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Prozess gegen Rettet-die-Mur-Aktivisten: Das falsche Gewicht

Bloged in Allgemein,Protest by friedi Donnerstag Dezember 27, 2018

Nachfolgend die Schilderung des 3. Prozesses gegen einen Aktivisten der Rettet die Mur Bewegung in 3 Varianten:

  • Schilderung der Fakten
  • Essayhafte, wertende Schilderung
  • Versuch einer sozio-politischen Prozessanalyse

Schilderung der Fakten

Prozess Dr. Ganglbauer, 21.12.2018, Saal 44, Straflandesgericht Graz, Conrad v. Hötzendorfstraße

Zeitablauf

  • Eintreffen am Gerichtsgebäude ca. 9:45
  • Warten an der Sicherheitsschleuse (bei ca. 5 wartenden Personen): bis 10:00
  • Prozessbeginn 10:10
  • Prozessende ca. 12:30

Allgemeine Anmerkung

Große Teile der Verhandlung sind akustisch kaum bis gar nicht verständlich. Es wird leise und schnell gesprochen; teilweise nur in das Diktiergerät – mit vielen Bezugnahmen auf Aktenzahlen und Protokollen, die nicht textuell dargelegt werden, sodass auch die akustisch verständlichen Teile des Prozesses inhaltlich nicht verständlich bleiben.

Stand des Verfahrens

Der Vertagungsgrund des letzten Verfahrens war, dass das Gericht ein Gutachten über den Pensionierungsgrund und den psychischen Zustand des Angeklagten wollte.

3. Prozesstag

Zwischenzeitlich wurde ein psychiatrisches Gutachten erstellt.

Das Gutachter sollte klären, warum Dr. Ganglbauer arbeitsunfähig war. Das nun erstellte Gutachten bestätigte den Pensionierungsgrund, das Auftreten einer affektiven Störung (ICD F32 der WHO). Der Pensionierungsgrund ist weiterhin aufrecht. Die Erkrankung ist chronisch, eine Besserung nicht zu erwarten. Es geht darum, ob Dr. Ganglbauer wieder arbeiten kann. Jedenfalls: Die Rente wurde am 11.2.2013 nicht zuunrecht beantragt [Anm.: Warum der Pensionierungsgrund für das Verfahren wesentlich ist, wurde nie wirklich klar gemacht – es entsteht der Eindruck, dass das Gericht eben alles, was den Angeklagten desavoiren könnte, versucht wurde].

Der Richter wirft verbal dem Angeklagten vor, durch dieVerweigerung der Bekanntgabe seines Pensionierungsgrundes die Vertagung des Gerichts verursacht zu haben.

Die beisitzende Richterin will nun das Gefährlichkeitspotential des Angeklagten vom Sachverständigen erfragen (akustisch vieles unverständlich).

Der Sachverständige erklärt die Auswirkungen der Verhaltensstörung, die in Autoaggression (Haare ausreißen o.ä.) besteht. Die Richterin will aber hören, dass das für andere gefährlich ist. Der Sachverständige erklärt, dass in Bezug auf andere nur ein erhöhtes Streben nach Aufmerksamkeit gegeben ist – aber eben nie ein aggressiver Akt zu erwarten ist. Die Zwangsstörung besteht ja nahezu darin, dass der Angstabbau durch Handlungen gegen sich selbst erfolgt (Trichotillomanie)

Der Richter will aber den Zusammenhang mit Gemeingefährdung hören und beginnt daher die, im Pensionierungsgutachten erwähnte, Impulsstörung zur Sprache zu bringen. Der Sachverständige erklärt, dass die Impulsstörung ja genau die Verhaltensstörung – die Zwangsstörung der Trichotillomanie – ist. Eine Gemeingefährdung ist dabei nicht gegeben. Psychologisch wird diese Art der Impulsstörung als “Störung zu unfähigen Tätern” bezeichnet – also als eine Störung, die zum Aufstau von Aggressionen führt, bei der der Betroffene aber unfähig ist, sie in eine Tat zum Aggressionsabbau umzusetzen. Nun will der Richter wissen, ob die Störung eine Behandlung erfordert [Anm.: Es bleibt hier unklar warum das wesentlich sein sollte].

Da mir alles für den Tatvorwurf ziemlich unrelevant erscheint und eigentlich nur dazu dient, die berechtigten Beweggründe einer Protestaktion zu verschleiern, gebe ich hier den weiteren Verlauf des Verfahrens nicht weiter wieder – überhaupt, wo viele der Aussagen akustisch kaum verständlich sind.

Die Verteidigerin von Dr. Ganglbauer will noch auf den relevanten Punkt hinweisen, dass Hr. Dipl. Ing. Purrer der ESTAG ja am 9.2.2017 schon gewusst hat, dass der Angeklagte als der Verfasser der als Drohbriefe eingestuften Schreiben bekannt war und daher gar kein Grund für den aus Angst erfolgen Auszug aus seiner Wohnung bestand. Der Richter weist darauf hin, dass das Drohgedicht als „wir“ formuliert ist, und dass daher der ESTAG-Sprecher daher davon ausgehen konnte, dass da eine breite Bewegung hinter dem Gedicht stünde. Er verweist auch auf die,  in der ersten Verhandlung von ihm vorgebrachte Grammatikstunde, wo er belegt hat, dass das Schreiben eine plurale Morddrohung ist. Dieser Tatbestandsbeleg ist abgeleitet und gestützt durch die Art der Beistrichsetzung und des Stils. Die Angst vor diesem Drohgedicht ist also berechtigt.

Das Gericht fasst zusammen: Die Fakten sind: Der Angeklagte ist weitgehend geständig der Verfasser der Droh-Verse zu sein. Er ist bisher unbescholten und seit 5 Jahren in Pension. Der Grund der Frühpensionierung ist nun erhoben. Das Gericht zieht sich um 10h30 zur Verfahrensberatung zurück.

Um 10h45 wird die Verhandlung wieder aufgenommen. Es beginnt die Phase des Prozessabschlusses. Als Einleitung werden vom Richter die Anklagepunkte und die zu entscheidenden Schuldzumessungen genannt. Es gibt 3 Hauptpunkte zu entscheiden (alles schwer verständlich, leise und sehr rasch gesprochen) – die Nötigung, die Drohung und die Forderungen der Privatkläger.

  1.  Nötigung der Regierung(kaum verständlich)
  2.  Gefährliche Drohung
  3.  Gefährliche Drohung der Privatkläger mit Unterpunkten der Schadensersatzforderung (kaum verständlich)

Der Vortrag der Verteidigerin ist kaum verständlich. Sie hat kein Mikrophon, redet leise und schnell. Sie zählt die Anklagepunkte auf und nennt das Strafmaß – im großen und ganzen nach dem Motto: Wenn die Geschworenen Dr. Ganglbauer als schuldig ansehen dann bekommt er die und die Strafe

Es wird von der Verteidigung ein Einwand getätigt (unverständlich welcher). Der Richter wendet ein, dass das kein Einwand sondern ein Vorschlag (oder was auch immer) ist – und zieht sich wieder kurz zur Beratung zurück. Um 11:00 Beratung ist beendet. Der Antrag der Verteidigung wird abgelehnt, weil er keine neuen Sachverhalte enthält. Der der Prozess wird nun zum Abschluss gebracht.

Nun geht es in die Schlussphase:

Der Richter zählt auf, welche Fragen für die Geschworenen zu beantworten sind:

  1. Ist Dr. Ganglbauer schuldig die steirische Landesverwaltung bedroht und genötigt zu haben? (Es werden alle Betroffenen aufgezählt: Herr Schützenhöfer, Herr Schickhofer, ….. usw.)
  2. Ist Dr. Ganglbauer schuldig den Stadtrat mit Hr. Nagl usw. und die Holding mit Vorstandsvorsitzenden Herr Malik, die ESTAG mit Herrn Dipl. Ing. Purrer sowie Frau Muhr von der Holding Graz persönlich bedroht (Drohbrief an Frau Mu(h)r)?
  3. usw…(unverständlich)

Schlussplädoyer Staatsanwalt:

Angeklagter hat zugegeben die Drohbriefe verfasst zu haben. Für den 2. Brief an Frau Muhr, mit dem Wortlaut „.. sie werden als 1. hängen …“ ist er nicht geständig aber am Brief war das gleiche Burgenlandmotiv wie auf den anderen Briefen und das weist auf den Angeklagten hin.

Da der Angeklagte selbst Mittäter ausgeschlossen hat – stellt sich die Frage: Wer sonst sollte diesen Brief geschrieben haben? Auch ist die Art der Schriftform die gleiche wie bei allen anderen Briefen. Die Abfrage des Melderegisters erfolgte ebenfalls von Burgenland aus. Der Drohbrief an Frau Muhr stammt also auch vom Angeklagten. Der Angeklagte hat weites zugegeben, die Empfänger zumindest insofern bedroht zu haben, dass er „schon ein Unbehagen zu erzeugen..“ gewollt hat. Die Bedrohung war also für die Bedrohten ernst zu nehmen und nicht eine allgemeiner Denkanstoß. Das wusste auch der Angeklagte, der ja Jurist ist.

Warum sonst löscht er Daten von seinem Computer? Warum sonst gibt er die Briefe an verschiedenen Orten auf? Warum sonst schreibt er anonym? Aber das Wichtigste ist die Formulierung des Schreibens. Wie sonst ist die Formulierung „dass es euch bevorsteht an der Laterne zu hängen..“ anders aufzufassen als als Morddrohung?

Der Angeklagte ist Jurist und weiß daher, dass die Art des Schreibens als gefährliche Drohung gewertet wird. Er hat auch die Entscheidungsträger für das Kraftwerk gezielt ermittelt und adressiert. Dass der Erfolg der Nötigung (die Entscheidung zu ändern) undenkbar war – wie die Verteidigung versucht hat darzulegen – ist eben NICHT klar.

Nun ein Appell an die Geschworenen: Wie geht es den Opfern die einen solchen Brief bekommen? Mit „wir finden euch“ – das ist zweifelsohne eine Bedrohung gegen die Unversehrtheit von Leib und Leben, eine Bedrohung dass selbst ein mutiger Mann wie Hr. Dipl. Ing. Purrer einer ist, Angst haben musste. Es ist nicht so, wie die Verteidigung meint, dass der Angeklagte literarisch konstruiert hat. Es gibt also zuviele Beweise, dass der Angeklagte die Menschen bedrohen und die Entscheidung der Regierung beeinflussen wollte.

Plädoyer des Privatklägers (Murkraftwerk, ESTAG und andere):

Hr. Purrer, als einer der vielen Opfer – versetzen sie sich in die Lage dieser Opfer!

Auch wenn die Opfer angeblich am 9. Februar schon gewusst haben (dass der Täter gefasst ist) – im Jänner wurde der Brief geschrieben mit „… du hängst an der Laterne …“ – salopp gesagt [Anm.: Wesentlich in der Verteidigung war, dass eben Dr. Ganglbauer keine individuelle Drohung verwendet hat. Aber gegen diese Verzerrung der Tatsachen und der Grammatik durch die Anklage hat der grammatikempfindliche Richter keine Einwände]; wo er Privatdaten veröffentlicht [Anm.: Dabei geht es um Adresse aus dem Melderegister, also um öffentliche Daten der Wohnadresse, die Hr. Dr. Ganglbauer als Demonstrationsort vorgeschalgen hat] und dann schreibt [Anm.: In der Anfrage zum Aufruf zu einer Demonstration], dass das [Anm.: die Demonstration ist gemeint] „legal ist – obwohl ihm das blunzen wäre ..“.

Zu all dem kommt noch der Absender der anonymen Briefe: Prof. Leuchtentrager.

Professor Leuchtentrager ist der Namen einer Romafigur. In diesem Roman ist das der Teufel. Der holt sich im Roman die Leute und führt sie dem Tode zu – d.h. die Empfänger der Briefe hatten berechtigte Angst.

Hr. Dr. Gangl ruft zum Protest auf. Er erweckt also den Eindruck, dass hinter der Drohung eine größere Gruppe steht. Dipl. Ing. Purrer ist kein Angsthase – und wenn der einmal von zu hause auszieht, dann hat das einen Grund [Anm.: Das Verhalten des Klägers ist also der Beweis der Schuld des Angeklagten]. Auch Frau und Tochter von Hr. Dipl. Ing. Purrer sind umgezogen und das ist rechtlich nachvollziehbar und rechtlich korrekt [Anm.: Obwohl sie nicht bedroht wurden].

Ja es stimmt: Die Hotelrechnung hat die Energie-Steiermark AG bezahlt. Dipl. Ing. Burrer hat trotzdem einen Schadensersatzanspruch von € 2046,-. Er hat sich daher als Privatbeteiligter der Klage angeschlossen. Die Murkraftwerk AG macht noch Überwachungskosten gelten (mehr als 5000,- €) – ebenfalls als Privatbeteiligter [Anm.: Anscheinend soll dadurch das Strafausmaß erhöht werden. Die Gedichte enthielten keinen Hinweis, dass das Kraftwerk gefährdet wäre].

Das Plädoyer der Verteidigerin

(Der Vortrag ist kaum verständlich, kein Mikrophon, leise und schnell gesprochen; daher vieles aus dem Gedächtnis ungefähr ergänzt)

Die Fragen: Ist der Angeklagte schuldig? Hat er Hrn. Schützenhöfer, Hrn. Schickhofer und andere in Bezug auf das Murkraftwerk bedroht? In welchem Umfang ist hier Nötigung der Regierung mit Haft von 1 bis 10 Jahren bei Schuldspruch anzuwenden? Zu welchem Teil liegt gefährliche Drohung mit einem Strafausmaß von 6 Monaten bis 5 Jahren vor. Es geht um 10 Jahre oder 5 Jahre Gefängnis.

Aber ist der Wortlaut der Briefe überhaupt dazu geeignet Entscheidungen zu beeinflussen oder als Drohung zu gelten? Der Sachverständige selbst sagt, dass es um die Erlangung von Aufmerksamkeit geht – das macht den Angeklagten nicht zum Straftäter. Der Angeklagte war Hofrat, er kennt also die Gesetze. Er hat sich mit Urteilen und Gericht beschäftigt und mit Naturschutz. Er hat sich vollkommen legal an den Demonstrationen beteiligt. Der Angeklagte wollte aufmerksam machen.

Zudem wusste der Angeklagte, dass der Bau schon beschlossen und die Bauausführung schon begonnen hat. Eine Beeinflussung der Vorgänge war daher gar nicht mehr möglich. Er wusste auch, dass die Entscheidung nicht mehr abänderbar war. Der Angeklagte wollte lediglich viele Personen zum Nachdenken bringen.

Auch die finanzielle Machenschaften rund um die Finanzierung des Kraftwerks, die später öffentlich wurden, waren zu dem Zeitpunkt der Briefe beschlossen (die Förderung betreffend des Speicherkanals  dessen Uferschutz im Staubereich Voraussetzugn für den Staudamm ist).

Das ist deswegen wesentlich, weil die Nötigungsabsicht der Landesregierung gar nicht plausibel ist. Laut Herrn Schützenhöfer und Schickhofer hatten der Angeklagte die Absicht die bevorstehende Wahl zu beeinflussen – das Schreiben hatte also appellativen Charakter. Nur das Schreiben vom 28.12.2017 an Frau Muhr mit der Einfügung „.. sie werden als erstes hängen ..“ war bedrohlich. Zu diesem Schreiben hat sich der Angeklagte aber nie bekannt. Es war eine Kopie seines Schreiben und die Drohung war eingesetzt. Diese Art dieses Vorgehens widerspricht der Intention des Angeklagten. Es ist also auf „Nicht schuldig“ zu entscheiden.

Auch der Aufruf, die subjektiven Befindlichkeiten in Bezug zu Naturschutz des Angeklagten sind im Falle einer Schulderkenntis zur Beurteilung heranzuziehen – zumindest zu berücksichtigen, ebenso dass der Angeklagte bislang unbescholten war und von Anfang an geständig der Verfasser des Schreibens zu sein. Ein Schreiben, das als Warnung im Sinne der Erhaltung von Umwelt und Tierschutz verfasst wurde. Er selbst hat keinen Nutzen.

Die Verteidigung zählt nun die verschiedenen Strafen je nach Art der Schuldanerkennung auf. Sie schließt mit dem Hinweis, dass die ESTAG nur einen summarische Schadensforderung gestellt hat – ohne Detailauflistung.

Sofort erfolgt der Einwand des Nebenkläger: Die Angabe der Verteidigung ist falsch- die Kosten wurden detailliert aufgeschlüsselt.

Plädoyer Dr. Ganglbauer:

Dr. Ganglbauer legt den Geschworenen das Ausmaß der Schlägerungen anhand des Buches „Die Mur in Graz. Das grüne Band unserer Stadt“ vor. Er weist auf den Verlust von Sauerstoffproduzenten durch die Schlägerung hin – weist darauf hin, dass für 1 Altbaum 125 Jungbäume gepflanzt werden müssten, um den gleichen Sauerstoff zu produzieren. Er weist darauf hin, dass das keine politische Meinung ist, sondern eine naturwissenschaftliche erhobene Faktenlage.

Die ESTAG hat viel Geld in die Propaganda gesteckt – in zum Teil suggestive und falsche Bilder. In Bilder von Stränden neben einem Wald. Diese Landschaft kann so gar nie entstehen, weil dafür der Platz fehlt. Die ESTAG suggerieren, dass es so in Graz werden wird, aber es ist gelogen. Der Bürger muss darüber aufgeklärt werden, er muss wissen, was da wirklich durch den Kraftwerksbau verloren geht. Er muss das alles wissen. Es muss den Bürger jemand darüber aufklären.

Auch dass die behauptete CO2 neutrale Stromerzeugung durch das Murkraftwerk zumindes fraglich ist, da die vielen Bäume dem Bau zum Opfer fielen und die Bauarbeiten selbst viel CO2 freisetzen.

Der Staatsanwalt unterbricht: Das gehört alles nicht zu Tatvorwurf …!

Die Geschworene sind gelangweilt – teils schläfrig … scheinen an den Ausführungen nicht interessiert zu sein ..

Dr. Ganglbauer versucht darzulegen, dass er zeigen will, dass es bei seiner Aktion nicht um eine Bagatelle gegangen ist, nicht um einen Spielplatz, der aufgelassen werden soll sondern um den Protest gegen ein existenzbedrohendes Vorgehen der Verwaltung.

Er versucht in Erinnerung zu rufen, dass die arbeitenden Menschen, die keinen Freiraum haben, angewiesen sind auf Menschen wie ihm, die Zeit und Energie haben um sich für die Menschen einzubringen.

Auch die ökonomische Ertragslage des Kraftwerks ist fraglich. Die ESTAG erhöht ab 2019 den Strompreis um 9%.

Der Richter unterbricht – der Staatsanwalt fällt ein, sie wollen das nicht hören, es gehört nicht zu den Punkten, die Staatsanwalt und Gericht dem Angeklagten vorwerfen.

Dr. Ganglbauer besteht auf seinem Recht, seine Motive darstellen zu dürfen.

Er setzt fort: D.h. es mag sein, dass das Kraftwerk Gewinn bringt – aber erst in 50 Jahren oder später – und da ist der Zusammenhang. Selbst die ESTAG kann nicht so lange auf die Amortisierung warten. Daher erhöhen sie den Strompreis jetzt. Naturzerstörung noch dazu ökonomisch für die Allgemeinheit sinnlos.

Er und die Demonstranten waren verzweifelt wie wir auf eine Katastrophe – ökonomisch und ökologisch – zuschlittern. Alle die für den Erhalt der frei fließenden Mur mit der Au in der Stadt gekämpft haben, haben gewusst, dass man nichts mehr machen kann. Die einzige Chance war die KPÖ, die das Budget nicht mit tragen wollte – und daher auch eine Neu-Wahl erreichte in Graz erreichte …

Der Richter unterbricht erneut: Der Angeklagte soll beim Thema bleiben – die Verteidigung hat eh schon alle Punkte vorgebracht …

Dr. Ganglbauer setzt fort: Es war eben ein letzte Auflehnung, es war eine Verzweiflungstat – in der Hoffnung dass gegen die drohende Katastrophe politisch irgendwer gegensteuern würde.

Er wusste, dass jeder Tat, die als Terror gesehen werden konnte, kontraproduktiv wäre, daher wollte er so einen Anschein auch auf alle Fälle vermeiden. Es war das Ziel Aufmerksamkeit und Umdenken zu erreichen. Er hatte nicht erkannt, dass seine Warnung als Drohung empfunden werden könnte – es tut ihm Leid, sich im Ton vergriffen zu haben.

Das Gericht ist an den Darstellungen des Angeklagten sichtlich nicht interessiert, die beisitzende Richterin unterhält sich schon längst mit einem Kollegen am Computer, die Geschworenen sind eher gelangweilt …. Eigentlich will niemand etwas anderes als Dr. Ganglbauer verurteilen —

12:00 Das Gericht / Geschworenen ziehen sich zur Beratung zurück

Das Ende der Verhandlung

Ich verlasse die Gerichtsverhandlung um 12:00 als sich das Gericht zur Beratung zurückzieht.

Das Urteil erfahre ich von einer Kollegin per Mail:

Herr E. Ganglbauer wurde im Punkt 1 schuldig gesprochen ( alle Geschworenen für schuldig )
Punkt 2: 3 Geschworene für schuldig, 5 Geschworene für nicht schuldig. Punkt 2 wird aber nicht von den Geschworenen entschieden.
Das Urteil wurde vom Richter gesprochen, 3 Jahre bedingt plus eine Geldstrafe,

Essay: Das falsche Gewicht – oder: Politjustiz in Krähwinkel

Am 21.12.2018 wurde ein Aktivist der Bewegung “Rettet die Mur” zu einer bedingten Haftstrafe und hoher Geldleistung verurteilt. Das Urteil wurde im Namen der Republik Österreich gefällt – nun ich stehe zu so einer Republik nicht mehr!

Die Vorgänge sind in einer Republik eigentlich unwürdig. Wenn eine Verwaltung in großer Selbstherrlichkeit über berechtigte Anliegen – noch dazu mit Tricks und Verschleierung – d’rüber fährt und dann Demonstranten und Protestaktionen als Kriminaldelikte vor den Kadi zerrt, so kann ich darin nichts finden, wessen ich zustimmen kann.

Die Herrschaft und das von ihr beauftragte Gericht wenden hier für eine Republik falsche Gewichte an: Verurteilt wird ein Aktivist, der sich bei einer Protestaktion im Ton vergriffen hat, geschültzt wird eine Regierung, die eigentlich dafür da wäre, den Lebensraum zu schützen anstatt ihn zu zerstören.

Die Verwaltung und die Industrie nutzt diesen Umstand der Machtverflechtung um weiter Proteste gegen ihr Vorgehen durch Einschüchterung zu unterbinden. Ein Aktivist, der ein aktiver Streiter für den Naturerhalt war, ist auf Dauer kalt gestellt – andere Aktivisten und Demonstranten sind abgeschreckt. Ein Vorgang, der einer Demokratie unwürdig ist, da die Protestgründe berechtigt sind und waren.

Noch dazu musste der juristische Tatbestand erst konstruiert werden. Wäre kein böswillige Verurteilungsabsicht am Werk gewesen, hätte es nie zu einer Anklage kommen dürfen, da es klar ersichtlich war, dass hier ein Drohgedicht im Stile von 1848 ohne tatsächliche Tatabsicht erstellt wurde.

Dass der Justizapparat das auch weiß, ist auch daran zu erkennen, dass nach Ausforschung des Aktivisten, der das Gedicht erstellt hat, jegliche weitere Erhebung, etwa woher die persönliche Drohung gegen Frau Mag. Muhr kommt, eingestellt wurde. Es glaubte und glaubt also niemand, dass eine radikale Gruppe der Bewegung „Rettet die Mur“ jemanden Schaden zufügen wollte.

Aber der Reihe nach: Was ist passiert?

Nach Darstellung des Richters und der Staatsanwaltschaft, wurde die steirische Ladesregierung in Angst und Schrecken versetzt; Aufsichtsratsvorsitzende, samt ihren Familie standen Todesängste aus. Sie mussten in Hotels Schutz suchen, um halbwegs sicher leben zu können. Überhaupt war der ganze Staat in seinen Existenzgrundlagen gefährdet und die Staatsorgane in ihren Entscheidungen schweren Nötigungen ausgesetzt; mussten sie doch alle befürchten, dass jemand zu ihnen kommen würde um sie an die nächste Laterne zu hängen.

Diese Darstellung ist in etwa das, was die Begründung des Gerichtsverfahren gegen einen Aktivisten der Protestbewegung Rettet die Mur, einen pensionierten Beamten war. Es mag dem Leser auf den ersten Blick unglaublich scheinen, dass, was selbst Superman oder der IS kaum zu leisten im Stande wären, dieser pensionierte Aktivist zustande bringen hätte sollen.

Wenn man aber bedenkt, dass der Mann als Absender einen literarischen Namen von Lucifer verwendet hat, so wird es nach Ansicht des Gerichts plausibler, dass gläubige Christen nun Höllenängste ausgestanden haben.

Das Gericht versuchte, obig geschildertes Szenario als gegeben darzustellen. Im Endeffekt wurde der Aktivist dafür auch schuldig gesprochen, mit einer bedingten Freiheitsstrafe – was wiederum etwas eigenartig wirkt, da so ein gefährlicher Mann, der, wie das Gericht glaubhaft machen wollte, reihenweise hochrangige Vertreter eigenhändig auf Laternen aufhängen können sollte, auf freiem Fuß belassen bleibt.

Im ganzen Verfahren war – zumindest für manche Zuseher – klar, dass hier ein Mann vor Gericht steht, der als Umweltaktivist der Obrigkeit unbequem wurde und so unvorsichtig war, der Obrigkeit die Möglichkeit einer Anklagekonstruktion – also eine rechtliche Handhabe zu geben. Diese kleine Unvorsichtigkeit – das Versenden anonymer Briefe – wurde genutzt um ein Exempel zu statuieren. Das Land Steiermark, die Regierung der Stadt Graz und ihre Auftragnehmer – die ESTAG und andere nutzten die Gelegenheit und ihre Macht, um Einschüchterung zu betreiben.

Der liebe Herr Kurz, zur Zeit Kanzler der Republik, bräuchte nicht viel über Hr. Erdogan und dessen Methoden unliebsame Menschen kalt zu stellen lamentieren, er hätte für dieses Vorgehen auch in Österreich Beispiele: Ich erinnere an die Tierschützerprozesse und nun an die Vorgänge in Graz. Dass das Gericht seinen Auftraggebern brav folgt ist zwar nicht erbaulich so doch verständlich, dass aber fast die Hälfte der Geschworenen bei der Posse sehr brav mitgespielt haben, stimmt mich bedenklich.

Es scheint in der österreichischen Justiz eine Variation des beliebten Kriminalspiel Guter Bulle – böser Bulle zu existierten: Willkür in erster Instanz – Recht in zweiter Instanz.

Die erste Instanz fährt nach unterstellten Tatabsichten mit voller Härte über politisch unliebsame Fälle darüber und wenn die Delinquenten Zeit, Geld und Nerven haben diese Entscheidungen anzufechten, dann lässt die Oberbehörde das Recht in seinem Sinne walten. International kann Österreich dann als Rechtsstaat gelten währen für die unteren Schichten Gerichte zur Räsonierung einsetzbar sind.

Gewiss: Die Verurteilung des Angeklagten war eine ausgemachte Sache und, wenn man der Anklagekonstruktion folgt. auch rechtens. Allerdings: Die Anklage war eine Konstruktion.

War schon der Prozess gegen den Zaunrüttler an Unterstellungen und Vorverurteilungen reich – der Prozess gegen den Aktivisten Dr. Ganglbauer toppte die Sache noch insofern, dass überhaupt keine Tat vorlag. Die Tat selbst musste erst konstruiert werden.

Sicher, die Konstruktion ergab dann eine strafwürdige Tat. Folgte man der Ansicht des Gerichts, die offensichtlich „im Zweifelsfall gegen den Angeklagten“ lautete, so hat alles seine Ordnung.

Geht man aber ohne Böswilligkeit an die Sache heran, so hätte es nie zu einem Prozess kommen dürfen, da relativ bald klar war, dass das Schreiben – trotzt Anonymität – ein reines Protestschreiben und keinesfalls eine Morddrohung war.

Oder will die steirische Landesregierung wirklich glaubhaft machen, dass sie der Meinung ist, dass weite Teile des Volkes inzwischen so verhärmt über die steirische Politik wären, dass sie sich zusammenrotten und die Regierung an die Laternen hängen wollte (diser Umstand lässt sich aus dem Spottgedicht an Fakten ableiten). Ähnliches gilt für die angeschlossenen Privatkläger im Prozess.

Und dass Hr. Dr. Ganglbauer alleine vorgehabt hätte, bei Hr. Schützenhöfer, Hr. Nagl, Frau Muhr usw. vorbeizukommen und sie auf die Straße zu zerren und an die Laternen zu hängen, das ist einfach nicht möglich!

Es war – ev. bis auf die erste Schocksekunde – vermutlich allen klar, dass das Schreiben der ungeeignete Versuch war, ein Umdenken in Sache Naturzerstörung anzuregen.

Im Verfahren selbst war vom ersten Augenblick an zu erkennen, dass Dr. Ganglbauer verurteilt werden sollte.

Eine zweite Aufgabe des Gerichts scheint es gewesen zu sein, die Berechtigten Proteste als Tat eines Verrückten darzustellen. Das Gericht, vor allem die beisitzende Richterin, unternahm alles, um den Angeklagten als Psychopathen erscheinen zu lassen. Jede Äußerung wurde dem Angeklagten im Mund umgedreht und gegen ihn verwendet. So versuchte der Angklagte mehrfach auf seine, der Protesttradition und der Literatur entnommene Form seines Protests hinzuweisen. Es gelang nicht. Das Gericht blieb bei der Wortbedeutung von Fragmenten des Gedichts ohne weiter Assoziationen zuzulassen.

Das Gericht zeigte sich zwar in Bezug auf Kultur in hohem Maße ungebildet, nutzte aber jedes Moment der kulturhistorischen Nachschulung um das nun erworbene Wissen gegen den Angeklagten zu verwenden. So wurde etwa, sobald das Gericht erkannt hat, dass der fiktive Absender „Leuchtentrager“ ebenfalls ein Romanwesen ist, sofort dieser Tatbestand als anklageverstärkend ausgelegt.

Der Angeklagte hatte den Text des Gedichtes „Vor der Kaserne vor dem großen Tor“ als Ausgangstext herangezogen. Der Text wurde als prophetische Warnung um-getextet, um damit eindringlich darzustellen, dass die Umweltzerstörung Grenzen überschreiten könnte und so einen Volkszorn hervorrufen könnte – wie in der Geschichte schon mehrfach passiert. Die geänderten Gedichtzeilen sollten diesen Volkszorn den Verantwortlichen mit dem sprachlichen Bild einer Lynchjustiz vor Augen führen um eben solches rechtzeitug zu vermeiden. Das Gericht legte es genau umgekehrt aus.

Der Text war im Plural abgefasst um eine anonyme Masse der übergangenen Menschen darzustellen. Abgeschickt wurde das Schreiben unter dem Pseudonym “Dr. Leuchtentrager”.

Damit waren alle Komponenten zusammen, um angeblich bei den politischen und wirtschaftlichen Verantwortungsträgern Todesangst zu erzeugen. Immerhin ist der Name “Leuchtentrager” im Roman “Ahasver” ein Pseudonym für Lucifer. Die Adressaten – alles aufrecht gläubige Menschen hatten somit allen Grund anzunehmen, es werde sie demnächst der Teufel holen und sie an eine Laterne hängen – so das Bild, das der Staatsanwalt und der Privatkläger daraus machte. Das Gericht schloss sich dieser Interpretation voll an und wickelte ein Schwurgerichtsverfahren gegen den Angeklagten ab.

Als Zuseher waren im Verfahren sehr viele Elemente eines inszenierten Schauprozess erkenntlich – leider ohne viel Zuseher und ohne größeres Presseinteresse.

Und leider wurde mit dem Prozess ein Aktivist mundtot gemacht. Er ist nun Vorbestraft und hat hohe Strafgelder zu zahlen. Da hört sich der Spaß auf – zumindest für den Angeklagten.

Die Landesregierung, der Privatkläger und das Gericht kann sich ob dieses grandiosen Erfolges natürlich grinsend zuprosten.

Der Prozess als sozio-politischer Deutungsversuch

Wird der Prozess gegen den Muraktivisten durch eine soziologische Brille betrachtet, so könnten die beobachteten Vorgänge als Umsetzung von Herrschaftsstrukturen gedeutet werden.

Im Prozessverlauf fehlte, bis auf die Symbolik des Adlers der Republik Österreich, nahezu jegliche demokratische Komponente. Die Strukturen, die Prozessführung und auch die Zuschreibungen zeigen alle Eigenschaften einer autoritären Herrschaftsstruktur wo klar zwischen Herrscher und Untergebenen unterschieden wird (das ist ein Merkmal des Sraf- und Verwaltungsrechts).

Es sind folgende Komponenten für die nachfolgende Darstellung isoliert :

  1. Die Zugänglichkeit
  2. Die Prozessführungsmodalitäten
  3. Die Prozessführungsstruktur
  4. Die Deutungshoheit

1. Die Zugänglichkeit

Der Zugang zum Gericht ist eher restriktiv. Im Verhältnis zu anderen Personenkontrollen ist die Zugangskontrolle beim Straflandesgericht nicht kundenfreundlich. Die Abfertigung ist nicht für größeres Publikum geeignet. Bei 5-7 Personen treten Wartezeiten von 15 Minuten auf, wobei der Wartebereich nicht für diese Anzahl ausreicht.

Auskunft und Informationsmöglichkeit sind nicht zeitgemäß. Würden für die Gerichtsbarkeit Kriterien wie für AMAZON oder andere Internetdienste herangezogen werden, müsste die Gerichtsbarkeit „vom Markt“ genommen werden.

2. Die Prozessmodalitäten

Die gesamte Modalität, also die Rahmenbedingungen der Prozessführung sind nicht öffentlichkeitstauglich. Keine der beteiligten Personen legt wert auf Verständlichkeit. Dies betrifft die Sprechgeschwindigkeit und die Lautstärke. Teile des Prozesses werden überhaupt nur in Diktaphone gemurmelt. Genannte Fakten sind in Aktenzahlen, Paragraphen-Nummern und ähnlichen Codierungen gehalten, die nur den unmittelbar juristisch Beteiligten etwas sagen. Eine Verfolgung des Verfahrens durch Prozessbeobachter ist anscheinend nicht Ziel der Prozessführung.

Die gesamte Administration der Prozessführung ist nicht auf Öffentlichkeit ausgelegt. So gibt es kaum einen – etwa über Internet – einsehbaren Prozesskalender, keine einfach erreichbare Anklageschrift oder sonstige Prozessdokumente. Diese Dokumente sind vermutlich nur im Gerichtsarchiv erhebbar.

3. Die Prozessführungsstruktur

Die Prozessführung liegt allein beim Gericht. Es ist eine Strukturierung in 3 Blöcken zu sehen:

  1. Der Richterblock (Richter und beisitzende Richter)
  2. Der Anklageblock (Staatsanwalt und Nebenkläger)
  3. Der Angeklagte (Verteidigung und Angeklagter)

Die Geschworenen nenne ich hier nicht, da sie im beobachteten Prozessverlauf keine sichtbare Rolle einnahmen.

Alle 3 der oben genannten Blöcke kommunizieren ausschließlich in juristischen Dimensionen. Jeder Versuch, die juristische Sicht zu verlassen, wird rasch beendet. Auch der Angeklagte kann sich so nicht frei äußern. Die Prozessökonomie ist hier wichtiger.

Die 3 Blöcke gleichen sich also in ihrer Kommunikationsart. Sie unterscheiden sich nur in ihren Intensionen.

Der Richterblock

Der Richterblock versucht alle Aussagen und Vorgänge in das juristische Korsett der Anklage zu pressen um möglichst rasch ein beabsichtigtes Prozessende zu erreichen (Prozessökonomie). Im beobachteten Prozess erfolgte dieses Vorgehen auch schon mit einer vorgefasster Grundhaltung dem Angeklagten gegenüber.

Der Anklageblock

Der Anklageblock bleibt ebenfalls in rein juristischen Rahmen. Hier ist naturgemäß eine Umdeutung jeglicher Tatbeschreibung in Richtung der Anklageschrift gegeben. Im beobachteten Prozess war bei den Nebenkläger zu bemerken, dass auch wirtschaftliche Interessen vom Gericht akzeptiert werden – etwa Schadensersatzansprüche die sehr großzügig einer Straftat zugeschlagen werden.

Die Verteidigung

Auch die Verteidigung verbleibt im juristischen Bereich im Sinne der Anklage. Eine, die juristische Gedankenwelt verlassende Motivation oder eine Zuschreibung von Handlungen zu einem Sinn des Gesetzgebung unterbleibt. Im vorliegenden Fall war etwa deutlich, dass der Paragraph der Nötigung oder der gefährlichen Drohung eigentlich die Tatankündigung bei Verweigern einer Forderung war. Forderungen hat der Angeklagte aber keine gestellt und eine Tatausführung war extrem unwahrscheinlich – trotzdem wurde, weil formal eine Nötigung konstruierbar war, der Angeklagte verurteilt.

Die Plausibilitätsprüfung der Rechtsanwendung wird den Geschworenen überlassen. Allerdings gibt das Verfahren kaum Möglichkeiten, die Geschworenen auf die Intention des Gesetzgebers hinzuweisen. Der Angeklagte darf zwar seine Sicht vortragen, verlassen seine Darstellungen aber die enge Welt der vorgetragenen Anschuldigungen, wird von Seiten des Gerichts versucht, diesen Vortrag zu unterbinden oder zumindest zu stören

Die Motivation, die Absicht einer Tat, die eigentlich erst die Schuldhaftigkeit im Sinne des Gesetzes begründen würden, bleibt daher nahezu völlig unbeachtet.

4. Die Deutungshoheit

Die Deutungshoheit von Aussagen und Motivationen liegt vollständig beim Richterblock und beim Anklageblock. Der Angeklagte scheint unglaubwürdig. Im beobachteten Prozess war sogar von Seiten des Richterblock das massive Bestreben zu bemerken, den Angeklagten als verrückt dazustellen: Dass sich ein pensionierter Beamter für die Umweltprobleme engagiert wird als Beweis seiner Verrücktheit gesehen. Dass ein Aktivist einen wirkungsvollen Demonstrationsort sucht, wird seiner Gemeingefährlichkeit zugeschrieben. Dass es mangels Demonstrationsteilnehmer dem Angeklagten nicht gelang, eine Demonstration zu organisieren, wird als Beweis dafür gesehen, dass sein Vorhaben verrückt war – kurz: Das Gericht hat eine Sichtweise und die ist die einzig erlaubte. Alle Abweichungen sind unzulässig, verrückt oder gemeingefährlich.

Allgemeine Beurteilung

Der Prozess, der sich gegen einen Aktivisten richtete, der, sensibilisiert durch die aktuelle Information über Klimaerwärmung und Umweltzerstörung versuchte, eine autokratisch agierende Stadt- und Landregierung durch Protest zum Umdenken zu bewegen, wird genau von diesen Autokraten dafür bestraft.

In einer Demokratie wäre zu erwarten, dass die Regierungen, sowohl in der Stadt und auch im Land, für Bedenken der Bevölkerung, auch oder gerade wenn diese Bedenken von einer Minderheit kommen, offen wäre. Hier in Graz und in der Steiermark nicht!

Der Versuch, die Regierung zum Umdenken zu bewegen, wird als Kriminaldelikt der Nötigung einer Staatsmacht gewertet. Einflussnahmen der Industrie werden aber von eben diesen Regierungen ohne weiters akzeptiert.

Gerade dieses unselige Bauprojekt, gegen das protestiert wurde, ist ein Bauprojekt, das der Bevölkerung nichts als Kosten bescheren wird. Das Projekt könnte ohne die Schröpfung der Steuerzahler gar nicht durchgeführt werden, weil der Staudamm im Stadtgebiet so viele bautechnische Begleitmaßnahmen erforderlich macht, dass der Damm ökonomisch niemals einen Break-Even erreichen könnte. Das geht eben nur, wenn Teile der Maßnahmen der Bevölkerung aufgelastet werden. Und hier ist wieder die Teilung in Herrschaft und Beherrschte zu sehen: Die Herrschaft macht was sie will und überträgt die Lasten auf die Beherrschte.

Dieses Vorgehen ist konträr zum publizierten Mainstream: Es wird Naturerhalt, sanfter Tourismus, Einsparungen gepredigt. Es wird Existenzbedrohung durch anthropogene Klimaerwärmung signalisiert – aber durchgeführt wird von den Verwaltungen genau das Gegenteil: Eine existenzbedrohende Naturzerstörung.

Wenn nun ein Mensch, intelligent und durch die Pensionierung die zeitliche Möglichkeit hat, hier zum Schutz für seine Mitmenschen aktiv zu werden, so macht man ihn mit fragwürdigen Gerichtsprozessen mundtot. Die demokratische Regierung degeneriert in ihrer Agitation immer mehr zu gang-ähnlichen Strukturen. Sie verfolgt Interessen einer verdeckten Schicht, für deren Einfluss sie auch offen ist und sichert sich mit Gewalt gegen andere Einflussmöglichkeiten ab.

Auch der Kraftwerksbau in Graz zeigt diese Struktur. Die Bauindustrie und die Bodenspekulation hat jeglichen Zugang zu Stadt und Landesregierung – die Bevölkerung nicht mehr. Es wird von der Verwaltung ein dichtes Firmennetzwerk für die Errichtung und den Betrieb von Infrastruktur gegründet. Auch für die Errichtung des Kraftwerks wurde wieder eine eigene Firma angemeldet. Dieses Netzwerk von Firmen und Beteiligungen ist so ineinander Verflochten und verstrickt, dass es für die Bevölkerung nahezu undurchsichtig ist.

Die Agitationen sind damit einerseits, da sie von juridischen Personen die als Firmen auftreten erfolgen, der demokratischen Kontrolle weitgehend entzogen aber anderseits, da die Tätigkeiten im Endeffekt der Stadtverwaltung zuzuordnen sind, gegenüber dem Zufluss von Steuermitteln offen. Diese Konstrukte ähneln mehr einer Mafia-Struktur als einer klassischen Stadtverwaltung.

Da aber inzwischen alle Medien und auch die Gerichtsbarkeit diesem Netzwerk zuzurechnen sind, gibt es für die Menschen außerhalb des Netzwerks – eben die Bürger – keine Alternativen mehr.

Dies ist auch ein Grund, warum etwa der Kraftwerksbau in Graz noch breiten Zuspruch in der Bevölkerung hat: Es wird vom Netzwerk einseitig und unrichtig informiert – also desinformiert. Um so wichtiger wären Menschen wie Dr. Ganglbauer, die einerseits das Wissen und anderseits die Zeit und das Herz haben, hier sich zu exponieren.

Das weiß auch das Netzwerk und darum macht man diese Menschen mundtod. Das war im Kaiserreich so, das war im Dritten Reich so und das ist heute so. Das positive bei der Sache ist, dass heute gegen dieses unliebsamen Menschen nicht mit Folter und Arbeitslager vorgegangen wird, sondern nur mit Haft und Geldstrafen.

Demokratiepolitisch ist das Vorgehen aber genau so verwerflich wie die Schauprozesse in der UdSSR oder des Reichsgerichtshofs.

Zusammenfassung

Der beobachtete Prozess zeigte alle Erscheinungen einer Politjustiz. Unabhängige Prozessbeobachter und Öffentlichkeit scheinen nicht willkommen zu sein. Die Art des Gebäudezugangs, die Publikation der Prozessdaten und die Art der sprachlichen Prozessführung ist dafür nicht geeignet.

Die Prozessführung selbst richtet sich vollständig nach der Anklageschrift. Durch die vom Anklagevertreter festgelegten Anklagepunkte ist die Verurteilung eigentlich schon festgelegt.

Es scheint so zu sein, dass, wenn der Angeklagte keine Organisation hinter sich hat, die der Gerichtsstruktur adäquat ist, etwa eine mächtige NGO oder eine Partei, der Angeklagt ein mildes Urteil als bestes Ergebnis erwarten kann.

Im beobachteten Prozess, der von der steirischen Landesregierung und der grazer Stadtverwaltung mit ihren wirtschaftlichen Firmenkonstrukten angestrebt wurden, war ein anderes Ergebnis als „schuldig“ von vornherein unwahrscheinlich. Zumindest auf unterster Gerichtsebene scheint die Bindung an die herrschende Politik zu stark zu sein, als dass anders entschieden werden kann.

Graz, 27.12.2018, W.Friedhuber

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