Deutschland/Österreich – Für wen wird regiert?
In Österreich muss sich die Landespolizeidirektion Wien bei der Ukraine entschuldigen, dass sie im Seminar auch russische Sichtweisen aufzeigte (siehe: ORF, 10.8.22); Rainer Seele, der billige Gaslieferverträge für die ÖMV abgeschlossen hat, dem wird die Entlastung verweigert (siehe: Salzburger Nachrichten, 12.8.22), das OGH in Österreich entscheidet, dass die FMA im Bank Burgenland-Skandal für ihr Versagen nicht haftet (siehe: ORF, 9.8.22); die Friedenspreisträgerin EU ist plötzlich für Krieg – was ist da los?
Dass in Österreich zumindest seit Dr. Schüssel und erst recht durch Kanzler Kurz die Verwaltung zugunsten Privatpersonen ausgehöhlt wurde ist bekannt. Aber die Vorgänge in der Politik überschreiten zur Zeit die Grenzen der üblichen „Freunderlwirtschaft“ bei Weitem. Keine Haftung für Schlamperei; Auslagern der Verwaltung in Freundeskreisen; Postenvergabe aufgrund gefakter Ausschreibungen und eine Außen- und Wirtschaftspolitk gegen die Interessen der Bevölkerung. Alles gestützt durch beispiellose Propagandakampagnen und zunehmendem Überwachungsstaat mit Zensur.
Das wirft Frage auf: Was ist da los? Für wen wird da eigentlich regiert? Für die USA? Für Oligarchen? Oder ist es bloß grenzenlose Ignoranz der Regierenden?
Rainer Brunat hat die Situation für Deutschland in einem kurzen Essay zusammengefasst. Der Essay zeigt: Die Verantwortlichen wissen um die Widersprüche – das zeigt ihre Rhetorik. Sie scheinen Befehle übergeordneter, intransparenter Instanzen erfüllen zu müssen.
Deutsche Politiker gefangen in der Gegenwart
Essay von Rainer Brunath
10.8.2022, Hamburg
Einem unter vier Jahre alten Kind zu erklären, was es morgen Schönes bekommen wird, ist ein ziemlich sinnloses Unterfangen. Kindern dieser Altersgruppe fehlt das Zeitgefühl noch. Aus ihrer Sicht ist eine sofortige Erfüllung ihrer Wünsche der einzig gangbare Weg.
Die Politik unserer Bundesregierung [die der BRD ist gemeint] zeigt erschreckende Parallelen zu [diesem Verlust an Zeitgefühl von] Kleinkindern. Erwachsene Menschen mit politischer Verantwortung sind normalerweise in der Lage der gedanklichen Gefangenschaft der Gegenwart zu entrinnen. Normalerweise!
Nehmen wir den unseligen Talk-Moderator Lanz. Für ihn gab es die Ukraine vor dem 24. Februar im Grunde nicht. Regelmäßig kanzelt er einen bemitleidenswerten Gast ab, wenn der versucht, auf die Vorgeschichte einzugehen, die zum Kriegsbeginn im Februar 2022 führte. „Das hilft uns ja nun auch nicht weiter„, ist eine seiner Killerbemerkungen und er übertüncht damit, wie sehr er irrt. Denn man muss kein Genie sein, um zu erkennen, dass jedes Ereignis eine Vorgeschichte hat, was wiederum Einfluss auf alles hat, was wir heute vorfinden. So auch in der Ukraine. Doch das zu hören und zu akzeptieren brächte uns sehr wohl weiter, aber weder Lanz noch Baerbock noch Habeck noch Scholz wollen das hören.
Nein, diese Herrschaften wollen nicht die Geschichte zurate ziehen und all das, was in der Ukraine bisher geschah. Das können sie auch nicht, denn dann würde der Ursprung des jetzigen Konfliktes in der Ukraine auf sie zurückfallen. Und das wissen sie!
So verharren sie in der Gegenwart, die sie nur in Auszügen und unter dem Weglassen wichtiger Aspekte (Halbwahrheiten) zu einem chaotischen Puzzle zusammenführen, das jeden Tag aufs Neue gemischt wird. Das ist für eine historische Bewertung für die Zukunft unbrauchbar.
Nehmen wir z.B. die Aussagen, dass uns womöglich ein „Lehman-Brothers-Effekt im Energiebereich„1 bevorstehe (Habeck), oder im Falle ausbleibender Gaslieferungen könnten wir der Ukraine nicht mehr helfen, weil wir hierzulande mit „Volksaufständen“ beschäftigt seien (Baerbock). Sie haben die Zukunft im Visier, so scheint es. Der Schein trügt. Denn der Aufbau von Angst und Unsicherheit im Land ist schon seit den 1930ern-40ern zu einem politischen Stilmittel geworden, das genutzt wird, um allgemeine Akzeptanz für völlig absurde politische Entscheidungen zu erzeugen. Die durch Habeck und Baerbock beschriebenen Szenarien sind damit Themen des Politikstudiums im ersten Semester. Der Glaube an ihre Prognosen ist bei den beiden höchstwahrscheinlich nicht sehr stark ausgeprägt. Wenn dem so ist, warum tun sie das, wenn sie wissen, dass sie die Zerstörung der bisherigen Gesellschaftsform billigend und skrupellos in Kauf nehmen? Ist es vielleicht deshalb, dass weder Habeck noch Baerbock noch sonst ein Politiker in Deutschland wirklich eigenständig Entscheidungen treffen darf? Es war Habeck, der kürzlich sagte, Nord Stream 2 könne nicht in Betrieb genommen werden, weil das Projekt „amerikanischen Sanktionen“ unterliege. Liegt da der Hase im Pfeffer? Wahrscheinlich! Man denke an den wenig überzeugenden Auftritt von Bundeskanzler Scholz auf der Pressekonferenz während seines Antrittsbesuchs in Washington.
Man hat sich also selbst zum Diener (für die Interessen der USA) degradiert und als Trittbrettfahrer mit einem Gefühl der Unbesiegbarkeit verbunden, gepaart mit dem Glauben daran, von einflussreichen Kräften geschützt zu werden. Für einen Politiker mit Verantwortungsgefühl und Verstand wäre die einzig sinnvolle Reaktion, die Richtung zu ändern, umzusteuern, um das übelste aller Szenarien zu verhindern. Doch davon sind unsere Politiker weit entfernt. Unsere bundesdeutsche Politik befindet sich unter einer Käseglocke, unter der sie sich selbst in Sicherheit wiegt, komme, was da wolle. Die Traumtänzer dieser Scheinwelt wähnen sich in guten Händen und nicht von gravierenden Ereignissen bedroht. Das erklärt ihr völlig verantwortungsloses Handeln der Bevölkerung gegenüber.
Die infantile Leugnung von Vergangenheit und Zukunft bei ihrem Wirken führt bei den meisten unserer politischen deutschen Eliten zu narzisstischen Störungen. Und die sind fast nicht therapierbar. Denn Patienten mit solchen Defekten sehen die Ursache ihres Problems niemals bei sich selbst, sondern immer beim Umfeld. Ein Merkmal für narzisstische Züge der hierzulande herrschenden Politik ist die Tatsache, dass eigene Entscheidungen niemals angezweifelt werden, und wenn etwas misslingt, trägt ein Außenstehender ( Putin!!!) die Schuld. Ihre öffentlichen Auftritte lassen jegliches Gespür für eigene Unzulänglichkeiten oder politische Inkompetenz in den Hintergrund treten. Die Erscheinung ist ihnen wichtiger als Substanz.
Das beweist, dass unsere Politiker sowohl fachlich als auch persönlich überfordert sind. Das wird geleugnet. Nehmen wir als Beispiel Christine Lambrecht (SPD). Sie ist Deutschlands Verteidigungsministerin. In ihrer gesamten beruflichen und politischen Laufbahn hatte diese Frau nie etwas mit Verteidigung oder der Bundeswehr zu tun. Und gerade in diesem Amt, wo es um Krieg oder Frieden geht – man kann sagen, dem wichtigsten Ressort einer Regierung – müsste man mehr als den Willen zur Macht oder auch nur militärisches Ein mal Eins voraussetzen. Als Bundesministerin für Verteidigung im Kabinett von Olaf Scholz (SPD) muss man sie schon aus fachlichen Gründen als komplette Fehlbesetzung bezeichnen.
So ist die Bundesregierung durchsetzt mit personellen Fehlbesetzungen, etwa Christian Lindner (FDP), der als Finanzminister die Erfahrung eines Hausmeisters und Reserveoffiziers in die Waagschale wirft. Oder Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), der laut Aussage von Annalena Baerbock (ebenfalls Bündnis 90/Die Grünen) „von den Schweinen“ kommt, während sie selbst sich im Völkerrecht zu Hause sieht, ohne hier etwas Substanzielles vorweisen zu können. Das ist gefährlich, denn Selbstüberschätzung, fachlich falsche Entscheidungen, Verantwortungslosigkeit führen zu einer irreparablen und verheerenden Distanz zur Bevölkerung.
1Das 1850 gegründete Unternehmen musste am 15. September 2008 infolge derFinanzkrise Insolvenz beantragen.
Was Brunath da für die BRD schreibt, kann man auch in Österreich (und in der EU) beobachten. So hat etwa der österreichische Bundeskanzler Nehammer vor seiner Abreise nach Brüssel bezüglich des Beitrittstatus der Ukraine noch gemeint: Nur wenn auch Mazedonien den Beitrittstatus bekäme – schon am nächsten Tag, in Brüssel angekommen, war es anders (siehe meinBezirk.at 24.6.22) – und dies, obwohl der Kandidatenstatus für die Ukraine allen Regeln und Gepflogenheiten der bisherigen EU vollständig widerspricht (siehe Tagesspiegel, 17.6.2022). Auch hier: Kommen da Befehle von verborgenen Akteuren? Haben wir nun eine Demokratie, die von einer sich selbst als demokratisch bezeichneten Elite durch Propaganda ausgeübte wird? Die Zustimmung zu den willkürlichen, rechtsbeugenden Entscheidungen wird dabei erst nach einem intensiven Propagandafeldzug erreicht. Gegemstimmen werden diffamiert und zensuriert (siehe Coronapandemie und nun Ukraine-Berichterstattung).
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