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[R.Brunath] Die Endzeit der aktuellen Epoche begann in der Ukraine vor neun Jahren

Bloged in Allgemein,Krise by friedi Freitag April 21, 2023

Anfang April 2014 war es in Charkow, in Donezk und Lugansk zu Besetzungen von Verwaltungsgebäuden gekommen; darin gipfelten die wochenlangen Proteste, die sich als Anti-Maidan gegen die Machtübernahme durch ukrainische Nationalisten in Kiew richteten.

Das war nichts Sensationelles, und genau solche Besetzungen hatten als Teil der Maidan-Proteste in den Wochen davor in der Westukraine zu Dutzenden stattgefunden. Die allerdings apostrophierte die westliche Medienlandschaft als „friedlichen Protest“ während die gleichen Vorgänge im Osten kriminalisiert wurden.

Turtschinow, der Maidan-Fürst, wurde damals vom Deutschlandfunk mit der Aussage zitiert: „Wir lassen nicht zu, dass Russland das Krim-Szenario in den östlichen Regionen der Ukraine wiederholt.“ Weder die Proteste im Donbass noch die Abstimmung auf der Krim waren für die westlichen Medien und Politiker Anlass, zur Kenntnis zu nehmen, dass hier die Bevölkerung ihrem Unwillen Ausdruck verlieh. In den ersten Nächten nach den Besetzungen am 6. April hatten sowohl in Donezk als auch in Lugansk jeweils Tausende über Nacht ausgeharrt, um die besetzten Gebäude zu bewachen, und tagsüber verwandelten sich die Vorplätze in eine Mischung aus politischer Demonstration und Volksfest.

Ergo, wäre es im Frühjahr 2014, beim Maidan-Putsch, tatsächlich um Demokratie gegangen, es hätte Verhandlungsbereitschaft geben müssen und keine „Anti-Terror-Operation (ATO).“ Die Regierung Turtschinow konnte die ATO aber aus einem einzigen Grund veranlassen – weil der gesamte Westen hinter ihm stand, und die legitimen politischen Proteste im Südosten der Ukraine sofort mit dem Etikett „russischer Einflussnahme“ versehen wurden.

Damit hat sich damals schon die westliche Haltung etabliert, die heute noch bestimmend ist. Die russischsprachigen Ukrainer wurden und werden behandelt, als seien sie keine originären Bürger dieses Staates. Und der Schwenk hin zu den Anhängern der Nazi-Kollaborateure offenbarte, dass es gar nicht um die Ukraine ging, sondern einzig um die Möglichkeit, eine Front gegen Russland zu eröffnen.

Wären die Proteste im Donbass im Jahr 2014 vom Westen als legitime Meinungsäußerungen aufgegriffen worden, es hätte keinen militärischen Einsatz gegeben, und in der Folge keinen Bürgerkrieg. Die russische Regierung protestierte gegen die Gewaltanwendung, nicht anders, als die westeuropäischen Regierungen während des Maidan von Janukowitsch forderten, nicht mit Gewalt gegen die Demonstranten vorzugehen, und Russlands Außenminister Sergei Lawrow erklärte, es sei nun am Westen, einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Nein, der Westen wollte den Bürgerkrieg.

Die Liste der Augenblicke, an denen eine Umkehr möglich gewesen wäre, ist endlos. Damals, zu Beginn 2014 hätte mit Sicherheit eine einzige Kritik aus westlichen Ländern genügt, um die Spirale der Gewalt aufzuhalten. Hätte man eine lebendige ukrainische Demokratie gewollt, das Abgleiten in den Krieg hätte verhindert werden können. Es gab keine einzige Stimme aus dem Westen, die eine angemessene politische Vertretung des Ostens und Südostens der Ukraine einforderte oder davor warnte, den Konflikt zu eskalieren. Stattdessen wurde die Kiewer Position fraglos übernommen. Und der damalige US-Vizepräsident Joe Biden erklärte auf seiner Reise in die Ukraine am 22. April, dort „seien prorussische Kräfte am Werk, die mit Hilfe aus Moskau in einer koordinierten Kampagne die Ukraine sabotierten und destabilisierten.“ Und auch die EU legte sich auf diese Lesart fest. Damit war deutlich genug signalisiert, dass auf die Menschen dort keinerlei Rücksicht genommen werden müsse.

Es war diese Festlegung, die für das Massaker am 2. Mai 2014 in Odessa den Weg bahnte. Bei jedem einzelnen Schritt, mit dem in der Ukraine der Handlungsrahmen eines demokratischen Staates verlassen wurde, gab es den Segen des Westens, und als der frischgewählte Präsident Petro Poroschenko erklärte, für jeden gefallenen ukrainischen Soldaten müssten hunderte Separatisten mit dem Leben bezahlen, wurde das höflich in deutschen Medien zitiert, als wäre das ein ganz normaler Satz, den ganz normale Politiker sagen, und nicht eine Wiederkehr des Partisanenbefehls der NAZI- Wehrmacht. Mit hundert kleinen Billigungen, Verleugnungen und Verniedlichungen hat der Westen, eingeschlossen die deutsche Bundesregierung, die Strecke hin zu dem zum Endzeit-Gefecht gewordenen Krieg bereitet. Der 14. April 2014 ist einer der Tage, an denen das Verhängnis hätte aufgehalten werden können. Der Epochenbruch hätte noch hinausgeschoben werden können.

Aber was ist der Beweggrund für solche Haltungen des westlichen Politik?

Kurz gesagt, man glaubte an „jetzt oder nie“! Aber der Reihe nach. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges rückte die Menschheit enger zusammen, die UNO entstand, man sprach vom einheitlichen Schicksal der Menschheit und der Vermeidung von zukünftigen Konflikten. Aber es zeigten sich schon bald Geburtsfehler, Risse im Konsens. Solches belegen die Reden und Interviews des britischen Premierministers Winston Churchill im Jahr 1946, als er den Kalten Krieg ausrief und bedauerte, „man habe das falsche Schwein geschlachtet“. Unmittelbar danach begannen die westlichen Verbündeten mit der Planung von Militäraktionen gegen die UdSSR, und es ist nicht unangemessen zu sagen, dass der zweite Weltkrieg nie endete, er nahm nur neue Formen an.

In gewisser Weise war der Kalte Krieg jedoch eine Zeit der Entspannung nach den traumatischen Erfahrungen der Menschheit im Zweiten Weltkrieg, denn während des Kalten Krieges suchten die Führer der Welt nach „zivilisierteren Methoden der Konfrontation“. Aber diese Methoden sind heute außer Kraft – sie haben sich überholt und der Krieg ist total und allumfassend geworden, zu einem Krieg der Systeme, der Ideen. Damit wird klar, solange es in der heutigen Zeit widersprüchliche Vorstellungen, Ideen vom Zusammenleben der Menschheit gibt, kann dieser Krieg nicht enden. In welcher Form auch immer er ausgetragen wird und egal wie lang er andauert.

Ideen und Vorstellungen vom „gesellschaftlichen Sein“ gab und gibt es solange es Menschen gibt und damit auch Konflikte, hervorgerufen durch Widersprüche zwischen Klassen – zwischen jenen die versklavt sind, jenen die „nichts anderes zu verkaufen haben als ihre Körperlichkeit (z.B. Arbeitskraft)“ und jenen, die sich Machtpositionen erobert haben. Solange es solche Widersprüche gibt und es Menschen gibt, die bereit sind, ihre Ideen (für eine gerechtere Welt) zu verteidigen, für sie zu töten und zu sterben, wird es Kriege geben. Ende des 20. Jahrhunderts propagierte der US-Philosoph Francis Fukuyama, dass „das Ende der Geschichte“ erreicht sei, die Menschheit nun bereit sei, in ein friedliches Zusammenleben einzutreten, da der Sieg einer Idee (des imperialen US-geführten Kapitalismus) über den Staatssozialismus endlich stattgefunden habe.

Aber, wenn das Ende eines Krieges nicht die Geburtsstunde eines neuen Krieges sein soll, dann endet er mit einer Einigung – und nicht mit Unterwerfung, wie sie gegen Jelzin begonnen wurde. Blind und siegestrunken sollte das Ende der Geschichte aus Sicht der USA total sein und man schloss echten Verhandlungsspielraum zu dem „absoluten Feind Russland„, der andere Ideen hatte, aus. Man wollte mit einen solchen Feind nicht verhandeln, denn der habe nur ein Ziel: die Vernichtung der Identität des Gegners. Abkommen mit einem solchen Feind würden sehr kurzlebig sein, da der nicht dialogfähig sei. So die US-Philosophie vom Ende der Geschichte. Ein Beispiel hierfür ist das Minsk II – Abkommen, das gemäß dem Geständnis von Merkel eine Finte war. Merkel hat sogar im nach hinein bedauert, dass es „leider nicht gelungen sei, Russland zu befrieden“, womit gemeint war, den Feind endgültig zu unterwerfen.

Heute sieht der Westen noch immer keinen Sinn darin, mit Russland zu verhandeln. Westliche Eliten glauben, dass ihre Wahrheit absolut und nicht verhandelbar ist. In gewisser Weise ist dies eine einzigartige Situation, denn dieser Konflikt ist endgültig und absolut und hat einen starken endzeitlichen Charakter. Dies ist ein Krieg der Ideen und nur eine Idee wird diesem Krieg gewinnen. Es sieht danach aus, dass die USA die unterlegene Partei sein wird.

Rainer Brunath, 21. April 2023

Als PDF: Die Endzeit der aktuellen Epoche begann in der Ukraine vor neun Jahren

Kommentare	»
  1. auch wenn es mittlerweile die qualität einer tibetanischen gebetsmühle hat, erlaube ich mir eine anekdote aus 2014 zu erzählen:

    ich war lehrer und ein schüler mit ukrainischem stiefvater hat mich gefragt, wie ich über die situation in der ukraine denken würde.“abgesehen davon, dass ich in der schule nicht politisieren würde, finde ich es doch merkwürdig, dass nahezu die hälfte der ukrainischen bevölkerung kein gehör findet“.

    da sprang die allerbeste schülerin der klasse auf, eine ukrainerin russicher ethnie, „bravo herr professor !“.

    Trackback by kurt strohmaier 21. April 2023 15:26

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