[Österreich] Neuer Tatbestand „Antisemitismus“
Österreichs Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka plant die Einführung eines neuen Tatbestands „Antisemitismus“ der über das bisherige § 283 StGB weit hinaus geht.
Einer der gravierenden Unterschiede des geplanten neune Straftatsbestand zu § 283 ist der, dass § 283 zur Anwendung kam, wenn sich die Aggression gegen eine Person richtete. Der von Sobotka neu geplante Straftatbestand soll aber schon zur Anwendung kommen – ähnlich wie das Abzeichengesetz oder das Gesetz gegen die NS-Wiederbetätigung (Verbotsgesetz) wenn Symbole – etwa den Davidstern – oder Vergleiche von historischen Vorgängen bei denen Juden zuschaden kamen – gemeldet werden. Allgemein gesagt, wenn ein Jude sich beleidigt fühlt.
Sobotka begründet seinen Vorstoß damit, dass nach Meldungen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) die antisemitischen – also die gegen Menschen jüdischen Glaubens gerichtete – Aggressionen in letzter Zeit stark zugenommen haben (siehe auch: https://www.sueddeutsche.de/politik/oesterreich-antisemitismus-nimmt-zu-1.5399337 ).
Sobotka sagt:
„Wenn man heute den Hitler-Gruß macht, dann ist das strafbar. Aber wenn jemand den David-Stern trägt oder mit Parolen wie ‚Wir sind die neuen Juden‘ bei einer Demonstration durch die Stadt marschiert, hat das keine strafrechtlichen Folgen. Die Verächtlichmachung der Opfer des Nazi-Regimes muss ein Straftatbestand sein“ (https://orf.at/stories/3245115/ ).
Hinter dieser Begründung könnte auch die Intention vermutet werden, sich ein Gesetz zu schaffen, dass Kritik an spaltenden Maßnahmen der Regierung strafbar macht.
So werden sowohl von Sobotka als auch von der IKG besonders die Corona-Demonstrationen genannt:
„In den vergangenen Monaten nehmen wir insbesondere im Zusammenhang mit der Pandemie eine deutliche Zunahme von Schoah-Verharmlosungen und Verbreitung antisemitischer Verschwörungsmythen wahr“, sagte Präsident Oskar Deutsch.( https://orf.at/stories/3245115/ )
„Die Verhöhnung der Opfer, auch der Überlebenden, muss aufhören. Davidsterne, im Stil der nationalsozialistischen ‚Judensterne‘, mit der Aufschrift ‚Ungeimpft‘ oder Hitler-Banner auf den Straßen dürfen kein ungeahndetes Kavaliersdelikt sein. Polizeiliche Anzeigen müssen strafrechtlich verfolgt werden“, forderte er. ( https://orf.at/stories/3245115/ )
Es sei aber darauf hingewiesen, dass eine Zunahme des Antisemitismus schon zumindeste seit 2015 publiziert wird (siehe: https://www.erinnern.at/themen/e_bibliothek/antisemitismus-1/antisemitismusbericht-2015-im-vorjahr-deutlich-mehr-meldungen-als-2014 , https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2062020-Antisemitismusbericht-550-Vorfaelle-im-vergangenen-Jahr-gemeldet.html).
Was antisemitische Angriffe sind, ist lt. Wiener Zeitung gemäß EUMC wie folgt festgelegt:
„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und / oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen und religiöse Einrichtungen.“ (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2062020-Antisemitismusbericht-550-Vorfaelle-im-vergangenen-Jahr-gemeldet.html )
Dies ist etwa an den aktuellen Corona-Demonstrationen zu sehen: Wenn ein Nicht-Jude einen Vergleich mit der Judenausgrenzung im 3. Reich zieht, so kann sich ein Jude sich beleidigt fühlen und den Antisemitismusvorwurf erheben (was einen Teil der angestiegenen Antisemitismuszahlen erkärt). Bisher hatte das aber nur strafrechtliche Folgen, wenn Wiederbetätigung oder ähnliches vorlag.
Nun, wenn das neue Gesetz beschlossen wird, können Demonstrationen durch den Vorwurf des Antisemitismus als gesetzeswidrig untersagt werden. Das von Sobotka geplante Antisemitismusgesetz – das übrigens von Justizministerin Alma Zadić befürwortet wird – kann also ganz einfach zur Untersagung oder Auflösung von Demonstrationen genützt werden (es genügt ja, wenn eine jüdische Person sich als beleidigt deklariert).
Ähnliches befürchtet auch die Palästinasolidarität. Aktuell können Organisationen ledigliche verboten werden, wenn sie als Terrororganisationen klassifiziert werden – was aktuell schon problematisch ist – etwa bei der BDS. Zukünftig könnte mit dem Gesetz jegliche Kritik am Staat Israel strafwürdig werden – der doch etwas problematischer zu belegende Terrorismusvorwurf wird dadurch nicht mehr gebraucht.
Die Einführung eines neuen Straftatbestand, wie in Sobotka plant, ist eher als Mittel der Meinungsunterdrückung – vor allen Israels gegenüber – zu sehen, als ein Mittel des friedlichen Zusammenlebens.
Strafandrohungen haben noch nie Freundschaften geschlossen. Die aktuelle Regierung mit ihren türkis/schwarz-grünen HerrscherInnen-Stab wollen aber kaum anderes, als unterdrückend herrschen. Damit ist zu befürchten, dass auch dieses Gesetz kommt und ein weitere Anstoß für Zwietracht wird.
Graz, 28.1.2022, W. Friedhuber
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