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[Brunath][Ukraine] Reflexion: Was bedeuten die Minsker Vereinbarungen?

Bloged in Krise by friedi Mittwoch März 2, 2022

Auch wenn die zwischenzeitlichen Ereignisse die Minsker Vereinbarungen überrollt haben, lohnt es sich doch, ihren Inhalt und ihre Umsetzung zu reflektieren. Nachfolgend eine Zusammenfassung von Rainer Brunath.

Am 5. September 2014 wurde in Minsk das Minsker Protokoll (Minsk-1) von einer aus der OSZE, der Ukraine und Russland bestehenden Kontaktgruppe ausgehandelt. Ziel war eine friedliche Regelung des Konflikts zwischen der Ukraine und den Volksrepubliken des Donbass.

Der Konflikt war dadurch entstanden, dass die Verwaltungsbezirke Donezk und Lugansk, die nach dem nationalistischen Staatsstreich in der Ukraine ihre Unabhängigkeit erklärt hatten, von der Ukraine in Rahmen einer „Antiterroroperation“ mit Truppen angegriffen worden waren.

Ziel der Verhandlungen war hauptsächlich ein Waffenstillstand, dessen Überprüfung durch die OSZE, gegenseitiger Gefangenenaustausch zwischen der Ukraine und dem Donbass, eine Amnestie sowie eine Föderalisierung der Ukraine.

Die Volksrepubliken des Donbass nahmen dieses Dokument durch Unterschriften von Alexandr Sachartschenko und Igor Plotnizkij zur Kenntnis, die damals Ministerpräsidenten der Donezker beziehungsweise Lugansker Volksrepublik waren, sie waren an den Verhandlungen aber nur als Beobachter beteiligt.

Die in Minsk-1 festgeschriebenen Ziele, selbst ein kurzfristiger Waffenstillstand, wurden nicht erreicht, die Angriffe der Ukraine auf den Donbass und die Kämpfe gingen weiter.
Wenn heute von den Minsker Vereinbarungen gesprochen wird, ist Minsk-2 gemeint, das am 12. Februar 2015 zwischen dem französischen Präsidenten François Hollande, der Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem ukrainischen Präsidenten Pjotr Poroschenko ausgehandelt und unterzeichnet wurde.

Die Volksrepubliken des Donbass nahmen an den Verhandlungen nicht teil, wurden aber konsultiert und nahmen die Ergebnisse durch die Unterschrift ihrer Staatsoberhäupter zustimmend zur Kenntnis. Sie beziehen sich seitdem positiv auf deren Umsetzung.

Dieses Abkommen wurde durch einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats in den Status eines völkerrechtlich verbindlichen Dokuments erhoben.

Der in einer bestimmten Reihenfolge umzusetzende Maßnahmenkatalog von Minsk-2 umfasst als wichtigste Punkte:

• Waffenstillstand
• Abzug schwerer Waffen
• Monitoring durch die OSZE
• Verhandlungen zwischen der Ukraine und den Volksrepubliken des Donbass über die Festlegung von Modalitäten für Kommunalwahlen in den Volksrepubliken
• Gefangenenaustausch
• Amnestie für alle Beteiligten
• einen besonderen Status des Donbass.

Die Amnestie und die Modalitäten für den besonderen Status des Donbas sowie die Wahlen müssen in Gesetzen beziehungsweise in der ukrainischen Verfassung festgehalten werden, beides muss zwischen der Ukraine und dem Donbass vereinbart werden.

Im Maßnahmenkatalog sind Kriterien für den besonderen Status des Donbass festgelegt, diese sehen unter anderem eine eigene Außenpolitik, ein eigenes Bildungswesen, ein eigenes Gerichtswesen und eigene Streitkräfte (die Volksmilizen) für den Donbass vor.
Erst nach Umsetzung all dieser Regelungen sollte die Ukraine die Kontrolle über die Grenzen zwischen dem Donbass und Russland zurückerhalten.

Minsk-2 sieht also eine Lösung des Konflikts über Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien vor, Russland, Frankreich und Deutschland übernehmen nur Garantien für die Umsetzung. Ziel der Vereinbarung war es, zu erreichen, dass die Ukraine mit dem Donbass unmittelbar verhandelt. In Minsk-2 ist ferner festgehalten, dass dieser Prozess bis Ende 2015 abgeschlossen sein sollte.

Seitdem finden regelmäßig Gespräche im Rahmen der Minsker Kontaktgruppe statt, an denen die Konfliktparteien, die OSZE und die Russische Föderation als Vermittler beteiligt sind.

Die Umsetzung hat jedoch bis heute nicht begonnen, da die Ukraine jeden direkten Dialog mit den Vertretern des Donbass ablehnt und sich insbesondere weigert, die Gesetze und Verfassungsänderungen mit dem Donbass zu vereinbaren. Selbst ein Koordinationsmechanismus zwischen den Konfliktparteien zur Reaktion auf Verletzungen des Waffenstillstands ist nach seiner Einrichtung von der Ukraine boykottiert worden, da dieser eine direkte Zusammenarbeit der Konfliktparteien vorsieht. Die einzigen realen Ergebnisse waren einige Gefangenenaustausche zwischen den Konfliktparteien. Zahlreiche vereinbarte Waffenstillstände wurden von der Ukraine gebrochen.

Die Ukraine hat praktisch von Anfang an auf eine Sabotage beziehungsweise Revision von Minsk-2 hingearbeitet, inzwischen wurden in der Ukraine auch Gesetze beschlossen, die Minsk-2 direkt
widersprechen.

Die Volksrepubliken des Donbass hingegen haben die Minsker Vereinbarungen akzeptiert, sie allerdings immer so interpretiert, dass ihre – durch die Referenden bestätigte – Souveränität nicht zur Disposition steht und dass es um eine friedliche Koexistenz mit der Ukraine mit bestimmten vertraglichen Bindungen gehe.

(Der Artikel Bruaths als PDF-Download: Was bedeutet die Minsker Vereinbarung)

Nun hat Russland militärisch eingegriffen. Auch wenn es im westen durchgehend anders dargestellt wird, versucht die Russische Armee zivile Opfer möglichst zu vermeiden. So hat etwa “ das russische Militär […] die Zivilbevölkerung in Kampfgebieten aufgefordert sich dort zu entfernen um Ziviltote zu vermeiden.“ (Brunath). Kann man sich eine „solche Aufforderung vom deutsche Militär vorstellen? Oder vom Lettischen? Oder … Oder… ?“ (Brunath). Auch bei der heute (2.3.2022) gemeldeten Beschießung des Kiewer Fernsehturms wurde zuvor die Bevölkerung per soziale Medien aufgefordert, sich vom Turm fern zu halten.

Anders als die ukrainische Regierung, die Zivilisten auffordert, kriegsrechtswidrig Anschläge auf die russischen Truppen durchzuführen und damit den Schutzstatus der Zivilisten gefährdet, versuche die russischen Truppen, möglichst schonend vorzugehen.

Auch wenn der kriegerische Akt gegen die Ukraine scharf zu verurteilen ist, was nun auch im Westen läuft, ist einseitige Kriegsrhetorik, die die Tatsachen vollständig verzerrt.

 

Kommentare	»
  1. der angesprochene sachartschenko mus ein ganz böser gewesen sein:

    „Erst vorige Woche war bekannt geworden, dass KPÖ-Gemeinderat Kurt Luttenberger im Sommer 2019 mit einem italienischen Gewerkschaftskollegen an einem seiner Angabe nach Gedenkstein für den früheren Chef der selbsternannten „Volksrepublik Donezk“ und Milizenführer, Alexander Sachartschenko, für ein Foto mit Tricolore mit rotem Stern posiert hatte. Sachartschenko war bei einer Explosion in einem Restaurant in Donezk 2018 getötet worden.“

    ref. kurier. at 23.02.2022

    https://kurier.at/politik/inland/ukraine-kpoe-kahr-fordert-truppenrueckzug-auf-beiden-seiten/401915497

    die frage ist warum sich die grazer kpö expressis verbis vom vorgehen putins distancieren muss. gilt der putin als kommunist ? gelten die verwaltungsbezirke donezk und lugansk als kommunistisch ?

    Trackback by kurt strohmaier 2. März 2022 18:49

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