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Die Chancen der Zeit, die zu Problemen gemacht werden

Bloged in Allgemein,Krise by friedi Montag Juni 28, 2021

Wie Kennet Galbraith schon 1959 festgestellt hat, leben wir in einer Überflussgesellschaft (siehe: https://www.linkestmk.at/archive/2478) – trotzdem haben wir Hunger und Elend auf der Welt und die Kluft zwischen Arm und Reich wird wieder größer. Was läuft da falsch?

Nun: Es gibt eben Gesellschaftsschichten, die auf Kosten des Armutsgefälles ihren Wohlstand steigern. Die profitorientierte Wirtschaft kann Profite steigern, wenn sie Mangel erzeugt, da nach kapitalistischer Preiskalkulation Knappheit die Preise – und damit die Gewinne – in die Höhe treiben.

Wenn nun Glabraith behauptet, wir hätten eine Überflussgesellschaft – wie kann es dann zu Knappheit kommen?

Dafür ist die Politik zuständig. Privatisierung kommt nicht umsonst vom Wortstamm privatus (beraubt). Durch Privatisierung wird der Gesellschaft immer mehr Gut entzogen und in teure Handelsware umgewandelt. Wir haben dann – wie auch in Europa etwa um 1970 herum – eine Landwirtschaft, die Butterberge und Milchseen produzieren kann, aber bevor die Gewinnspannen des Handels gesenkt wird, wird die Butter eben lieber weggeworfen – bzw. politisch Maßnahmen ergriffen, dass wieder Knappheit herrscht.

Dieses Prinzip gilt auch für die Industrieproduktion. Zur Stabilisierung der Preise wird die Produktionsmenge eingeschränkt – gerade europäische Firmen haben dieses Prinzip verfolgt. Erst die asiatischen Staaten – heute allen voran China – haben gezeigt, dass es auch anders geht: Hohe Stückzahlen, niedriger Stückgewinn sichert sowohl die Produktion als auch die Investitionssumme. Eigentlich geht das Prinzip auf Henry Ford zurück und ist als Fordismus bekannt. In Europa waren die Firmen aber immer mehr an hohen Stück-Gewinnen interessiert. Sie haben also durch Produktionsdrosselung für Knappheit gesorgt.

Inzwischen ist aber, dank Automatisierung und dank der Fernoststaaten eine Produktion von Industriegütern in praktisch beliebigen Mengen möglich. Nun wird versucht, die Knappheit über andere Mittel aufrecht zu erhalten: Importzölle, Urheberrechtsschutz, Transportblockaden, Schüren von Konflikten usw.

Zusammenfassen soll damit gezeigt werden, dass die Politik – vor allem die neoliberale Politik – hier eine wesentlicher Faktor ist, Wohlstand für alle zu verhindern. Wohlstand für alle wäre möglich – und zwar nicht wie behauptet, auf kosten der Natur – sondern im Gegenteil. Erst durch die modernen Produktionsmethoden wird Naturschut und Wohlstand vereinbar.

Die aktuellen Vorgänge weisen aber in die gegeneilige Richtung.  Der „Green-Deal“ ist in vielen Facetten selbst Bestandteil der gewinnsteigernden Knappheitsstrategie.  Dies ist vermutlich ohnedies jedem Ökonomen und jedem Techniker klar: Wenn die Kosten mit den Aufwand korrelieren, dann ist ein kostenintensiveres Produkt nicht ökonomischer als ein Produkt mit geringeren Herstellungskosten. Wenn nun sogenannte Alternativenergien teurer sind als die bisherigen, so ist das auch ein deutlicher Hinweis, dass sie auch Ressourcenintensiver sind. Und wenn man nun ganze bestehende Industriezweige per Verordnung vernichtet, so vernichtet man Ressourcen – man schafft Knappheit und damit wiederum die Möglichkeit Gewinne zu steigern.

Ganz besonders dramatisch könnte sich das für die sogenannten Länder des Südens auswirken, die nun nicht mehr auf effizient und massig produzierte Güter und Transportmittel bei sinkenden Preisen hoffen können, sondern aufwendigere, teurere und am Anfang ihrer technischen Entwicklung stehenden Alternativtechniken erwerben müssen (falls auch China sich der EU-Logik anschließt – ansonsten können diese Länder noch auf China hoffen).

Aber nicht nur der Landwirtschafts- und Produktionssektor ist von dieser Ideologie betroffen. Die Finanzierungskonzepte, auch wie sie aktuell von der EZB betrieben werden, stellen praktisch zinsenloses Geld für die Kapitaleigner zur Verfügung, die damit weiter Realitäten erwerben können und damit einerseits die Haftung der Bürger für diese Gelder erhöhen und ihnen anderseits Lebensraum entziehen. Wie nun zur Finanzierung der Green-Deal – Projekte geplant ist, dass die sogenannte New Monetary Theorie (NMT), die davon ausgeht, dass Geld lediglich ein Kontobestand ohne Gegenwert ist, zur Finanzierung der Projekte herangezogen wird, führt dies zu eine absolut gelenkte Wirtschaft. Bei der unkontrollierte Geldpolitik durch Institutionen wie EZB, die keinerlei wirklichen Kontrollen unterliegen, dürften dabei die Nachteile für die Bevölkerung rasch spürbar werden, da – wie die EZB ja jetzt schon praktiziert – eine Geldschwemme für die Kapitaleigner vorhanden ist – für den Bürger aber eine Geldknappheit (die steigende Grundstückspekulation und Bautätigkeit sind schon ein sichtbares Zeichen dieser Entwicklung).

Und generell: Die NMT hat natürliche einen blinden Fleck; nämlich den Tauschwert des Geldes. Man kann natürlich Geld in rauen Mengen herstellen – aber es gibt nicht genügend reale Gegenwerte. Dadurch, dass nur wohlmeinende Weltverbesserer in politischen Ämtern das Geld in aufwendige Lieblingsprojekte stecken können (nach dem Ankauf einer schönen Villa) entsteht für die Menschen eine fatale Situation: Während die notwendigen Güter (Wohnung, Strom, Essen) inflationär teurer werden, werden andere Güter – etwa Kredite, Sparzinsen, Versicherungen usw. entwertet – die einfache Bevölkerung kann so kein Vermögen mehr aufbauen: Die Löhne sinken, die Versicherungen – auch die Pensionsversicherungen – werden entwertet, die Verarmung steigt. Lediglich die Träger der Institutionen (Minister, Landeshauptleute usw.) und die Kapitaleigner profitieren.

Diese kapitalistenfördernde Strategie der politischen Eliten betrifft leider alle Ebenen – und machen die Überflussgesellschaft zu einer Mangelwirtschaft mit armutsfördernden Komponenten. Die Politik sorgt dafür, dass es so bleibt. So haben wir zwar, dank des technischen Fortschritts, nicht mehr Lohnarbeit für alle, aber wir ändern das Sozialsystem – etwa in Richtung eines Grundeinkommens – nicht. Ebenso in der Arbeitszeitgestaltung: Viele Menschen – vor allem in wissensintensiven Berufen – haben körperlich kaum mehr eine hohe Belastung (und müssten auch nicht stressbelastet arbeiten, weil wir eine Friedenswirschaft ohne Handlungsnot haben) – aber sie werden gezwungen, mit 65 in Pension zu gehen. Dies ist gerade für wissensintensive Berufe – etwa Atomphysiker, Mathematiker, Chemiker usw., die ohnedies ein halbes Leben brauchen, um die jeweilige Materie zu verstehen – extrem kontraproduktiv.

Vor allem für Frauen ist das aktuelle Arbeitszeitmodell nahezu unzumutbar: In der Zeit wo sie gebärfähig sind, sich Kinder wünschen, sind sie in ihrer Karriere eingespannt, dann nach der Menopause sind sie für den Arbeitsmarkt nicht mehr interessant.

Wir könnten schon längst an einem Arbeitszeitmodell arbeiten, welches die Autonomie der Menschen als Grundlage hat: Etwa das Recht mit spätestens 65 in Pension zu gehen – aber nicht die Pflicht dazu. Und vor allem, einen Arbeitsmarkt, der nicht Menschen ab 45 als unbrauchbar einstuft.

Aber auch hier soll Knappheit geschaffen werden: Knappheit an Stellen und Überangebot an Arbeitskräften. Der Vorgang ist in Summe widersinning: Es hohes Wissen und Erfahrung verlangt, aber die, die hohes Wissen und Erfahrung haben, werden vom Arbeitsmarkt praktisch ausgeschlossen.

Die Politik hat eben zwei Seiten: Die eine Seite – Knappheit bei den Produkten zu schaffen und die andere Seite, Bedingungen der Lohnreduktion zu etablieren. Dass diese Logik in sich widersprüchlich ist, weil sie für den Produktmarkt andere Kriterien ansetzt als für den Menschenmarkt, scheint von den Menschen toleriert zu werden.

Ebenso wie toleriert wird, dass wir in der Überflussgesellschaft nun wirklich die Möglichkeit hätten, Wüsten zu begrünen und die Armut und den Hunger abzuschaffen – man aber das Gegenteil tut. Um die Gewinne zu erhöhen werden Kriege angezettelt, Regime gestürzt und Gesetze verbogen – und: Die Produktion behindert. Nur die Rüstungsindustrie, die wird nach außen hin reglementiert – aber tatsächlich gefördert. Selbst Regionen, die massive Hungersnöte haben, haben genug Kapital, um sich mit Panzer zu versorgen.

Auch auf dem Sektor der Pensionszahlungen ist diese ignorante Haltung von Politik zu sehen. Wie schon Thomas Malthus anno 1800 den Fehler beging, aktuelle Zustände einfach linear fortzuschreiben, machen dies nun die Versicherungsexperten. Das System von Gestern wird zum Maßstab von Morgen. Da in Europa die Alterspyramide wächst, werden zur Stabilisierung der Modellrechnung Menschen nach Europa importiert.

Da die Pensionsberechnung auf arbeitsfähige Menschen im Verhältnis zu pensionierten Menschen aufsetzt, werden einfach soviele junge Menschen nach Europa (oder Österreich) importiert, dass dieses Rechenbeispiel aus dem Bereich der früheren Milchmädchen wieder passt. Dass das Pensionssystem schon längst an die Wertschöpfung gekoppelt werden sollte, das ist kein Thema. Das würden ja die Gewinne der Kapitaleigner schmälern. Im Gegenteil: Die Politik arbeitet daran, die Pensionskosten durch Arbeitszeitverlängerung zu kompensieren. Zudem ist für die importierten jungen Menschen ja eigentlich keine Arbeit da.  Der Großteil dieser Menschen wird selbst zu Sozialhilfebeziehern. Für das Kapital hat das aber den Vorteil, dass das Arbeitskräfteangebot steigt – und da wirkt dann plötzlich wieder das Marktgesetz: Da müssen die Löhne runter! (und die Statistiken der Pensionsversicherung stimmen durch die korrigierte Alterspyramide – erst wenn die Einzahlungen sinken, wird da das Problem wieder relevant).

Zusammenfassen muss der Schluss gezogen werden, dass, zumindest lokal, eine andere Politik etabliert werden soll, eine Politik, die das Wohlergehen des Menschen in das Zentrum stellt und nicht die Wirtschaft. Die Wirtschaft ist der Teil der Gemeinschaft, welche die benötigten Waren und Dienstleistungen bereitstellt. Die Möglichkeiten die heute gegeben sind, lässt dies in nahezu beliebiger Menge zu. Die Politik sorgt jedoch dafür, dass der produzierende Zweig der Wirtschaft ander Schwerpunkte hat: Kapitalgewinn durch hohe Gewinnspannen. Immer mehr Ressourcen werden dieser Ideologie geopfert – sogar der Grund und Boden. Die Bodenspekulation produziert nichts sinnvolles – eher im Gegenteil: Sie ist Teil der preistreibenden Verknappungsideologie – der Privatisierung. Die produzierenden Komponenten der Wirtschaft werden dadurch verdrängt.

Wir leben also in einer Überflussgesellschaft, die politische Rahmenbedingungen setzt, damit der Wohlstand nicht allen zugute kommt und einige Wenige dafür immensen Luxus genießen können. Die Politik arbeitet also an der Wiederaufrichtung einer Feudalgesellschaft.

Was mich wundert: Dass in einer Demokratie bei den Wahlen die Menschen immer noch mitspielen und den neoliberalsten der neoliberale wählen.

Graz, 28.6.2021. W.Friedhuber

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