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[R.Brunath] Essay zu RAND-Bericht „Die Zersplitterung des Elitenkonsens“

Bloged in Allgemein,Krise by friedi Montag Februar 6, 2023

Verlassen Teile der US-Eliten das sinkende Schiff?

Essay von Rainer Brunath, Hamburg, 4.2.2022

Im Sommer 2022 wurde es deutlich, dass sich die materiellen und personellen Reserven der Ukraine erschöpften. Auf den Ruf aus Kiew folgten NATO-Waffenlieferungen, wie Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrraketen, schwere Haubitzen und Raketenwerfer. Das ganze Programm und jetzt ist man bei Kampfpanzern angelangt. Ja und jetzt? Keinen wundert es, denn Umgehend erhob Kiew die Forderung nach Kampfflugzeugen, Langstreckenraketen und U-Booten. Da die Ausbildung kriegsfähiger Panzerbesatzungen eine Sache zahlreicher Monate, wenn nicht von Jahren ist, hat jeder, der eine IQ über dem Taupunkt hat, den Verdacht, dass hier westliche Söldner oder verdeckte Truppen an die Front geschickt werden sollen. Und das führt dazu, dass nach 80 Jahren nicht nur deutsche Panzer, sondern in ihnen auch deutsche Soldaten wieder in Richtung Russland rollen.

RT-Chefin Margarita Simonjan warnte in einer Sendung im russischen TV vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine. Dabei ging sie auch auf eine Meinungsumfrage des Mitteldeutschen Rundfunks ein, wonach 94 Prozent der Hörer im Osten (Deutschlands) gegen die Lieferung von Panzern waren. Und über allem schwebe die Frage, wie man später noch zusammenleben könne.

Und weiter:

Wir haben euch (nach dem Zweiten Weltkrieg) vergeben, doch wir haben nicht vergessen. Und wir werden auch nie vergessen. Wir haben vergeben. Wir haben mit euch kommuniziert, wir haben Freundschaften geführt, wir kamen zu Besuch, Putin hat euch besucht. Ihr habt uns besucht, alles schien normal zu sein. Jahrzehntelang ging das so. Es war fast eine Freundschaft, nennen wir es eine gute Bekanntschaft. Und das nach allem, was ihr hier angerichtet habt. Wir haben euch geglaubt, dass ihr euch verändert habt. Und ihr? Ihr habt uns gerade eröffnet, dass ihr genauso seid wie damals. […] Muss daran erinnert werden, welche Wut in uns im Zweiten Weltkrieg kochte? Muss daran erinnert werden, welche Verbrechen wir euch verziehen haben? Völlig verdient war unser Hass auf euch, denn ihr habt hier Sachen angestellt, die unverzeihlich sind. Nicht nur mit den ermordeten Juden, sondern genauso mit allen anderen Bürgern der Sowjetunion: Russen, Ukrainern, Tataren, Mordwinern, Armeniern. […] Ganz grundsätzlich gefragt: Wie sollen wir noch mit euch leben? […] Wie sollen wir nach alldem mit euch noch auf einem Planeten, auf einem Kontinent noch leben? Ich weiß es nicht.“

Wer von unseren kriegsgeilen Idioten hat noch ein bisschen Realitätssinn? Das ganze NATO-Panzersammelsurium ist ein Quatsch und führt zu logistischen und reparaturtechnischen Alpträumen. Für dieses sehr unterschiedliche High-Tech-Material müssen Ersatzteile, Reparaturfachleute und Werkstätten in Polen vorgehalten werden. Distanz zur Front rund 1.000 Kilometer. Wo bleibt da der Verstand?

Militärs und geostrategische Analytiker erkennen längst die Wahrheit: Das russische Militär ist den westlichen Kräften technisch ebenbürtig, sie besitzt die Lufthoheit und überlegene Raketen- und Artilleriekräfte, auch überlegene Manpower. So kommt das „Center for Strategic & International Studies“ (CSIS ), ein einflussreicher US-Think-Tank, in seiner letzten Studie, zu dem Ergebnis, dass die US-Militärindustrie für die Herausforderungen des Ukraine-Kriegs und eines Konflikts mit China nicht vorbereitet ist. Man würde sehr schnell über wichtige Waffensysteme und Munitionstypen nicht mehr verfügen. Ähnliches bestätigt die Einschätzung des britischen „Royal United Services Institut“ (RUSI): die NATO ist offenkundig nicht in der Lage, einen solchen Krieg effektiv führen zu können.

Und nun vor einigen Tagen das: die „Rand Corporation“, einer der einflussreichsten Strategie-Think-Tanks der USA, hat vor wenigen Tagen ein Papier veröffentlicht mit dem Titel „Einen langen Krieg vermeiden“. Die Autoren vertreten dort die These, dass „die Kosten und Risiken eines langen Krieges in der Ukraine signifikant“ seien und „den möglichen Nutzen eines solchen Verlaufs für die Vereinigten Staaten“ übertreffen würden.

Das zeigt, es bilden sich neue Mehrheiten. Teile der Eliten erkennen die allerletzte Sinnhaftigkeit des Konfliktes in der Ukraine nicht mehr an und die Öffentlichkeit ebenso nicht.

Kriege enden, wenn es zu einer kritischen Spaltung zwischen den Eliten kommt, die schließlich zu einer Änderung der Politik führt – führen kann. Das ist uns Linken doch bekannt (Marx: eine revolutionäre Situation entsteht dann wenn die unten nicht mehr wollen und die oben nicht mehr können). Dieser Bericht der RAND Corporation stellt genau eine solche Spaltung dar. Daraus geht hervor, dass Teile der Eliten mit der Mehrheitsmeinung gebrochen haben, weil sie der Meinung sind, dass die derzeitige Politik den Vereinigten Staaten schadet. Wenn diese Entwicklung sich fortsetzt , wird das zu einer durchsetzungsfähigen Forderung nach Verhandlungen führen. Ist der RAND-Bericht der erste Schritt zur Beendigung des Krieges?

Man sehe sich den Bericht etwas genauer an, z.B einen Auszug aus der Präambel des Berichts:

Die Kosten und Risiken eines langen Krieges in der Ukraine sind beträchtlich und überwiegen die möglichen Vorteile eines solchen Weges für die Vereinigten Staaten“

Was heißt das?

Erstens: in der Präambel steht schon das Fazit der ganzen Überlegungen. Zweitens: Die Unterstützungszusage „so lange wie nötig“ ist nicht zu halten. Die Präambel versichert, dass dies nicht der Fall sein wird.

Die Vereinigten Staaten können nicht ihre eigenen Interessen untergraben, um den unerreichbaren Traum zu verfolgen, Russland aus der Ukraine zu vertreiben. (Selbst die Falken halten das nicht mehr für möglich.)

Realisten des außenpolitischen Establishments wozu auch hohe Militärs gehören erkennen klar, dass der Konflikt unerwartet außer Kontrolle geraten könnte. Das wäre natürlich in niemandes Interesse, da das zu einem direkten Zusammenstoß zwischen Russland und den Vereinigten Staaten führe. Auch wenn man den Kessel nur am köcheln halten könne, ohne dass er überkocht, werden die zunehmenden Kollateralschäden den Aufwand nicht wert sein. Mit anderen Worten fragt RAND:

Sind die unterbrochenen Versorgungsleitungen, die steigende Inflation, die zunehmende Energie- und Nahrungsmittelknappheit und die abnehmenden Waffenbestände ein fairer Kompromiss für die „Schwächung Russlands“? Viele würden sagen: „Nein“.

Je mehr Verluste die Ukraine auf dem Schlachtfeld erleidet, desto deutlicher werden die Mängel in der Strategie Washingtons zutage treten und desto schärfer wird sie kritisiert werden, wie, Zitat:

die Wirtschaftssanktionen die unseren engsten Verbündeten schaden und Russland helfen, warum die Vereinigten Staaten eine Politik verfolgen, die zu einer starken Abkehr vom Dollar führt, warum die USA im März 2022 absichtlich ein Friedensabkommen sabotiert haben, obwohl die Wahrscheinlichkeit eines ukrainischen Sieges gegen Null geht.

Der Rand-Bericht scheint den Stimmungsumschwung vorauszusehen. Aus diesem Grund drängen die Autoren auf Verhandlungen und ein schnelles Ende des Konflikts. Hier ist ein Auszug aus dem Bericht, der in der Mitte des Textes fett gedruckt ist:

Da die Vermeidung eines langen Krieges nach der Minimierung des Eskalationsrisikos oberste Priorität hat, sollten die Vereinigten Staaten Schritte unternehmen, die ein mittelfristiges Ende des Konflikts wahrscheinlicher machen.

Von vielem spricht man in diesem Bericht von RAND nicht. Man kann ja nicht so mir nichts dir nichts die Seiten wechseln. Konsequenzen auszusprechen bleibt dann bei wirklich freien Magazinen, wie z.B. bei dem US-Magazin Chris Hedges, Consortium News („Ukraine – The War That Went Wrong“) z.B. dass der Plan,

Europa und das globale Machtgleichgewicht durch die Degradierung Russlands umzugestalten“, dem gescheiterten Plan, den Nahen Osten umzugestalten ähnelt. Er ist eine Fortsetzung des Versuchs, eine weltweite Nahrungsmittelkrise zu schüren und Europa mit einer fast zweistelligen Inflation zu verwüsten. Dadurch werde die Ohnmacht der Vereinigten Staaten und der Bankrott der dort herrschenden Oligarchen entlarvt. Als Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten lösen sich Nationen wie China, Russland, Indien, Brasilien und der Iran von der Tyrannei des Dollars als Weltreservewährung, was in den Vereinigten Staaten eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe auslösen wird. In Wahrheit stecke hinter der Taktik Washingtons, der Ukraine immer ausgefeiltere Waffensysteme und Milliarden an Hilfsgeldern zu liefern nicht der vergebliche Versuch, die Ukraine zu retten, sondern um sich selbst zu retten.

Hedges bringt es auf den Punkt. Washingtons törichte Intervention ebnet den Weg für die größte strategische Katastrophe in der Geschichte der USA.

Aber der RAND-Bericht kann der Beginn zu einer Besinnung sein, dass auch bei den Eliten die Unterstützung für den Krieg schwindet. Diese „Zersplitterung des Elitenkonsenses“ mag die positivste Entwicklung der letzten 11 Monate sein.

Der RAND-Bericht ist ein Beleg, dass die US-Eliten in der Frage der Ukraine nun geteilter Meinung sind. Aber wer gehört zu den beiden Gruppen:

„Der Thinktank arbeitet für das Verteidigungsestablishment, und wenn dort das Geld versiegen würde, gäbe es ihn in seiner jetzigen Form nicht. “ Lew Rockwell

Dies kann heißen, dass der RAND-Bericht die Ansichten des Pentagons und des US-Militärapparats widerspiegelt, die glauben, dass die Vereinigten Staaten kopfüber auf einen direkten Flächenbrand mit Russland zusteuern. Das wäre eine Breitseite gegen die Neocons, die das Außenministerium und das Weiße Haus leiten. Und die wollen ihren Krieg gegen Russland gewinnen. Diese Spaltung zwischen dem Kriegsministerium und dem „Staat“ könnte bald noch deutlicher zutage treten. Man kann nur hoffen, dass sich die vernünftigere Fraktion im Pentagon durchsetzt.

Was aber wären die Konsequenzen dieses nun faktisch geführten und öffentlich von BRD-Außenministerin Baerbock erklärten NATO-Krieges gegen Russland? Militärische Einrichtungen in den NATO-Staaten sind dadurch zu legitimen Zielen für russische Hypersonic-Militärschläge geworden. Was würde passieren, wenn russische Raketenkräfte die polnischen Logistikzentren, den US-Stützpunkt Ramstein zerstörten? Was, wenn die Leoparden, die Abrams, die Challenger ebenso vernichtet sind wie die hunderte ukrainischer Panzer vor ihnen? Was kommt dann?

Wir leben in gefährlichen Zeiten. Frau Baerbock hat unter der Deckung durch ihre Washingtoner Paten den dritten Weltkrieg ausgerufen. Es mag an uns liegen und an allen, die noch ein gewisses Maß an Restvernunft mobilisieren können, den Kriegstreibern in den Arm zu fallen.

Essay als PDF: Verlassen Teile der US-Eliten das sinkende Schiff

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