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Russland-USA-EU-Ukraine: Wann beginnt ein Krieg

Bloged in Geld,Krise by friedi Sonntag Mai 29, 2022

In der aktuellen Diskussion um den Ukraine-Krieg gibt es zwei Diskussions-Fronten:

  • Für die eine ist die russische Aggression der Beginn,
  • für die andere ist die NATO-Ausdehnung nach Osten der Auslöser.

Die eine Diskussionslinie wirft der jeweilig anderen vor, auf Propaganda hereinzufallen.

Die einen – welche den russischen Überfall als Beginn der Aggression sehen, benutzen vergangene Ereignisse verdeckt in ihren Argumentationssträngen (Russlandbild als UdSSR) – die andere Seite nimmt die Vergangenheit als Begründung für die militärische Aggression.

Rainer Brunat versucht historischen Ereignisse zusammen mit aktuellen geopolitischen Vorgängen zu analysieren. Er zeigt dabei auch die Fehleinschätzung der Zustimmung für den westlichen Weg im hegemonialen Ringen auf. In Europa herrscht eine extrem us-eu-zentristische Sicht. Die sogenannten westlichen Staaten (USA, EU, Japan, Australien) sind in ihrer feindlichenHaltung gegenüber der Russischen Union eine Minderheit. Brunats Analyse liefert für Europa und die USA ein düsteres Zukunftbild, falls der Weg der Spaltung nicht überwunden wird.

Russlands globale Bedeutung

Erste Akte dieses Ukraine-Krieges waren der Golfkrieg, der mit der Zerstörung des Irak endete. Es folgte die Zerstörung Jugoslawiens, das als Blaupause dafür dienen sollte, wie künftig der größte Staatsverband behandelt werden wird, der nach der Auflösung der Sowjetunion noch übrig geblieben war – also Russland selbst.

Die im Jugoslawienkrieg erworbene Erfahrung schien den westlichen Groß-Strategen zu bestätigen, dass man die „ungerechte“ Existenz eines so großen Staates mit so reichen Naturschätzen nicht einfach hinnehmen müsse. Der deutsche Außenminister Genscher faselte damals schon davon, dass eine „Welt der Regionen“ die Zukunft sei.

Der US-Geostratege Brzezinski und andere Vordenker der US-Politik hielten es für opportun, die Russische Föderation mindestens in acht Staaten aufzuteilen um sie an die euroatlantische Achse anzuschließen. Russland mit der Ukraine sei eine Supermacht, ohne Ukraine dagegen nur eine Regionalmacht (Obama-Sprech), die kontrolliert, untergeordnet und aufgeteilt werden müsse. Dieser Denke folgt bis heute der Wertewesten und Japan in Asien – durch Einmischung, wirtschaftlich wie durch physischen Terror (Bunte Revolutionen, wie 2014 Maidan in Kiew) um Möglichkeiten alternativer Entwicklungen zu einer Multipolaren Welt zu verhindern. Und aus dieser Perspektive ist auch der Ukraine-Krieg zu verstehen, als ein beginnender Krieg einer neuen Ordnung gegen den Hegemonialanspruch des alten, noch starken, aber im Abstieg befindlichen euroatlantischen imperialistischen Machtblocks, der insbesondere in den letzten 30 Jahren sich immer kriegerischer gebärdete – vertrauend auf sein militärisches gigantisches Potenzial, dass er gewillt ist bis zuletzt auszureizen (Atomerstschlagsdoktrin der USA). Darin liegt die größte Gefahr der aktuellen Konfrontation.

Zu der neuen Ordnung entwickelt sich in wirtschaftlich in rasantem Tempo China, und mit ihr eine Gruppe von Ländern und Bündnissen, die sich zunehmend der Unterordnung unter der euroatlantischen Hegemonie widersetzen. Russland gesellte sich dazu.

China scheint oberflächlich gesehen ein kapitalistisches Land geworden zu sein, denn in den 1990ern erlaubte es eine wildwüchsige Umgestaltung der Wirtschaft mit dem Ergebnis, dass die Produktionskapazitäten extensiv erweitert wurden. Ausländische Investoren durften dortige billige Arbeitskraft für ihre Maximalprofite ausbeuten während die chinesische Führung weitsichtig die Kommandohöhen, d.h stets die wichtigsten Zügel der Wirtschaftslenkung in der Hand behielt, wissend, dass die Entwicklung der Arbeitsproduktivität entscheidend fürs Überleben als sozialistisches Land ist. Heute ist China wohl das erste große Land, das seine Rückständigkeit in geschichtlich kürzester Zeit überwand und Millionen von Menschen aus der Armut befreite, ja sogar beeindruckende wissenschaftlich-technische Entwicklungen vorzeigen kann (Raumfahrt, Raketentechnik). Damit konnte sich China eine weltweit so bedeutende Rolle erarbeiten, welche die USA als lebensbedrohende Konkurrenz erachtete und in Reaktion darauf Sanktionen gegen das Land installierte. Das und wohl auch in Voraussicht kommender Entwicklungen hat die KP Chinas dazu veranlasst, die Zügel wieder anzuziehen und gewisse diktatorische Elemente anzuwenden, um politisch und wirtschaftlich erstens: mit der Dominanz des Kapitalverhältnisses und der Abhängigkeit von ihm zu brechen und zweitens: den ununterbrochenen Einmischungen der imperialistischen Seite in seine innere Angelegenheiten (CIA-gelenkte Massendemos in Hongkong) zu begegnen. Zügel, die man lockern wird, sobald die Gegebenheiten das zulassen. Um auf Russland zurückzukommen, möchte ich an dieser Stelle zunächst an Stalin erinnern, ohne den Hitlerdeutschland die SU niedergerungen hätte. Stalin ausschließlich als Despoten zu bezeichnen, würde seiner historischen Rolle und Bedeutung als Befreier der Welt von NAZI-Deutschland nicht gerecht werden und ebenso nicht als vorhersehenden Staatsmann, der nach dem US-Atombombenanschlag auf Hiroshima erkannte, dass die SU eine Antwort darauf brauchte. Er war es, der die Entwicklung für Atomwaffen in der SU sofort, als er davon erfuhr, anordnete. In erstaunlich kurzer Zeit danach zog die SU wissenschaftlich-technisch mit den USA gleich, was letzten Endes die USA daran hinderte ihre Atomerstschlagsdoktrin gegen die SU umzusetzen und was als „Gleichgewicht des Schreckens“ die Welt vor einem Atomkrieg bewahrt hatte. Sofort nach Kriegsende hatte der Kreml seine Armeen weitgehend demobilisiert, denn die Soldaten wurden als Zivilisten gebraucht, als Arbeiter, Techniker und Ingenieure für den Wiederaufbau der Dörfer, Städte, Industrieanlagen und Infrastruktur, die von der Nazi-Soldateska gemäß ihrem Auftrag, beim Rückzug nur “verbrannte Erde” zu hinterlassen, dem Erdboden gleichgemacht worden waren. Aber das reichte nicht: Jede halbwegs objektive historische Analyse zeigt, dass die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg nicht die Kraft und erst recht nicht die Absicht hatte, einen Krieg gegen den Westen zu führen, zumal hinter den Westalliierten die gewaltige Wirtschaftsmacht der vollkommen unzerstörten USA stand. Der SU und nach 1989 der Russischen Föderation (RF) gelang es trotz wissenschaftlich-technischer Erfolge nicht, eine gesunde wirtschaftliche Grundlage für eine elementare Unabhängigkeit und Souveränität des Landes zu schaffen. Im Wesentlichen exportiert man bis heute Rohstoffe und Energieträger, nur in sehr geringem Maße auch Industriegüter. Das birgt die Gefahr, dass das Land ein Rohstoffanhängsel des imperialistischen Weltsystems bleibt. Zwar würden sich die russischen Oligarchen, die sich nach 1989 etablierten, selbst gerne als Akteure eines eigenständigen Wirtschaftsimperiums sehen – aber niemand im Westen lässt sie ein in ihren Klub. Das bedeutet: man würde der RF nie erlauben, statt Rohstoffanhängsel ein vollwertiger Imperialist zu sein. So blieb der RF noch bis vor wenigen Jahren ihre „Superpower“, geerbt von der SU, sein militärisches atomares Einsatzpotenzial, das in der Lage wäre, nicht nur die USA, sondern den gesamten Planeten zu zerstören. Nun lässt sich feststellen, dass die oben skizzierte neue Ordnung des globalen Kräfteverhältnisses unter Chinas Führung – ob man will oder nicht – ohne das von der Sowjetunion übernommene Militärpotenzial Russlands sehr verwundbar wäre. Aber ein Bündnis Chinas mit der RF hat globale Dimension und somit bekommt die militärische Konfrontation in der Ukraine ebenfalls einen weltweiten Rahmen. Ohne diesen Zusammenhang kann man die gegenwärtige Situation gar nicht adäquat erfassen. Was also jetzt – in diesen Tagen und Wochen – geschieht, ist womöglich nur ein Vorspiel, für das, was noch kommt. Und da wird die RF eine entscheidende Rolle spielen. Das bisher wirtschaftlich „schwache“ Glied, die RF und das wirtschaftlich „starke“ Glied China sowie der gesamte sich darum bildende Block unbotmäßiger Staaten mit antikolonialen, antiimperialistischen Traditionen wie Kuba, Vietnam, Nordkorea, Laos, Iran, Nicaragua, Venezuela und Bolivien sind bereit für die Auseinandersetzung mit dem imperialen Westen. Das Abstimmungsverhalten in der UNO zeigt das deutlich.

Landkarte Russlandsanktionen

Dem zum Trotz schmort die EU weiter im eigenen Saft, und fühlt sich bestätigt durch die Verurteilung der russischen militärischen Operation durch die UNO-Mitgliedsländer – bemerkt dabei aber nicht deren Ablehnung des „totalen Wirtschaftskrieges“ gegen Russland. Sträflich ist es sogar, dass die „euroatlantische Achse“ überhaupt nicht wahrhaben will, dass es, global gesehen in der Minderheit ist – in jeglicher Hinsicht: wirt-schaftlich, sozial, demografisch. Von Todes-sehnsucht getrieben denkt diese Achse nicht im Geringsten daran, ihren mehr als 500 Jahre alten Hegemonialanspruch aufzugeben, oder Kompromisse anzunehmen. Eher scheint diese Achse bereit zu sein in Nazi-Manier der Devise zu folgen: „Was wir nicht haben können, sollt ihr auch nicht bekommen“. Und deswegen gibt es diesen Krieg. Er ist nicht erst am 24. Februar ausgebro-chen – und es steht zu befürchten, dass er nicht auf die jetzt betroffene Region beschränkt bleibt.

Rainer Brunath, Hamburg, 28.5.2022

Der Beitrag als pdf: Russlands globale Bedeutung

In diesem Zusammenhang ist auch eine Analyse von Wilhelm Langthaler auf antiimprialista.org beachtenswert. Ausgehend von der nun auch von Henry Kissinger geäußerten Konfliktlösung durch Gebietsabtretungen in der Ukraien kann eine weiter Blockbildung Ost-West ev. vermieden werden.

Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger ist am WEF in Davos für die Abtretung der Krim und des Donbass (Minsker Grenzen) an Russland eingetreten. Schon einige Tage zuvor erschien im zentralen Regime-Medium New York Times ein ähnlich lautender Leitartikel . Die Quintessenz: ein totaler Sieg von USA/Nato ist höchst unwahrscheinlich. Ein russischer Teilerfolg würde den US-Einfluss insbesondere auf Europa schwächen. Man müsse schnell handeln, um zumindest zum Status quo ante zurückzukehren.(https://www.antiimperialista.org/de/content/weg-zum-frieden-abtretung-des-donbass-und-der-krim )

Auf Basis eines Friedens in der Ukraine könnte eine Interessensabgrenzung USA-Russland und damit auch eine Friedenslösung für Europa gefunden werden.

Eine leninistische Lösung  bestünde in einem demokratischen Angebot an die Ukraine seitens Russlands, das den harten rechtsradikalen Nationalismus schwächt, eine selbständige demokratische und föderative Ukraine in Freundschaft mit Russland konzipiert und Nato und EU draußen hält. (https://www.antiimperialista.org/de/content/weg-zum-frieden-abtretung-des-donbass-und-der-krim )

Momentan schaut es aber nicht so aus, als ob so eine Lösung möglich wäre. Die Führung der Ukraien – und viele Ukrainer selbst – wollen die Russen aus dem Land verjagen und solange der Westen die Mittel bereit stellt, wird die Ukraine nicht in Verhadlungen einstimmen. Damit wird das negative Bild, das Brunath für Europa zeichnet wahrscheinlicher, weil

1.) der Krieg nicht endet;

2.) Europa durch die Sanktionen schwer geschädigt wird

3.) und eine Eskalation des Krieges droht.

Es bleibt nur die Hoffnung, dass Europa diesen Weg bald verlässt, und auf Frieden drängt.

Graz, 29.5.2022, W.Friedhuber

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