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Afghanistan: Das Ende der Besetzung – Analyse von jonathannancy

Bloged in Allgemein by friedi Sonntag August 22, 2021

Nancy Lindisfaren und Jonathan Neal versuchen einen sozialanthropologische Sicht der Vorgänge zum Sieg der Taliaban. Sie wollen damit den „Unsinn“ der medial verbreitet wird, zurecht rücken. R.Brunath hat den Artikel ins Deutsche übersetzt: Afghanistan The End of the Occupation

Lindisfarne und Neal stellen 6 Kernthesen auf:

  1. Die Taliban haben die Vereinigten Staaten besiegt.
  2. Die Taliban hatten die Unterstützung der Bevölkerung.
  3. Die amerikanische Besatzung war grausam und korrupt.
  4. Der Krieg gegen den Terror ist in den USA politisch besiegt.
  5. Der Vorgang ist ein Wendepunkt der Weltgeschichte.
  6. Die Rhetorik des Feminismus wird als Rechtfertigung für die Besetzung verwendet.

In ihrem Artikel versuchen die Autoren diese Thesen argumentativ zu rechtfertigen.

Ich [W.Friedhuber] stimme zwar vielen Darlegungen zu – aber sehe die Darstellung selbst als Ausfluss der Zeitenströmung, die so weder den harten als auch den soziologischen und nicht den ideologischen Tatsachen entspricht.

Keine der 6 Kernthesen ist haltbar – und die darauf aufbauende Argumentation führt in die ideologische Irre. Ich versuche meine Gegenargumente hier kurz anzureißen.

  1. Die Taliban haben die USA nicht besiegt. Diese Behauptung ist in allen Facetten unwahr. Zwar hatten die USA das Oberkommando über die NATO-Truppen – aber es war kein Krieg Taliban gegen USA (schon einmal rein formal). Der Abzug der NATO-Truppen hatte inner-us-amerikanische Gründe – man könnte sagen: Ein Sieg der US-Zivilgesellschaft, die kriegsmüde wurde und die immensen Kosten nicht mehr tragen wollte.
  2. Ja – die Taliban waren in der Bevölkerung besser verankert als die abgeschotteten NATO-Truppen. Die von der USA eingesetzten Führer waren auf persönliche Bereicherung aus und waren ebenfalls nicht in der Bevölkerung verankert. Der USA ist es nicht gelungen, in Afghanistan einen Kulturwandel – wie etwa in Deutschland nach 1945 herbeizuführen. Die USA gehen in ihrer Militärpolitik in den Ländern in Afrika und Asien von völlig falschen Voraussetzungen aus. Um die Bevölkerung zu erreichen, müssten sie zuerst Wohlstand und Infrastruktur schaffen. Das lässt sich militärisch nicht erzwingen – aber dass die Angst vor den Taliban schon Unterstützung bedeutet, ist zweifelhaft. Dass sich die Klanführer mit ihren Soldaten nach einem Truppenabzug der NATO den nächst stärkeren Kräften anschließen, war zu erwarten. Die Menschen sind da eigentlich kaum Gefragt – sie sind ihren lokalen Führern weitgehend ausgeliefert.
  3. Die US-Besatzung war nicht grausamer oder korrupter als die Taliban. Eine Militäraktion gegen Aufständische als Grausamkeit einzustufen ist zwar menschlich verständlich – Sprengfallen und Sprengstoffattentäter aber nicht – das ist polemisch. Wenn von Grausamkeit die Rede ist, dann gilt das eher für die Taliban, das die NATO-Truppen im Rahmen von geplanten Militäraktionen vorgegangen sind, während die Aufständischen auch willkürlich mitten im Zivil-Leben  zuschlugen. Dies gilt ebenso für die Korruption: Die Korruption liegt hauptsächlich bei den afghanischen Verwaltungsbehörden – und die gibt es auch weiter unter Taliban-Herrschaft. Die Korruption allein den US-Truppen zuzuordnen zeigt auf politische Färbung.
  4. Ja! Hier Rückhaltlos! Der Sieg lag bei der US-Bevölkerung. Sie haben den Abzug bewirkt. Eigentlich ein Sieg der us-amerikanischen Zivilbevölkerung. Zu Diskutieren wäre natürlich die moralische Komponente – vor allem auch für die NATO-Partner. Es wurden wegen dieser US-Kriegsmüdigkeit Versprechen gebrochen, Werte verraten, Menschen in Stich gelassen – und letztendlich das Konzept der „westlichen Werte“ aufgegeben – einfach aus einem Gefühl des Überdrusses heraus.
  5. Auch hier: Ja! Der Wendepunkt ist der, dass die westliche Gesellschaft nun endgültig ihre Werte aufgegeben hat. Dies ist auch in den Artikeln zu bemerken. Plötzlich werden anachronistische Gesellschaftsmodelle – wie etwa die Scharia – als praktikable Lösungen betrachtet. Dieser Wendepunkt könnte für uns im sogenannten freien Westen noch zu dramatischen Verlusten im persönlichen Leben führen. Die Corona-Zwangsmaßnahmen kündigen die neue Welt von Experten-Zwängen schon an. Ob die Experten nun diplomiert sind oder ob es Mullahs sind, ist für die Lebenseinschränkung letztendlich zweitrangig. Die Menschen – allen voran in der USA – scheinen ihre Freiheitsideale aufgegeben zu haben.
  6. Dass hier von einer Rhetorik die Rede ist, wenn die am stärksten benachteiligte Gruppe von Menschen – die Frauen – befreit werden sollen, wirft für mich ein bezeichnendes Bild auf den im Punkt 5 genannten Wendepunkt. Plötzlich sind sogar linke Kräfte argumentativ pro-Taliban. Das ist ja so, als würden wir wieder dafür eintreten, dass der Papst die Regierungsgeschäfte in Mitteleuropa übernimmt; als würde Opus-Dei herrschen. Die Taliban vertreten ein religiös grundiertes Gesellschaftssystem, wie es in Österreich ev. noch um 1800 geherrscht hat. Dies ist rückständig! Wie linke Kräfte diesem anachronistischen System etwas abgewinnen können, ist mir schleierhaft. Noch dazu, wo die Taliban die Scharia restriktiv handhaben wollen – bis hinunter zu r Bekleidungsvorschrift. Natürlich war das Einmischen der NATO in Afghanistan in diesem Punkt keine reine Rhetorik – sondern eine ideologisch begründete Konsequenz – und dieser Grund würde auch weiterhin gelten. Es ist eben ein Zeichen der Zeitenwende, dass die USA und Europa ihren Weg der Freiheit für die Menschen nicht mehr ernst nehmen. Regime, die Menschen in ihren Grundrechten einschränken – und da gehören viele Handhabungen der Scharia dazu – gehören geächtet.

Graz, 21,8,2021, W.Friedhuber

 

 

Kommentare	»
  1. dazu muss ich schon etwas sagen…..

    zu 1) wer ist den die us-zivilgesellschaft ????????? die anhänger vom trump ? qanon ? was ist das eine zivilgesellschaft ? das war wirklich kein krieg, haben doch die amerikaner seinerzeit die taliban aufgebaut und unterstützt.

    zu 2) klar waren die islamischen taliban nach 9/11 in der bevölkerung besser verankert als die westlichen nato-besatzer.was hat sich denn diese bush-regierung in der islamischen welt an gegner herangezüchtet ?

    zu 3) die us army ist genauso grausam, wie jegliche armee oder besatzungsarmee. die amerikanischen besatzer haben ein korruptes regime initiiert und untestürtz.

    zu 4) na, ja, welchen sieg hätte da die us-bevölkerung eingefahren ? es sei doch erinnert, dass es der trump war, der den abzug festgelegt hat. weder die bevölkerung, noch die cia,auch nicht die führung der armee, schon gar nicht die freunde in der nato haben einwände gebracht, schon gar nicht die reale situation korrekt empfunden oder analysiert.

    zu5) welcher wendepunkt der weltgeschichte ? die briten haben dort ewig gefuhrwerkt, wer kennt im schifahrerland österreich den earl of kandahar nicht ? der westen mußte die mudschahedin unterstützen, die damals die relativ progressive kommunistische regierung des landes gestürzt haben, die sowjetunion demnach eingegriffen hat. welche werte hätte denn die westliche gemeinschaft aufgegeben ? sie hat nix gegen die islamischen werte im nachbar- und atomstaat pakistan durchgesetzt. der iran gilt nur als feind, weil dies israel vorgibt. bevölkerung, freiheit und schon gar nicht frauen haben die interessen westlicher regierungen jemals interessiert. ist auch in afrika so, es gelten halt die vorteile bezüglich der rohstoffe oder einer etwaigen geopolitischen lage, mehr nicht…..
    afghanistan ist mittlerweile der größte opium produzent der welt, die verteilungrichtung europa geht über den kosovo, wo die us army mit fort bonsteel das größte militärlager ausserhalb der usa betreibt. österreich spielt durch die teilnahme an kvor ebenfals in diesem film mit, es sei erinnert , dass in der belgierkaserne, eine ehmalige ss-kaserne, seit 15 jahren die deutsche fahne weht, trotz gültigkeit des staatsvertrages. es sei zu erwähnen, dass im jugolawienkrieg, die truppen des izetbegovic, auch die albaner des kosovo afghanische mudschahedins als söldner gegen die ehtnisch serbische bevölkerung eingesetzt haben, alles unter der schutzherrschaft von clinton und albright, die zur unterstützung völkerrechtswidrig beograd und novi sad, wie auch den kosovo bombardieren ließen. es sei auch an die erpressung von rambouillet erinnert, wer will da von aufgegebenen westlichen werten noch sprechen ?

    zu 6) hörma mit den frauen auf, die die letzten 25 jahre niemand interessiert haben. wer hat diese bedauert, wenn in kabul oder so vor schulen oder auf märkten bomben losgingen, meistens an die 100 tote zu beklagen waren, die meisten frauen oder mädchen.

    ich kenne einen afghanen, der mittlerweile wirklich bestens integriert ist, der hier in einer für ihn fremden sprache erstmals lesen und schreiben gelernt hat, der war mit 17 schon verheiratet. seine frau und seine beiden kinder , die er kaum kannte, waren in der ganzen zeit seines verfahrens, seiner ausbildung, in einem pakistanischen lager und haben gewartet…..ob er sie jetzt als österreichischer staatsbürger nachholen durfte sei auch noch zu untersuchen, es wird ja bei zuzug geprüft ob die familie von der zielperson korrekt unterstützt werden kann, darob bedarf es einer ernsthaften beschäftigung und eines ernsthaften einkommens.

    was hiesige saturierte linke kräfte meinen sei dahingestellt. ich erlaube mir schon darauf hinzuweisen, dass unter der kommunistischen regierung, die von den sowjets gestützt wurde, frauen auf die uni durften und sogar misswahlen veranstaltet haben……..egal was dazu die feministische sicht darstellt.
    ref. universum spezial, orf 2, 20.8.2021.

    Trackback by kurt strohmaier 22. August 2021 18:00

  2. Zu dem Kommentar zum Punkt 5: Wende
    Die Wende ist da. Die westliche Welt ist dabei die Wertehalung, die nach dem 2. Weltkrieg – und unter dem Eindruck des Krieges – erreicht war, nun wieder völlig zu verlassen. Wurde unter dem Eindruck der Weltkriegskatastrophe noch die Flüchtlingskonvention – und die Menschenrechte erlassen – und im Falle von DDR-Flüchtlinge, Ungarnflüchtlingen, Tschechen usw. auch noch weitgehend gelebt – ist jetzt die Erosion dieser Werte umfassend zu sehen. Menschen ertrinken im Mittelmeer – und Afghanistan und die Flucht – etwa der deutschen Militär – ist wohl als Verlust der letzten Wertehaltungen zu verstehen:Der Bruch jeglichen Versprechens (die USA versucht wenigstens noch das Gesicht zu wahren und koordiniert die Flucht) – aber allein der überhastete Abzug und das angebliche Versagen der Aufklärung sprechen doch eine deutliche Sprache: Die Menschen sind den Schachspielern nichts mehr wert. Diese Haltung war nach dem 2. WK nicht da – ist langsam erodiert – und Afghanistan kann nun tatsächlich als Zäsur gewertet werden – weil anders als in Vietnam ist das Militär in Afghanistan nicht besiegt worden – es wurde einfach abgezogen …

    Trackback by Friedi 22. August 2021 18:42

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