Wo ist der methodische Unterschied westlicher Medien?
Rainer Brunath stellt bei der Lekture westlicher Artikel über China fest, dass westliche Medien-Macher nicht zuletzt schlichtweg das Urteilsvermögen des Lesers oder TV-Konsumenten bezweifeln und sie für zu blöd halten , sich ein eigenes Bild zu machen. Aber genau das unterstellen sie gerade den Medien in China und auch Russland. Anbei Rainer Brunaths Essay dazu.
Sind die Methoden der westlichen Medien so viel besser als diejenigen von China und Russland ?
Essay eines Artikels, erschienen unter dem Titel: „Westliche Vorstellung von Meinungsvielfalt“, Rüdiger Rauls, Marxistische Blätter, 6/2021
Rainer Brunath, Hamburg 17.11.2021
Seit Jahren und gerade aktuell berichten die Wertemedien (Print wie auch TV) umfangreich über Leben, Politik und gesellschaftliche Vorgänge in China. Zuletzt war es über die Wiederwahl Xi Jinping´s. Dabei wird in der Regel eher ein kritisches und negatives Bild des Landes gezeichnet, obwohl es dem Land gelungen ist, Hunderte von Millionen Menschen aus der Armut zu führen, ein Vorgang, den westliche Staaten eigentlich neidvoll anerkennen müssten, da ihnen das in so einem kurzen Zeitraum nie gelungen ist.
Ähnlich verhält es sich bis heute mit der Berichterstattung über die Bewältigung der Corona-Krise in China. Was immer auch getan wurde, es stieß speziell bei der FAZ auf Kritik: zu spät, nicht genug, zu diktatorisch, zu machtbesessen – das charakterisierte die Sprache der Medien. Der weltweit bestaunte rasante Aufbau zweier Krankenhäuser in Wuhan wurde zur diktatorischen Besessenheit der Pekinger Führung umgedeutet – auf jeden Fall zu etwas, das einem Angst einflößen müsste.
Die zum Teil kostenlosen Hilfen z. B. an Italien, wurden zur »Maskendiplomatie« und Chinas Bereitstellung einer halben Milliarde Impfdosen und Lizenzen von Vakzinen an Länder der Dritten Welt wurde umgedeutet als »Impfdiplomatie«.
Kranke Gehirne. Behauptungen statt konkrete Beweise für solche Unterstellungen, basierend auf Spekulation und Vermutungen. Aber zum Ausgleich schnappt sich der Westen die Impf-Präparate gegenseitig vor der Nase weg. Und das erzeugt in den Köpfen der Politakteure im Westen eine Scheinwirklichkeit, die das eigene Handeln bestimmt. So entstandene Motive und Absichten werden zum Wertmaßstab und man wird unfähig sich andere Kategorien vorzustellen, andere, die dem Handeln und den Absichten Chinas zugrunde liegen. Und das Wissen darum führt zu der Frage, ob die Darstellung der wirklichen Verhältnisse in China überhaupt im Interesse solcher Meinungsmacher liegt.
Basierend auf diesem Hintergrund erklärt sich, warum die FAZ alles aufbot, um die Ausstrahlung eines Beitrags über China zu torpedieren, der ein anderes Bild von der Wirklichkeit vor Ort zeichnete. Die Dokumentation »Wuhan – Chronik eines Ausbruchs« hatte am Montag, den 15.6.2020, im öffentlich-rechtlichen SWR (SüdWestRundfunk) gesendet werden sollen. Mit Titeln wie »Chinesische Propaganda im SWR?« zog die Frankfurter noch andere Medien in den Strudel von pharisäerhaften Deutungen und sprach triumphierend von »massiver Kritik« und dass der Sender aufgrund dessen »sich wohl nicht anders zu helfen« wusste, als »den Film nicht zu zeigen«. Die FAZ unterstellte dem SWR frech, einen angeblichen Versuch Pekings zu unterstützen, »die internationale Öffentlichkeit zu beeinflussen«. Als ob der SWR nicht eigene Recherchen angestellt hätte. Die Informationen des SWR basierten gemäß eigener Angaben auf Informationen, die vom „China intercontinental Communication Centre“ (CICC) herausgegeben waren, und die wiederum von eigenen „vor Ort“ Investigativ-Journalisten dort erfragt worden waren. Und weiter war der Wirbel der FAZ nichts als eine Luftnummer, als der SWR versichern konnte, dass eine unterstellte Einflussnahme durch die Chinesen gar nicht stattgefunden hatte, nicht stattfinden konnte, da »jede Aussage im CICC-Material einem Drei-Quellen-Check unterzogen worden sei«. Was also steckte in Wahrheit hinter dem scheinheiligen Auftreten der FAZ und ihrer Follower?
Man könnte sich fragen, warum nicht solche journalistische Sorgfalt auch woanders, warum nicht über Syrien, Libyen oder gar Palästina? Ein auch dort vergleichsweise drastisches Vorgehen der Wertemedien? Fehlanzeige! Ist also die vorgetragene Empörung in Bezug auf China in der deutschen Presse ein Zeichen dafür, dass nur sie Einfluss nehmen darf auf den Leser, die Öffentlichkeit? So scheint sich bei den Meinungsmachern im Westen einfach der Glaube festgesetzt zu haben, den eigenen Bürger bei seiner Meinungsbildung fest im Griff zu haben. Oder hat man Angst, dass der eigene Einfluss auf das Denken der Bürger ins Wanken gerät?
Frühere Hoffnungen des Westens auf eine ähnliche Entwicklung wie in der ehemaligen Sowjetunion hatten sich in China nicht erfüllt. Jetzt nach dieser Erkenntnis gelten auch die Chinesen wie die Russen unter Putin als Schuldige für alles, und man stört in Gutsherrenmanier die internationalen Beziehungen und glaubt, dass das alte Rezept, nämlich Erhöhung des Drucks, immer noch wirke: die EU erklärte im Jahr 2019 China zum Systemrivalen, d.h. politische Konkurrenz. Und das ist brandgefährlich, denn Konkurrenten gehen in kapitalistischer Manier gnadenlos mit sich um.
Im Rahmen dieser westlichen, dünkelhaften Vorstellungen verschob der Westen auch die Behandlung der Corona-Krise in den Systemkonflikt. Ohne Konzept und Überlegung wurde die Bekämpfung der Seuche zu einem Maßstab für die Stärke des westlich-demokratischen Systems ausgerufen. Und damit hat er sich selbst ans Bein gepinkelt. Denn China hatte die Krise besser gemeistert als die Staaten der westlichen Wertegemeinschaft (WWG). Die Zahl der Toten ist wesentlich geringer, und Chinas Wirtschaft hatte sich rasch wieder erholt, inzwischen sogar das Niveau der Vorkriegszeit übertroffen und sogar punktuelle Erholung in Deutschland ist der funktionierenden Neuen Seidenstraße geschuldet. Das alles will man nicht wahrhaben und die Meinungsmacher im Westen leugnen diese Tatsache bis heute, indem sie die Erfolge Chinas herunterspielen oder gar ganz verschweigen. Und dieses Bild hätte die Dokumentation des SWR zumindest teilweise gestört. Der Leser der FAZ und jene ihrer Follower hätte etwas über China erfahren, was ihn zumindest nachdenklich gemacht hätte. Galt es das zu verhindern?
Die »Schlacht der Narrative«, die die FAZ in ihrer Ausgabe vom 1.4.2020 ausgerufen hatte, also zwei Monate vor der gepalnten Sendung des SWR, war in Gefahr, den Bach hinunter zu gehen. Die Leser im eigenen Einflussbereich mussten bei der Stange bleiben, wenn man schon auf die Meinungsbildung in China selbst kaum Einfluss hat. Aber vor welcher Gefahr wollte die FAZ die Medienkonsumenten bewahren, was sollten sie in der abgesetzten Dokumentation nicht zu sehen bekommen z.B. » bestens ausgestattete Krankenhäuser, bestens versorgte Patienten, chinesische Hochtechnologie«?, wie die FAZ selbst schreibt. Nein die FAZ wünschte sich gleichzeitig »dass in der Dokumentation auch Personen zu Wort kommen, die das offizielle Narrativ in Frage stellen«. Wie sähe es denn für den umgekehrten Fall aus? Die FAZ würde sich mit Sicherheit dagegen verwahren unter Hinweis auf ihre redaktionelle Gestaltungsfreiheit, abgesehen davon, dass die Info´s tripple-gescheckt sind.
Das chinesische Krisenmanagement war bisher für die westlichen Medien und Politschranzen kein Thema und man lenkte ab, indem man wie ein gewisser US-Präsident vom Chinesischen Virus sprach. Nun aber staunt selbst die FAZ »stattdessen sehen wir ein scheinbar perfekt funktionierendes Krisenmanagement und scheinbar dankbare und zufriedene Bürger«. Was daran als ausgefeilte Methoden zur Beeinflussung der Öffentlichkeit bekrittelt werden kann, erschließt sich vermutlich nur der FAZ.
Traut man dem kritischen Bürger nicht zu, dass er sich ein eigenes Bild ohne Bevormundung schaffen kann? Oder hat man vielmehr sogar Angst davor, dass durch solche Dokumentationen klar wird, dass die Berichterstattung unserer Medien sich als das enttarnt, was sie in Wirklichkeit ist: Manipulation? Und nicht zuletzt, mit dieser Haltung bezweifelt man schlichtweg das Urteilsvermögen des Lesers oder TV-Konsumenten. Aber das unterstellt man gerade China und auch Russland. Welche eine Überheblichkeit.
Letztlich und in der Konsequenz besagt das alles nichts anderes, als dass Medien und Politik von ihrer eigenen Argumentationskraft und Weltsicht nur wenig überzeugt sind. Im Umkehrschluss heißt das, dass sie fürchten, die eigenen Bürger könnten zu leicht durch die Argumente der anderen überzeugt werden. Ja, die Meinungsmacher wissen es sogar: das eigene Weltbild überzeugt die Öffentlichkeit immer weniger, die eigenen Argumente sind schwach. Und die Medien-Macher wissen auch, Russland und China sind nicht die Gefahr, nein es sind ihre eigenen Bürger, denen sie misstrauen. Und das hat gute Gründe: Sie wissen genau , dass sie manipulieren, dass sie den Menschen ein falsches Bild von der Wirklichkeit vermitteln. Sie zeichnen ein Bild einer Wirklichkeit, das den eigenen Wünschen und politischen Interessen entspricht. Dieses Bild aber ist aber immer weniger die Wirklichkeit außerhalb der Redaktionen und Sendehäuser.
Der Essay als PDF: Sind die Methoden der westlichen Medien so viel besser als diejenigen von China und Russland (1)
ich war 1978/79 in berlin als es die debatten über sacharow gab und konnte täglich west-und ostmedien diesbezüglich vergleichen. die argumentationen erschienen aus allen richtungen gleich plausibel zu sein.
die FAZ hat während der katastrophe in jugoslawien schon tendenziös falsch berichtet, dazu findet man genug bücher ehemaliger mitarbeiter der FAZ in den buchhandlungen………..
Trackback by kurt strohmaier 20. November 2021 20:46