Wolf in Steyr: Was ist davon zu halten?
Wie berichtet, hat Siegfried Wolf nun das MAN-Werk in Steyr übernommen (siehe:https://www.linkestmk.at/archive/19363 ). Nicht alle sind damit zufrieden; schon gar nicht mit der Vorgangsart (siehe: https://www.linkestmk.at/archive/19441 )
Wie kann man – als nicht Beteiligter – da die Lage einschätzen?
Meine Einschätzung, die auf dem kategorischen Beharren von Seiten VWs auf Siegfried Wolf als einzigen Interessenten beruht sieht wie folgt aus:
VW will das Werk nach Polen transferieren – das ist beschlossen (da bekommt man auch vermutlich wieder EU-Förderung). Um das mit möglichst wenig Reibungsverlusten durchführen zu können, braucht VW den Standort Steyr noch ungefähr zwei Jahre – einerseits um den Lieferverpflichtungen nachzukommen und anderseits um das Know-How zu transferieren. Um dieses Konzept durchführen zu können braucht VW einen Interessenten, der VW-loyal ist – und das ist eben Herr Wolf. Wolf ist einerseits dem VW-Konzern verbunden und anderseits ein Brancheninsider, der für Steyr die Einbindung in den russischen GAZ-Konzern, wo er im Aufsichtsrat sitzt (siehe etwa: https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5426634/), durchführen kann. Er ist also ein Garant dafür, dass die VW-Strategie bei der Produktionsverlagerung möglichst reibungsfrei abläuft und anderseits ebenfalls ein Garant dafür, für die österreichische Politik und die Belegschaft in Steyr ein glaubhaftes Konzept zur Weiterführung zu liefern. Zudem ist GAZ kein direkter Konkurrent zu MAN.
Die Schattenseite ist, die schiefgegangene Abstimmung. Was so schön geplant war – in der Managersprache: die Win-Win-Situation – hat einen Riss bekommen. Das kategorische Beharrn auf Wolf hat in der Belegschaft Misstrauen erweckt – vor allem auch, weil die Übernahmebedingungen mit einem Gesundschrumpfen des Standortes auf Kosten der Belegschaft geplant war (und weiter ist).
Aber hätte es Alternativen gegeben?
Die Antwort ist eindeutig: Nein!
VW wäre das Risiko, das Werk an jemand anderen abzutreten niemals eingegangen – der Standort wird ja noch gebraucht. Wenn jemand anderes das Werk übernommen hätte und die Produktion und den Know-How-Transfer nicht durchgeführt hätte – da wäre es für VW besser gewesen, das Werk sofort zu schließen. Dann wäre zwar das volle Produktions- und Transferrisiko schlagend geworden – aber ein etwaiger Konkurrent hätte den Standort nicht nutzen können.
Wie ist nun die Weiterführung durch Wolf zu bewerten?
Generell sind diese Manager und Magnaten kaum kalkulierbar – sie sind in einer anderen Welt. VW hat mit dem Werk Steyr da ja ein Lehrbeispiel gegeben (und zuvor schon die Österreichische Regierung mit der Privatisierung des Werkes). Versprechen, Zusagen, selbst Verträge zählen für diese Schicht von Menschen kaum. Aber bei Wolf könnte man eine Prognose wagen. Immerhin hat Wolf zuvor schon das Grazer Werk des Steyr-Konzerns – die heutige Magna-Steyr – im Aufsichtsrat verantwortet und da eigentlich sehr standortfreudlich agiert.
Ein Kollege der damals in der Übergangszeit der Zerschlagung des Steyr-Konzerns beschäftigt war schreibt etwa zur Ablehnung der Werksübernahme in Steyr:
Und als Hinweis auf die Vorgänge bei der Privatisierung des Steyr-Konzerns in Graz-Thondorf mit Bezug zu Wolf im Aufsichtsrat des Magna-Konzerns:
Das Magna-Werk in Graz wurde also nicht weiter zerlegt und ist heute ein wichtiger Faktor der steirischen Wirtschaft. Insofern muss man sagen: Wolf dürfte das auch in Steyr hinbekommen – er scheint kein Mitglied des Finanz-Heuschreckenschwarms zu sein, der Werke nur ausschlachtet.
Abschließend bleibt als Resümee:
Unschön ist das Agieren der liberalisierten Konzerne – unschön ist das vorgehen der Politik – unschön sind die Kündigungen und Lohnkürzungen – aber Wolf scheint für Steyr das Beste zu sein. Er hat beim Magna – Werk in Graz bewiesen, dass er Produktionsstandorte erhalten kann.
Solange also die Wähler Regierungen mit neoliberalen Credo aktzeptieren und es zulassen, dass diese Volksvermögen an Investoren verschleudern, bleibt ihnen nur ein Figur wie Siegfried Wolf als Hoffnung. Für die Arbeiter sozusagen die süßeste der sauren Zitronen.
Besser wäre es natürlich gewesen, den Steyr-Konzer nicht zu zerschlagen und zu privatisieren – aber das ist verschüttete Milch.
Graz, 30.6.2021, W.Friedhuber
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