, weil angeblich auf seinen berühmten Bunga-Bunga-Festen Orgien stattfanden. Abendessen, erotischer Tanz, Striptease mit Maske und Kostüme von Stewardessen und Dienstmädchen. Dann, so wurde geschrieben, nahm Berlusconi eines oder mehrere der Mädchen mit in seine Gemächer und gab den anderen Geld oder Geschenke.

Darüber witzelte der 74-jährige Berlusconi nur: „Ich kann zwar manchmal rummachen, aber 33 Frauen in zwei Monaten ist ein bisschen viel, selbst für einen Mann in den Dreißigern. Außerdem sollte man auch Wünsche der Frauen berücksichtigen. Warum sollten sie so ignoriert werden? Ist das etwa gerecht?“ Und weiter: „Hier gibt es eine ganze Schlange von Frauen, die davon träumen, mich zu heiraten. Und ich glaube, ich weiß auch warum. Erstens bin ich lustig, nicht wahr? Zweitens bin ich wohlhabend. Drittens gibt es das Gerücht, dass ich gut im Bett bin. Und viertens denken diese Frauen alle ungefähr das Gleiche: Er ist alt, er wird bald sterben, und dann erbe ich alles“, sagte der Politiker vor einem lachenden Publikum.

Berlusconi wurde zunächst zu sieben Jahren Gefängnis und einem lebenslangen Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden, verurteilt, aber schließlich sprach das Mailänder Berufungsgericht Berlusconi „wegen unzureichender Beweise und fehlendem corpus delicti vollständig frei.

Aber solche Skandale zeigen Berlusconis Persönlichkeit lange nicht erschöpfend auf. Er war ein Zeitgenosse und Weggefährte von europäischen Größen wie dem französischen Präsidenten Jacques Chirac und dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Jacques Chirac – nur scheinbar ein Detail – übersetzte den Roman in Versen Eugen Onegin von Alexander Puschkin ins Französische. Chirac sprach sich gegen die anglo-amerikanische Aggression im Irak aus, und als sich die EU-Beitrittskandidaten Bulgarien und Rumänien dafür aussprachen, bemerkte er bissig: „Diese Länder haben heute die große Chance verpasst, zu schweigen“.

Putin erinnerte sich in diesen Tagen in St. Petersburg an Chirac: „Was Chirac betrifft, so war er ein Mann mit im wahrsten Sinne des Wortes enzyklopädischem Wissen. Einige der heutigen Staatsoberhäupter haben nicht einmal eine Hochschulausbildung, aber das ist eine Besonderheit des politischen Systems in einigen Ländern heute, dass es Menschen mit, sagen wir mal, einer schwachen Allgemeinbildung und einem geringen kulturellen Niveau an die Spitze bringt. Jacques Chirac gibt es auch nicht mehr, er war eine große politische Persönlichkeit. Ich habe ihn mal gefragt: Warum handelt die amerikanische Führung in manchen Fällen so aggressiv und so kurzsichtig? Er antwortete mir auf Russisch: „Weil sie unkultiviert sind.“ Das waren seine Worte.“

Heute ist Europa fleischlos, was Berlusconi in seiner typischen Unverblümtheit ansprach: „Die gesamte italienische Politik ist in Schwierigkeiten, weil es keine wirklichen Führungspersönlichkeiten gibt, ich sage noch mehr, die gesamte westlich gefärbte Weltpolitik. Schauen Sie, was in Europa passiert, vor allem in Deutschland, wo niemand gewonnen hat und Scholz eine neue Regierung bildet. Aber ich kenne ihn gut und ich versichere Ihnen, er ist ein Politiker mit bescheidenen Fähigkeiten. Zu bescheiden, um ein großes Land wie Deutschland nach 16 Jahren Angela Merkel zu führen. Kürzlich erhielt ich einen Anruf von meinem Freund Putin, der mir gratulierte. Ich habe ihm Folgendes gesagt: ‚Vladi, du kennst mich, ich bin aufrichtig, du bist der einzige herausragende Führer, der in der Welt noch übrig ist.‘ Wir haben gelacht, aber ich scherze nicht, das ist die Wahrheit“.

Und der Rest? Wie gefällt Ihnen, wie Ursula von der Leyen, die gelernte Gynäkologin, später deutsche Verteidigungsministerin und jetzt Chefin der EU-Kommission, über hochtechnische Dinge spricht? Die ist doch eine komplette Idiotin! Chips werden im Prinzip nur einmal verwendet, und einen Chip rauszureißen, bedeutet, ihn zu zerstören. Aber sie sagt Folgendes: „Die russische Armee nimmt Chips aus Geschirrspülern und Kühlschränken, um militärische Geräte zu reparieren. Sie haben keine Halbleiter mehr. Die russische Industrie liegt in Schutt und Asche! Und jetzt wird niemand in Europa den Mut haben, zu erklären, dass alle von der Leyen’schen Konstruktionen von Natur aus verlogen sind.“

Keiner war vor Berlusconis bissigem Humor sicher: „Dieser Chef der europäischen Diplomatie Borrell, der im Flecktarn entweder angeln geht oder in den Krieg zieht, der Europa in rassistischer Sprache einen „gepflegten Garten“ und den Rest der Welt einen „Dschungel“ nennt.“

oder Boris Johnson

„Dieser Clown, dem diese Woche im britischen Parlament wegen wiederholter Lügen unehrenhaft das Parlamentsmandat entzogen wurde. Dabei hat die britische Presse Boris Johnson als den größten Lügner der Geschichte bezeichnet. Aber warum nur ihn? Ist Tony Blair, der den Irak-Krieg unter einem wissentlich falschen Vorwand begonnen und das in einer Untersuchung zugegeben hat, ein weniger großer Lügner?“

oder sein College Cameron

der mit dem Brexit alle in Angst und Schrecken versetzte, es zu einem Referendum kommen ließ und dann plötzlich sagte, er sei eigentlich gegen den Austritt aus der EU,

oder die ahnungslose Liz Truss

die in ihrem ersten Monat als Premierministerin so viel Mist gebaut hat: Sie ließ das Pfund abstürzen und verkündete bei einem Treffen mit Lawrow, dass Großbritannien die Souveränität Russlands über die Region Woronesch niemals anerkennen werde.

oder Annalena Baerbock

mir ihrer unglaublichen Unwissenheit: „Wir müssen die verschiedenen Methoden der Kriegsführung sorgfältig analysieren, denn dies ist kein reiner Panzerkrieg wie im 19. Jahrhundert, es ist ein hybrider Krieg!“, sagte sie. Im 19. Jahrhundert gab es keine Panzer.

oder nochmals die feministische Außenministerin

„Präsident Putin kann seine eigenen Entscheidungen treffen und seinen Kurs um 360 Grad ändern.“ Nun, ist die keine Idiotin? Wenn man den Kurs um 360 Grad ändert, bleibt der Kurs derselbe.

Und sie hat in Erdkunde geschlafen

„Was sind die Folgen für ein Nachbarland oder ein Land, das Hunderttausende von Kilometern entfernt ist?“ Es gibt kein Land, das Hunderttausende von Kilometern entfernt ist. Die Länge des Äquators beträgt 40.000 Kilometer. Der am weitesten entfernte Punkt von jedem von uns ist also 20.000 Kilometer entfernt. Von welchen hunderttausend Kilometer entfernten Ländern faselt die deutsche Außenministerin Baerbock?

Und Macron, der lächelt, während Trump ihm die Schuppen vom Jackett streicht? Die USA treten sich die Füße an Frankreich ab und er macht nichts.

Und was ist das im Ergebnis? Nichts. So sieht sie heute aus, die europäische politische Landschaft.

Rainer Brunath, 20.6.2022

(inhaltlich entnommen, gekürzt und redaktionell bearbeitet aus https://www.anti-spiegel.ru/2023/der-sehr-sehenswerte-russische-nachruf-auf-silvio-berlusconi/)

1Laut dem psychologischen Hedonismus zielen all unsere Handlungen darauf ab, die Lust zu erhöhen und Schmerzen zu vermeiden.

Der Beitrag als PDF: Berlusconi – ein Nachruf

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