… die subtile Form der Hetze: Skandalgeschichten und Halbwahrehiten …
Die Kronenzeitung lieferte in ihrem Steiermarkteil der Sonntagsausgabe vom 24.3.2019 ein „Meisterstück“ des Boulevard-Journalismus: Hr. Felbinger benutzt in seinem Artikel gegen die Ausnutzun des Sozialstaats durch Ausländer auch gleich bedenkliche Tagessätze für Arbeitslosenbeziehern – um sozusagen die Rundum-Hetze gegen die Schwächsten der Gesellschaft vollständig zu machen.
Auf Seite 21 der Kronenzeitung vom 24.3.2019 wurde unter dem zweiseitigen Titel „Ein Dschihadist mit Familiennachzug“ suggestiv so getan, als würde die österreichische Sozialversicherung von Asylwerbern ausgenutzt, die zudem noch schwer kriminell seien. Ein Einzelfall wird geschildert der höchstens eine Kurznachricht wert wäre. Durch die Breite des Artikels und durch die Art der Darstellung der Eindruck erweckt, dies sein ein problematischer Zustan den die Asylanten verursachen. Eine große Statistik über die Zunahme der Sozialleistungen an Asylanten in den letzten Jahren erweckt den Eindruck von Allgemeingültigkeit der Darstellung. Vor allem die im Text genannten Tagessätze lassen eine manipulative Absicht vermuten.
Im Zuge dieses Artikels wird der angebliche Beszug von 80.-€ pro Tag im Rahmen der Nachholung des Pflichtschulabschlusses eines Asylwerbers einem Arbeitslosengeld von 54.-€ pro Tag gegenübergestellt. Lt. Kronenzeitung ein Skandal, dass ein Asylwerber (der kriminell ist) 80.-€ bekommt und ein inländischer Arbeitsloser mit 54.-€ pro Tag auskommen muss.
Nun – wie das mit den 80.-€ für die Dauer der Schulung ist, will ich nicht weiter nachprüfen, da der Artikel hier keinerlei weiteren Fakten nennt. Was aber klar manipuliativ ist und über die Faktendarstellung hinausgeht, ist der Grundtenor des Artikels und vor allem die Nennung von 54.-€ pro Tag für eine arbeitslose Person!
Der Arbeitslosenbezug richtet sich nach dem Letzbezug. Er beträgt 55% des täglichen Nettoeinkommens und wird nach der Jahresbeitragsgrundlage berechnet (siehe BM). Es kann noch Familienzuschläge und Ergänzungsbeträge geben, aber der Punkt ist: 54.-€ bekommen die wenigsten Menschen ohne Arbeit.
Wie jeder am Arbeitslosengeldrechner leicht ausprobieren kann, würde jemand, der mit einer Bruttolohnsumme von 1623.-€ (Durchschnittseinkommen der Hälfte der Bevölkerung) Beiträge geleistet hat, ein Taggeld von 28,14 € beziehen. Um auf 54.-€ Taggeld zu kommen, müsste die Person einen Bruttogehalt von fast 4000.-€ bezogen haben! Das Medianeinkommen – also das Einkommen der Hälfte der arbeitenden Bevölkerung liegt lt. AK bei ca. 2202.-€ (siehe: Einkommen in Österreich). Erst die vorletzten 10% (9tes Zehntel) der Arbeitnehmer haben ein Einkommen das über 3000.-€ liegt.
Darum nenne ich diesen Artikel ein Meisterwerk der Manipulation – oder auch, wie eine von Arbeitslosigkeit betroffene Person in einer Mail schreibt: Ein Skandal (der Berichterstattung)!
Da wird in einem Artikel ein suggestive Bild von kriminellen Asylwerbern anhand eines Einzelfalls aufgebaut. Zwischen den Zeilen schwebt die Botschaft, diese Menschen wären kriminelle Betrüger und Dschihad-Kämpfer die vom österreichischen Sozialsystem bevorzugt würden. Zum Beleg, wie diese Menschen von einer Verwaltung protegiert werden, wird ein Vergleich der angeblich bezogenen Tagessätze des dargelegten Einzelfalls mit dem Tagessatz der Arbeitslosenversicherung gebracht. Durch die Wahl der Tagsätze wird bei diesem Vergleich auch gleich eine subversive Hetze gegen die „goldene Hängematte“ allgemein eingebaut, indem ein Tagsatz genannt wird, welchen die wenigsten Arbeitslosen beziehen können.
Natürlich wird auch nicht erwähnt, dass den Menschen in der Langzeit-Erwerbslosigkeit es in Zukunft durch die aktuelle Regierung droht, aus der Arbeitslosenversicherung herauszufallen und sie dann auf Sozialhilfe angewiesen wären; eine Sozialhilfe, die von der aktuellen österreichischen Regierung auf einen Betrag unter der Armutsgrenze festgesetzt werden soll. Das wäre dann ein Taggeld von ca. 29.-€ (863.-€ für Alleinlebende).
Die „Kunst“ der Hetze besteht eben darin, alle Schwächeren so vorzuführen, dass jeder auf jeden neidig werden kann. Der Vergleich der 80.-€ mit den realeren Betrag von 29.-€ hätte vermutlich den Neid der Sozialhilfeempfänger gegen die Ausländer stärker geschürt – aber eben den in Wohlstand lebenden Mittelstand nicht gleichzeitig gegen die Menschen ohne Lohneinkommen aufgebracht. Neid und Missgunst ist ja der Nährboden für die Begründung der Beraubung weiter Bevölkerungsteile, die weiterhin geplant ist ….
Es entsetzt mich im Besonderen, dass gerade die Menschen am Rande der Bevölkerung für dieses Spiel hergenommen werden. Man spielt hier mit Existenzen, die ohnedies schon in psychisch sehr belasteten Lebenslagen sind und instrumentalisert sie in einer Weise, die ich als unverantwortlich betrachte.
Der Artikel weckt in Menschen die unverschuldet in der Langzeiterwerbsarbeitslosigkeit sind den Eindruck, es gäbe Asylanten, die ohne weiteres 2400.-€ im Monat (80.-€ pro Tag) bekämen, während ihnen selbst eventuell nur ca. 900.-€ gewährt würde.
Nicht nur das! Es ist auch zu lesen, dass andere arbeitslose Menschen ca. 1600.-€ netto im Monat bekämen. Natürlich weckt das das Gefühl, sehr ungerecht behandelt zu werden.
Gleichzeitig liest ein prekär angestellte Arbeiterin, die als Lohn 1360.-€ brutto bekommt, dass sie ohne Arbeit 1600.-€ netto bekommen könne und wenn sie Ausländerin wäre sogar 2400.-€ netto bekäme! Es ist zwar alles so nicht wahr, aber der Zorn ist geweckt!
Wie der Artikel auf Asylanten wirken muss, die in der Steiermark 40.-€ pro Monat (also 1,33 € pro Tag) an Taschengeld erhalten (ansonsten aber voll Versorgt werden – siehe: Grundversorgung) will ich mir gar nicht vorstellen. Da kann man wirklich nur hoffen, dass sie noch nicht so gut Deutsch können ….
Und von den sogenannten „Tüchtigen“ die glauben, dass sie die Welt am Drehen halten, wie denen die Zornröte in das Gesicht steigt, wenn sie lesen, dass sie von den Steuern, die man ihnen von ihren hart verdienten 4333.-€ Brutto pro Monat (= 3223.-€ netto mit 14 Gehältern – Brutto-Netto-Rechner) abzieht, um kriminelle Dschihadisten mit 2400.-€ netto im Monat zu versorgen will ich gar nicht weiter reden.
Ein meisterlicher Rundumschlag auf dem Gebiet der Zwietracht!
Graz, 25.3.2019, W.Friedhuber
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