Die Menschenselektion geht weiter!
Auch wenn es nur ein Sommerthema ist, beim Bericht über die vorgeschlagene Lehrerbildungsreform im heutigen Ö1 – Morgenjournal ist es mir kalt über den Rücken gelaufen.
Mit Verweis auf die Lehrerausbildung in Finnland schlägt eine Bildungsexpertin einen restriktiven Zugang zum Lehrerberuf vor. Diese Bildungsexpertin Christa Koenne (vermutlich Dr. Christa Koenne von der Donau-Uni, eine kostenpflichtige Privat-Universität) vertritt den Standpunkt, dass nur Menschen, die für den Lehrerberuf geeignet wären, zum Lehrerstudium an den Akademien und Universitäten zugelassen werden sollen.
Ins gleiche Horn stößt ein gewisser Andreas Salcher (vermutlich Dr. Andreas Salcher, ein Betriebswirtschaftler, der sich der Elite-Idee in der Ausbildung verschrieben hat).
Diesen beiden Vertretern der Elitenbildung wurde im Journal breiter Raum geboten, ihre Argumente gegen die aktuelle Lehrerschaft und für Zugangsbeschränkungen zu Ausbildung und Beruf darzulegen.
Natürlich kamen keine Gegenstimmen zu Wort. So konnten beide ihr Negativbild der aktuellen Situation mit den bekannten Vorwürfen von ungeeigneten Lehrpersonen, die leider angestellt werden müssen, und ungeeigneten StudentInnen, die man leider zum Studium zulassen müsse ausbreiten.
So vernünftig diese Darlegungen, überhaupt wenn sie ohne Erwiderung vorgebracht werden dürfen, auch klingen, so gefährlich sind diese Forderungen gesellschaftspolitisch auch.
Es stimmt: Es gibt ausgebrannte Lehrerinnen und Lehrer. Allerdings ist dies eine Folge von untragbaren Zuständen im Schulwesen, von Überforderung, von mangelnden Mittel, von endlosen Schulexperimenten. Zuständig für diese Mängel sind allerdings nicht die Lehrerinnen und Lehrer sondern die von der Politik geschaffenen Administrationen und Regelungen.
Eigenartiger Weise verlangen weder Dr. Koenne noch Dr. Salcher für diese Entscheidungsträger irgendwelche Prüfungen oder Zugangsbeschränkungen – nein: Diese problemverursachenden Stellen sollen nun nach ihren Regeln die Willigen und Leistungsfähigen von den Unerwünschten für den Schuldienst aussortieren. Dabei werden großzügig hart erkämpfte Rechte, wie der freie Zugang zu Bildung und das Recht auf freie Berufswahl geopfert.
Es ist auch hier wieder der gleiche Mechanismus wie in der Finanzkrise am Werk: Die Problemverursacher sind sakrosankt, da sie der Herrscherschicht angehören. Die scharfen Denker – wie Dr. Salcher – erkennen die Probleme messerscharf beim schwächsten Glied.
In der Kritik der beiden im Morgenjournal zu Wort gekommenen Vertreter der Leistungsgesellschaft (Herrenmenschen) enthalten ist auch eine Absage an die Bildung. Sowohl Dr. Koenne als auch Dr. Salcher vertreten ungesagt den Standpunkt, dass eben eine Menschenschicht existiert, denen Fähigkeiten in die Wiege gelegt wurden, die dann an den Eliteausbildungsstätten sozusagen nur mehr „der letzte Schliff“ gegeben wird (zum Glück sind die Genannten genau in dieser Schicht – oder wer würde glauben, dass sie sich selbst als untauglich ausscheiden würden) und einen zweiten Menschenschlag, der halt diese „Skills“ nicht hat und daher leider von Bildung und Beruf ausgeschlossen werden muss. „Skill“ ist hier übrigens das falsche Wort, da sich „Skills“ ja vermitteln ließe – dieser zweite Menschenschlag ist leider zu blöd um ausgebildet werden zu können (wird natürlich explizit nicht gesagt).
Fr. Dr. Christa Könne wurde im Interview auch als „aus dem Bundesministerium für Unterricht“ vorgestellt. Ein sicheres Zeichen, dass die Regierenden großes Interesse daran haben, im Schulwesen durchzugreifen und dort ihre Eliten – an kostenpflichtigen Privat-Unis ausgebildete – und leistungsentlohnte Befehlsempfänger zu installieren. Die können dann PISA-konforme ArbeitnehmerInne in den Schulen zu produzieren. Die paar, die aus dieser Unterschicht ev. doch Bildung haben wollen (weil ev. ein Gendefekt sie zu Intelligenzleistungen der Oberschicht befähigt)?
Na die sollen halt „hackl’n“ gehen und auf der Donau-UNI bei Fr. Dr. Könne um teures Geld Kurse absolvieren. Bei Hr. Dr. Salcher können sie das leider nicht gleich, der hat sich ja auf Managementschulungen spezialisier – und auf Bücherverkauf.
Das ist ja der große Unterschied „uns Besseren“ ist „Bildung was wert“ – diese „dumpen Unterschichten“ – die wollen halt lieber „essen und wohnen“ – selber schuld!
Zusammen mit der Verhinderung der gemeinsamen Schule der 10 bis 14 Jährigen zeigt sich ein klares Bild: Die aktuellen Machthaber betreiben Schichtperpetuierung auf “Teufel komm ‚raus!”
Graz, 1.8.2011 W.Friedhuber
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