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„Vor der Morgenröte“ (Film-Rezension)

Bloged in Allgemein by friedi Samstag Juni 11, 2016
Soeben ist ein Film über die letzten Lebensjahre Stefan Zweigs angelaufen. Der Streifen schildert mit großem Einfühlungsvermögen die widersprüchliche Charakterstruktur des ins Exil gedrängten Schriftstellers. Ziemlich blaß verbleiben jedoch die historischen Rahmenbedingungen, unter denen er wirkte und die ihn schließlich den Freitod wählen ließen.
Der Film setzt 1936 ein – PEN-Kongreß in Argentinien. Die Namen der exilierten deutschsprachigen Schriftsteller werden aufgelistet: die Brüder Mann, Brecht, Feuchtwanger, Kracauer,…..Zweig. Letzter ist zutiefst erschüttert- kann sich jedoch zu keinem politischen Statement aufraffen.
Auch als die Nazis den 2.Weltkrieg vom Zaun brechen, verbleibt der Pazifist bei seiner Linie: dem Grauen, dem Bösen gilt es das „Gute“, die humanistischen Werte (nicht zuletzt die der Literatur) entgegenzusetzen.
Der Film zeigt die zunehmende Verzweiflung, Depression Zweigs. Er reibt sich u.a. damit auf, bedrängten Menschen auf der Flucht vor der braunen Pest zu helfen.
Brasilien, seine Menschen, die wunderbare Natur des Landes geben ihm nur zeitweise Kraft.
Er verfaßt noch die legendäre „Schachnovelle“- nimmt sich aber dann gemeinsam mit seiner zweiten Frau 1942 das Leben . Singapur ist soeben an die Japaner gefallen, Stalingrad- und damit die entscheidende Wende im Zweiten Weltkrieg- steht noch bevor…
Dem Hauptdarsteller (der bekannte Kabarettist Joisef  Hader) gelingt es hervorragend die Person des bürgerlichen Intellektuellen Stefan Zweig zu präsentieren. Der Film arbeitet bewußt mit „leisen Tönen“, nicht mit erhobenem Zeigefinger.
Dennoch wäre m.E. nach einige stärkere Konturierungen angebracht gewesen. Die „Weltlage“ wird schlicht vorausgesetzt, sie scheint nur sehr dünn ins -filmische- Geschehen. Zweigs Idealisierung Brasilens- damals herrschte eine straffe Diktatur unter dem Präsidenten Vargas- wird bloß ganz schwach angedeutet. Die „Schachnovelle“ wird zwar erwähnt, aber kaum in ihrer Bedeutung näher ausgeführt- noch dazu beim heutigen (Un)wissensstand  darüber.
Der Film ist also- leider- vor allem einer für „Kenner“, für solche die schon etliches über das Leben und Schaffen Zweigs wissen. Eigentlich schade. Denn heute, wo allerorts wieder unzählige Menschen aus ökonomischen und poltischen Gründen auf der Flucht sind und erneut von den Herrschenden Zäüne und Mauern errichet werden, wäre ein tieferreichender künstlerischer Beitrag zur Problematik des Exils mehr als notwendig.
Hermann Dworczak
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