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[Österreich] Neuwahlen – aber trotzdem eine hoffnungslose politische Lage

Bloged in Allgemein by friedi Sonntag Mai 19, 2019

„… genug ist genug …“ ist die Begründung für die angekündigten Neuwahlen in Österreich. Die Erkenntnis ist zwar richtig – aber leider wird es genau so weitergehen.

Der ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz hat auf die Videobelege der Gesinnung seines Vizekanzlers, des FPÖ-Mannes Heinz-Christian Strache mit einer Neuwahlankündigung für den Herbst 2019 reagiert. Angesagt wäre zwar ein sofortiger Regierungsrücktritt gewesen – aber „im Sinne des Landes“ will man geordnete Verhähltnisse haben.

Es zeigen sich bei diesem Vorgang auf der österreichischen Politbühne fast alle Probleme der Zeit in erschreckender Weise. Es wird klar, warum die Zensur immer weiter voranschreiten muss: Die Erosion der Eliten ist zwar für jedermann erlebbar, aber solange es nicht klar dokumentiert ist, haben die Vorgänge nicht die gleiche aufrüttelnde Wirkung. Dass Herr Strache „ziemlich einfach gestrickt“ ist war ja jedem klar. Dieses Einfachheit des Strickmusters machte gerade seinen Attraktivität für viele aus. Jetzt auf dem Videobeleg ist aber klar dokumentiert, dass diese vermeintliche Einfachheit nichts anderes ist, als primitivste Egomanie. Es fehlt dieser „Einfachheit“ jegliche empathische Dimension, die gerade als Spitzenpolitiker in einer Demokratie notwendig wäre. Jetzt wird es auch für die Menschen ersichtlich, die in der Primitivität das Heil suchten, dass diese Haltung keine Alternative zu den neoliberalen Bereicherungszügen der „Schwarzen“ ist, sonder eben nur das Gleiche in „Blau“ – nur eben primitiver.

Und damit wird das Kern – Problem sichtbar (ich spiele hier nicht direkt auf die Affäre Silberstein an – sondern ich meine tatsächlich den zersetzenden Kern der Problemlage): Es gibt keine Alternativen mehr.

Wir als Wahlvolk sind in einer undemokratischen Situation. Es gibt zwar noch Parteien – aber alle machen das Gleiche: Sie versorgen ihr Clientel mit Pfünden und betreiben eben keine Politik im Sinne einer lebenswerten Welt. Die Problemkreise sind überall zu sehen: Umweltzerstörung, Bankenfinanzierung, Austeritätspolitik, Wohnraumspekulation, Lohnsenkung, Arbeitszeitsteigerung, steigende Kriegsgefahr, Arbeitslosigkeit, Bildungsbeschränkungen, Internetzensur, Gesetzesverschärfungen usw….

Die Übernahme der us-amerikanischen Wirtschaftsideologie als politisches Konzept in Europa, hat alle Wahlalternativen ausgeschaltet – ohne aber die us-amerikanischen Freiheiten für die Bürger zu bringen. Es darf nun zwar alles privatisiert werden – aber die Haftung für Schäden liegt in Europa bei den Bürgern. Die EU-Komission, eingespannt im Gestell der us-dominierten Weltwirtschaft,  ist dabei eher eine Drohung als eine Hoffnung und die Parlamente habe, gestützt durch Mediendominanz alle aufkeimenden Alternativen durch Verschweigen und Diffamieren gehindert, soziale Relevanz zu entwickeln – bzw. sie in das alte Prozedere gezwungen.

Es gibt zwar noch Länder, die noch nicht so lange in der EU sind, dass sie in ihren Erwartungen resigniert haben – Länder wie Polen, Ungarn, Rumänien usw… Die Menschen in den Ländern haben sich das erwartet, was auch den Menschen bei uns einmal versprochen wurden: Bürgerfreiheiten, Wohlstand, Sicherheit – eine Heimat, in der die Menschen ohne Bedrohung leben können.

Was haben sie bekommen?

Einen Verband von Regenten, die auf die Durchsetzung von liberalen Ausbeutungsstrategien aufbauen – statt Rechtssicherheit für Bürger zu schaffen,  wurden Gerichtshöfe etabliert, die – nach us-amerikanischen Muster – rechtsschaffend agieren. Rechtsleitend ist dabei ein Universalismus der den Menschen ihre Wohnräume – ihre Heimat entzieht. Als Reaktion darauf versuchen die Menschen wieder nationalistisch zu wählen, ohne zu erkennen, dass dabei nur die Profiteure gewechselt werden. In diesen „jungen“ Ländern ist die neoliberale Politik in den Greminen noch nicht so verfestigt wie bei uns, sodass dort zunehmend nationalistische Parteien zur Regentschaft kommen.

Auch in Österreich war diese Sehnsucht nach einem Lebensraum der treibende Impuls für das Erstarken der nationalistischen Partei FPÖ. Der Fall Strache hat aber nun klar dokumentiert, dass der „Nationalismus“ dieser Menschn die eigene Hosentasche meint. Auch Der Fall Strache hat das klar gezeigt. Die Regentschaft solcher Parteien vereinigen die Nachteile der Bereicherungswünsche mit den Nachteilen einer egozentrierten Einstellung vollständig.

Wenn nun in Österreich im Herbst eine neue Regierung gewählt wird, so wird diese Regierung vermutlich eine ÖVP-Alleinregierung sein. Es gibt eben keine Alternativen bei der Wahl mehr. Vorhandene alternative Bewegungen können, ob ihrer Kleinheit, leicht von der Mitbestimmung ausgeschlossen werden.

Ich rechne die GRÜNEN nicht zu den Alternativen. Der Grund ist, dass die GRÜNEN zu einer bürgerliche Partei geworden sind, die in dieser Form kaum Alternativen zu bieten hat, die für einen Lohnabhängigen wünschenswert sind. Die GRÜNEN sind für Landbesitzer wählbar – also praktisch eine ÖVP für Kleinhäusler – für Arbeiter und Menschen ohne Arbeit aber nicht.

Die einzige größere Partei für besitzlose Menschen, die SPÖ, hat die Zeichen der Zeit immer noch nicht verstanden – und wird sie leider auch nicht verstehen. Sie setzt weiter auf eine Arbeiterschaft, die es so nicht mehr gibt und auf Bonzenstrukturen, die so eher kontraproduktive Pfründe darstellen. Es fehlen die politischen Visionen nahezu vollständig.

Das Wahlrecht ist weiterhin auf einem Stand, der keine Alternativen zulässt. Die Stimmhürden schließen die Bildung von pluralen Parlamenten aus bzw. zwingen alternativen Konzepten ihre Tagesordnung auf (siehe PIRATEN oder die Vorgänge im Grazer Rathaus bei der KPÖ).

Bürgerbewegungen die sich bilden, die bekämpft man mit den unterschiedlichsten Methoden sehr wirksam. Die einen stellt man ins rechte Eck. die anderen ins linke und den Rest kriminalisiert man. Wobei „man“ die herrschende Elite ist.

Für die Menschen bleibt eine Welt der „Diplomingenieure“ (wie es in einem Nachruf zu Thomas Bernhard formuliert wurde) – also eine Welt, die von engstirnigen Technokraten im Auftrag neoliberaler Profiteursinteressen verwaltet wird (Graz ist ein Beispiel; Kultur, Schönheit, Natur – alles wird zur Zeit vermarktet – auch wenn der Lebensraum und zuletzt auch die kommerzielle Basis damit zerstört wird).

Was wir Menschen ohne Vermögen benötigen würden, wären Politiker – Politiker, wie sie auch die Sozialdemokratie einmal gehabt hat – oder auch wie sie mit der grün-alternativen Bewegung im Entstehen waren. Politiker, die für eine bessere und schönere Welt arbeiten; Politiker, die endlich das Verwirklichen, was für Europa nach 1945 versprochen wurde: Eine soziale, lebenswerte Welt.

Herr Strach und seine Partei sind wegen des Versprechens, sie wären die, die diesen Wunsch der Menschen nach Lebenswelt – nach Heimat – nachkommen würden, gewählt worden. Aber es war eben nur ein Taschenspielertrick einer „Buberlpartei“ (Anspielung auf Haiders FPÖ) – und das ist der miese Charakter der FPÖ, der damit zwar blos gestellt wurde, aber nicht zu beseitigen ist. Beseitigt wurde nur die falsche Hoffnung – und das ist eigentlich gut!

Aber nun droht das hoffnungslose Ende für die Nicht-Kapitaleigner. Als einzige Alternative zur Wahl im Herbst bleibt nun nur mehr der Teufel selbst, da der Belzebub einfach zu dumm war. Dass es keine Alternativen mehr gibt – der „weiße Wahlzettel“ bewirkt auch nichts – das ist das wahre demokratiepolitische Desaster (auch bei der EU-Wahl).

Graz, 19.5.2019, W.Friedhuber

PS.: Weil ich es oben nicht erwäht habe: Was ist mit der Linken? Nun: Die gibt es in Österreich eigentlich nicht. Die KPÖ bleibt bei ihrer historischen Einbettung und bei ihrem Alleinvertretungsanspurch – also bei ca. 0,5 – 1 % Stimmenanteil. Vor allem die hostorische Erzählung hält sehr viele Menschen davon ab, KPÖ zu wählen – zu wirksam ist da immer noch die Nachkriegspropaganda und die aktuelle us-amerikanische Darstellung der linken Ziele (siehe aktuell Venezuela).

Ein Wahlplattform wie sie 2009 versucht wurde, wird von den unterschiedlichen Partialinteressen verhindert – allen voran wieder von der KPÖ, die sich nicht „instrumentalisieren“ lassen will – aber auch die Splittergruppen untereinander lassen sich wegen ideologischen Differenzen nicht verbinden – was im Sinne eines Pluralismus auch gut ist. Eine Wahlplattform ist in einer gewissen Art eine unzulässige Gleichschaltung.

Die Ausbildung von Vertretungsstrukturen die der pluralen Wirklichkeit näher kommen, wird weiter durch die aktuellen Machthaber verhindert. Ein plurales Einbinden von Kleingruppen, also dass Kleingruppen, die zur Wahl zugelassen wurden, zumindest 1 Sitz im Parlament bekämen, ist nicht vorgesehen. Damit bleiben nur die Blöcke, die sich im historischen Kampf der Vergangenheit gebildet haben und ein statisches System, dass den pluralen Aufbau einer modernen Demokratie nicht Rechnung trägt. Gerade der ÖVP-Mann Kurz fordert ja von der EU nun auch wieder eine Reduktion der Mitsprache der EU-Staaten (Abschaffung der Einstimmigkeit; die „Wichtigen“ entscheiden). Der Faschismus ist eben noch nicht vollständig überwunden – bzw. wird neu aufgelegt.

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