[Lost in Europe] Nein, die Ukraine ist nicht die Kornkammer Europas
Mediales Framing, also manipulative Berichterstattung auf jedem Gebiet: Zwar ist die Ukraine seit 2001 von einem Importland für Weizen zu einem großen Exportland geworden – aber für die Weltversorgung mit Getreide ist die Ukraine nicht zentral (ca. 8,5% der Exporte für Getreideprodukte der Welt) (siehe Statista für 2020/21).
Der größte Exporteur ist Russland – und hier dürften die Handelssanktionen des Westens den Export behindern – und ein von Russland verhängtes Exportverbot (siehe Tagesschau vom 15.3.22).
Das medial dargestellte Problem, dass der Krieg in der Ukraine die Welt in eine Hungersnot führt, liegt also nur zu einem kleinen Teil an den fehlenden ukrainischen Getreidemengen. Vielmehr dürften die vom Westen verhängten Handelssanktionen die russischen Exporte behindern – und Russlnd ist mit ca 20% der weltweiten Exportmenge der größte Exporteur.
So stimmt zwar die Meldung, dass der Ukrianekrieg die Weizenversorgung der Welt behindert – aber die Ursachenzuschreibungen sind doch etwas anders zu sehen, als sie medial verbreitet werden.
Der Blog Lost in Europe versucht diese Darstellungen mit seinem Artikel „Ernährungskrise: Nein, die Ukraine ist nicht die Kornkammer Europas“ vom 24.5. etwas zurechtzurücken.
Ägypten, Libanon, Somalia – diese und viele andere afrikanische Länder leiden unter dem Krieg in der Ukraine und der russischen Seeblockade im Schwarzen Meer. Dies sagte EU-Kommissionschefin von der Leyen beim WEF in Davos.(Lost in Europe, 24.5.2022)
Von der Leyen will damit die russische Blockade der ukrainischen Häfen als Ursache für drohende Hungersnöte darstellen. Dabei stellt die Blockade der Schwarzmeerhäfen zwar eine Zäsur dar, aber exportieren könnte die Ukraine – etwa über Rumänien – immer noch. Blockiert wäre damit lediglich der Weizenanteil, der bereits in den Silos der Schwarzmeerhäfen liegt. Falls dies tatsächlich zu einem katastrophalen Getreidemangel führen würde, könnten andere Länder einspringen:
Wenn es an Getreideexporten mangelt, dann könnte also auch die EU einspringen, genauso wie die USA.(Lost in Europe, 24.5.2022)
Aber die eigentliche Ursache einer ev. drohenden Hungerkatastrophe liegt woanders.
Doch das eigentliche Problem ist nicht die Menge. Das Problem ist, dass Weizen gehortet wird und Exportverbote wie in Indien, Bulgarien und anderen Ländern die Preise treiben. Auch Russland hat bis Ende Juni einen Exportstopp verhängt.
Und dann sind da noch die westlichen Sanktionen. (Lost in Europe, 24.5.2022)
An der Preistreiberei ist auch Europa ganz wesentlich beteiligt (siehe Energie, Wohnen usw. – und vor allem mit dem losgetretenen Wirtschaftskrieg der USA und EU gegen Russland).
Die EU tut jedoch so, als sei einzig und allein Kremlchef Putin schuld – mit seinem “Korn-Krieg” wolle er die ganze Welt treffen. Dieses Narrativ führt nun sogar zu Überlegungen, die russische Blockade im Schwarzen Meer militärisch zu brechen.
Es wäre die nächste Eskalation…(Lost in Europe, 24.5.2022)
Der Blog schließt mit der Feststellung:
Der Vorwurf, dass Russland “Hunger als Waffe” gebrauche, sei durch die Fakten nicht gedeckt, schreibt die “Welt”. Dennoch wird er ständig wiederholt – nicht nur in Brüssel, sondern auch in Berlin. Man nennt dies wohl Propaganda…(Lost in Europe, 24.5.2022)
auf die gefahr hin, dass ich mich wiederhole, mit pressestimmen, die aktuell andere ursachen konstruieren:
Wir lassen sie verhungern -: Die Massenvernichtung in der Dritten Welt
von Jean Ziegler (Autor), Hainer Kober (Übersetzer) Format:
Der jährliche Hungertod von mehreren zehn Millionen Menschen ist der Skandal unseres Jahrhunderts. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. Und das auf einem Planeten, der grenzenlosen Überfluss produziert. Dieser Massenvernichtung von menschlichem Leben begegnet die öffentliche Meinung mit eisiger Gleichgültigkeit – solange die alltäglichen Katastrophen nicht allzu aufdringlich »sichtbar« werden, wie etwa die Hungersnot, die seit Sommer 2011 in fünf Ländern am Horn von Afrika eine tödliche Bedrohung darstellt.
Jean Ziegler verbindet seine Erfahrungen aus acht Jahren als UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung mit seinem unermüdlichen Kampf für eine friedliche, gerechte Welt. Er erinnert an die dramatische ungleiche Verteilung von Reichtum, an die strukturelle Gewalt unserer Weltordnung, an Milliardenzocker, die Nahrungsmittel monströs verteuern, und er zeichnet das brutale Bild des Hungers.
Pressestimmen
„Ein großes Buch, hervorragend recherchiert.“ (Süddeutsche Zeitung)
„Starke Worte! Das Buch ist allen zu empfehlen, die wissen wollen, warum trotz Milleniumszielen und Entwicklungshilfe immer noch Millionen Menschen an Hunger sterben.“ (rbb radioeins, „Die Weltverbesserungsidee der Woche“)
„Ziegler ist ungemütlich, Ziegler ist laut, manchmal schrill. Aber manchmal braucht es eben Schreie, um die Ohren der Gleichgültigen zu erreichen. Provokant, wichtig, gut.“ (NRZ)
„So umstritten Jean Zieglers Argumente bisweilen sein mögen, seine Empörung über die Hungersnot in der Welt hinterlässt einen glaubwürdigen Eindruck.“ (Neue Zürcher Zeitung)
„Ziegler ist ein weiser Stratege im Kampf gegen den Hunger.“ (Frankfurter Rundschau)
„Jean Ziegler beklagt die Opfer und prangert die Täter an.“ (Bilanz) —
ASIN : B008L483WY
Herausgeber : C.Bertelsmann Verlag (10. September 2012)
Trackback by kurt strohmaier 25. Mai 2022 11:24