Mahnung an die österreichische Türkis-Grüne Regierung
Die aktuell agierenden Realpolitiker wären gut beraten, sich einen Tag Pause zu gönnen und Oskar Negts „Gesellschaftsentwurf Europa“ zu lesen.
Oskar Negt schrieb dieses Buch anno 2012, also nach der damals größten, von den neoliberalen Machenschaften verursachten Nachkriegs-Wirtschaftskrise und er kritisiert darin die Tendenz der Krisenlösung. Er stellt eindringlich und kompakt dar, warum autoritäre Lösungsansätze die Demokratie gefährden.
Wenn heute in Österreich die Wirtschaftspartei, vertreten durch Hr. Kurz und durch den Realoflügel der Grünen, in Form von Hr. Kogler oder Hr. Anschober, glauben richtig zu handeln, wenn sie expertengestützt, demokratieferne Entscheidungen treffen, so täuschen sie sich. Sie arbeiten daran, das Vertrauen in den Staat zu zerstören und im Endeffekt die Demokratie zu Grabe zu tragen.
Wie Negt als Zusammenfassung feststellt, kann die Legitimation für eine Demokratie nur aus der gerechten Gesellschaft kommen.
Als Abschluss schreibt Oskar Negt:
„Deshalb ist ein Denken nötig, das von unten ansetzt, das die Lebensbedingungen der Menschen zur Ausgangsbasis aller Reflexionsprozesse nimmt und das in den Persönlichkeitsrechten enthaltene Emanzipationsrecht auf das gesellschaftliche Ganze zu erweitern versucht.“
Allein das in dieser Aussage enthaltene wird von der aktuellen Regierung mehrfach durchbrochen. Ihre Notstandsgesetze schützen die Großen. Die Administration der Hilfsgelder ist praktisch der Wirtschaftskammer überantwortet nicht dem Sozialministerium.
Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, Kleingwerbetreibenden sind praktisch dem Goodwill eines Herrn Karlheinz Kopf ausgeliefert, dessen einseitige Bevorzugung der sogenannten Leistungsträger bei jedem seiner Interviews deutlich zum Ausdruck kommt.
Diese Regierung geht eben NICHT von den Menschen aus. Sie geht, wie es für ständestaatliche Regierungen üblich ist, von den sogenannten Leistungsträgern aus.
Die Strukturen und Akteure, welche die Krise 2008 verursacht haben, die auch ganz entscheidend an der jetzigen Krise mitverursachend waren, die haben auch jetzt wieder das Sagen. Sie verursachen nun eine Wirtschaftskrise wie sie 1929 die Welt in den Abgrund stürzte. Diese Akteure haben durch die Nichtbehebung der Problemfelder von 2008 sowie auch im Versagen in der Flüchtlingskrise gezeigt, dass ihnen lediglich ihr Profit und Herrschaftsanspruch wichtig ist – nicht jedoch die Menschen!
Ja! Auch das aktuelle Desaster wird global angerührt. Hr. Kurz, Hr. Kogler und auch Hr. Kopf ergreifen nur die Gunst der Stunde – oder können sich halt nicht anders helfen – aber sie setzen mit den Maßnahmen am falschen Ende an. Die durch die Maßnahmen verursachte Wirtschaftskrise wird so massiv werden, dass eine Stützung der Wirtschaftsbetriebe reine Ressourcenverschwendung ist.
Es muss bei den Menschen angesetzt werden. Es ist notwendig, so rasch wie möglich für die Masse ein garantiertes Grundeinkommen bereitzustellen um Not und Elend zu verhindern und es müssen die Leitbetriebe – etwa im Bereich der Medizin, der Stromversorgung, der Wohnungen und der Finanzierung – unter staatliche Kontrolle gestellt werden, damit die regionale Infrastruktur zur Versorgung der Bevölkerung wieder aufgebaut werden kann und dem Bauspekulationswesen am Wohnungssektor ein Ende gesetzt wird.
Aktuell zeigen alle Anzeichen der politischen Maßnahmen dahin, die privatisierten Institution, Firmen, Vereine, Organisation mit Geld zu überschwemmen. Das werden die Organisationen dankend annehmen – aber meist nicht zum Nutzen der Allgemeinheit einsetzen (auch wenn Herr Kopf uns weismachen will, das wäre anders).
Dieser Entzug der Krisengelder durch den Privatsektor ist letztendlich systemimmanent. Eine AG eine GesmbH usw. ist ja zum Gewinn verpflichtet. Würden diese Organisationen Gelder ohne Gewinnmargen einsetzten, würden sie ja gegen ihre gesetzlichen Aufträge verstoßen!
Lediglich gemeinnützige Gesellschaften dürfen Gelder anders verwenden – und auch hier nur unter strengen Auflagen (Projektfinanzierung).
Was die Regierung nun macht, klingt gut, lässt sich propagandistisch gut darstellen – und entspricht dem neoliberalen Mainstream (aus der Sicht der lokalen Eliten) – aber es entspricht nicht den Grundprinzipien einer egalitären Demokratie.
Selbst nach den Kriterien der liberalen Wirtschaft widerspricht das Vorgehen den Regeln. Neoliberales Credo wäre ja ein Einmischungsverbot der Politik in die Wirtschaft. Die Geldspritzen die nun getätigte werden, auch als Kurzarbeitsprogramm, sind das Gegenteil! Diese Einmischungen sind Wettbewerbsverzerrend; sie werden noch eine Flut an Klageprozessen nach sich ziehen (mit Recht!) – und vor allem einen Berg von Staatsschulden verursachen, für die die Allgemeinheit haftet, die – wie schon bei der EZB-Geldschwemme – von dem Geldsegen kaum etwas hat …
Graz, 15.4.2020, W.Friedhuber
No comments yet.