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Griechenland: DIE KRAFTPROBE

Bloged in Allgemein by friedi Donnerstag Januar 29, 2015

oder wenn das deutsche und internationale Kapital mit der griechischen Demokratie verhandeln muss

„Gute Nacht Frau Merkel“ lautete die Aufschrift einer hochgehaltenen Tafel in Athen nach dem Wahlsieg von Syriza. Die Austeritätspolitik der Troika ( IWF;EU;EZB) zur Verarmung wurde abgewählt, ließ Alexis Tsipras verlauten. Im Handumdrehen arrangierte sich das anti-neoliberale Linksbündnis, dem nur 2 Mandate für eine Alleinregierung fehlten mit der einzig Möglichen (die KP; KKE hat abgelehnt) der konservativen, national-souveränistischen ANEL – die Unabhängigen Griechen – auf eine Koalitionsregierung, um das angekündigte Programm auf Schiene zu bringen. Nur ANEL teilt mit Syriza die gleiche unnachgiebige Haltung, sich der von der Troika auferlegten Kaputtsparpolitik entschieden zu widersetzen. Eine Neuwahl wurde mit diesem knappen Wahlausgang zu Recht als kontraproduktiv angesehen.

So soll umgehend der Mindestlohn von 580 auf 751 Euro angehoben werden; die PensionistInnen sollen wieder ein 13. Monatsendgeld bekommen; Lohnsteuerzahlungen sollen erst ab 12 000 Euro Jahresverdienst beginnen, 9500 Beamte sollen wieder eingestellt werden; für die Allerbedürftigsten soll es kostenlose Strom-bzw. Heizkosten geben; der Hafen von Piräus soll nicht weiter privatisiert und auch die anderen vorgesehenen Privatisierungen gestoppt werden. Der unter der konservativen Regierung von Samaras aufgelöste Staatliche Rundfunk/Fernsehen soll wieder eingeführt werden und in den nächsten Wochen wird eine Entscheidung bezüglich einer Übergangslösung für die anstehenden Kapital-Rück-bzw. Zinszahlungen erreicht werden müssen. Bis Jahresende fallen 22,5 Mrd. an. Für das oben angeführte Sozialprogramm muss die Regierung € 12 Mrd. auftreiben, was sie vor allem über Steuereinnahmen von jenen, die viel besitzen bzw. verdienen und wenig bis nichts bezahlen, erreichen will.

Lukrative Staatsverschuldung für das Kapital

Gläubiger ist Deutschland mit 60 Mrd.und Frankreich mit 40 Mrd. Wobei ersteres mehr als eine Mrd. allein von den Zinsen pro Jahr einheimst und Frankreich 800.000 €. Der IWF hält 35 Mrd. und die EZB 27 Mrd. Die EU-Länder des Rettungsfonds ESM 142 Mrd. Die namentlich nicht preisgegebenen Privatinvestoren holen sich ebenso bis zu 10% Zinsen für die vergebenen Staatsanleihen von 65 Mrd. Euro. Alles in allem ein äußerst lukratives Geschäft für die Kapitalbesitzer, die alles daransetzen werden den Mechanismus auf recht zu halten und den Löwenanteil davon zu retten, falls Griechenland den Euro/die EU verlässt und alle Rückzahlungen einstellen sollte, was aktuell nicht vorgesehen ist.

Die neue griechische Koalition wird über eine Kürzung der Staatsschulden, über ein Moratorium / Schuldenzahlungsaufschub und das Koppeln der Rückzahlungsrate an ein positives Wirtschaftswachstum zu binden, (in den letzten fünf Jahren haben die Auflagen der Troika dazu entscheidend beigetragen, dass die Wirtschaft 5% pro Jahr im Schnitt schrumpfte) in Brüssel mit der Troika in Verhandlungen gehen. Sie will aber nicht nur über Griechenland allein reden, sondern es soll einen paneuropäischen Schuldengipfel geben, denn Irland, Portugal, Spanien, Italien und Frankreich sind nur die Spitze des Eisberges, was den demütigenden Effekt schwächen und ein Verhandeln auf gleicher Augenhöhe ermöglichen würde.

Panikmache ist fehl am Platz, denn Japan hat schon einige Zeit eine 200% Verschuldung im Vergleich zum BIP. Griechenland liegt bei 170%. Die Berechnung im Vergleich zur Wirtschaftsleistung eines Jahres ist immer hinkend, denn die Kredite laufen auf unterschiedlicher Länge, von kurzfristig bis zu 40 Jahren.

Hart auf hart

Zu erwarten ist, dass die Troika weiter ihre Auflagen gegenüber Griechenland diktieren möchte und die Verhandler auf der griechischen Seite ebenso unnachgiebig auf ihren Vorstellungen beharren werden, d.h. sie können darauf verweisen, dass nicht sie für die Verschuldung zur Verantwortung gezogen werden können, da diese vor allem mit der konservativen Regierung im Einklang mit der auferlegten Wirtschaftspolitik – alles Staatliche zurückzufahren, das Privatisieren voranzutreiben, die Kaufkraft zu senken, was laut Troika zu einem Anstieg der Konkurrenzfähigkeit hätte führen sollen, – zu Stande gekommen ist. Nicht nur Griechenland ist bankrott, sondern auch die vom deutschen Kapital vorgegebene neoliberale Sparpolitik.

Ein Audit der Verschuldung – eine öffentlich rechtliche Anhörung der Verschuldung, um jenen Teil, der als illegitim erachtet wird, d.h. der also nicht der Allgemeinheit diente, sofort zu kürzen, wird die Troika ebenso nicht akzeptieren.

Die griechische Wirtschaft, die gerade einmal 2% des BIP innerhalb der EU ausmacht, könnte natürlich leicht gerettet werden, wenn es eine gemeinsame Wirtschafts- Sozial-und Steuerpolitik innerhalb der EU gäbe. Es geht der EU jedoch darum gegenüber Griechenland zu schauen, wie weit sich eine Bevölkerung hinunter sparen lässt, bis es zu einer sozialen Explosion kommt.

Bei Griechenland haben sie das schon noch im Griff, wenn auch dem neuen Verteidigungsminister Panos Kammenos – er wollte das Spardiktat nicht weiter mittragen und hatte Anel nach dem Ausschluss aus der regierenden konservativen Nea Dimokratia gegründet – in dieser Lage eine besondere Rolle zukommt. Die rechtsextreme Morgenröte ist als drittstärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen, und dies obwohl ihre Parteispitze im Gefängnis sitzt und von dort aus die Wahlkampagne nur sehr eingeschränkt führen konnte. Aus dem Repressionsapparat von Polizei und Militär dürften die meisten Stimmen gekommen sein, und sollte die neue Regierung scheitern, werden die sozialen Spannungen sprunghaft zunehmen und eine militärische Unterdrückung könnte die Folge sein, bzw. die Rechtsextremen könnten bei einer nächsten vorgezogenen Wahl zur Mehrheitspartei aufsteigen.

Eine Verwendung der Mittel, die EZB Chef Draghi mit den aus dem Nichts gedruckten 1 140 Mrd Euro die er im Euroraum in Umlauf bringen möchte, um die sich stark ausweitende Deflation einzudämmen und eine Inflation von 2% herbeizuführen, kommt ebenso nicht in Frage, da sie an die neoliberalen Auflagen gebunden wären, die die griechischen Verhandler nicht mehr akzeptieren werden. Deutschland hat dieser weiteren Geldschwemme nur zugestimmt, nachdem festgelegt worden war, dass die Steuerzahler jenes Landes, welches sich eine Neuverschuldung aufschwatzen lässt, zu 80% von den Steuerzahlern des betreffenden Landes getragen werden müssen. 20% lediglich von der gesamten EU. Ein weiterer Zuschuss aus dem ESF-Rettungsfonds hätte dieselbe inakzeptable Bedingung.

Bleibt das politische Druckmittel. Francois Hollande, der Tsipras für den 12. Februar nach Paris eingeladen hat hofft, dass er die Vertreter des deutschen Kapitals Merkel/Schäuble leichter umstimmen kann, von der neoliberalen zu einer keynesianischen Wirtschaftspolitik zu wechseln, um der sich immer weiter vertiefenden Krise entgegenzuwirken.

Frankreich hat eine ständig stärker steigende Arbeitslosigkeit (offiziell 3,5 Mill., inoffiziell 6 Millionen; die Auflage der budgetären Neuverschuldung von 3% konnte nicht eingehalten werden …) und die Sozialdemokratie befürchtet bei der nächsten Wahl das gleiche Schicksal wie die griechische sozialdemokratische Pasok zu erleiden und bei 5% zu landen. In Spanien könnte Podemos am Ende des Jahres so einen Wahlsieg wie Syriza einfahren. Italien, das 2,2 Billionen Euro Staatsverschuldung hat, könnte in diesem Jahr möglicherweise die Schulden nicht mehr bedienen können und und ….

Bleibt die Troika bei ihren Auflagen gegenüber den griechischen Verhandlern, die mit Finanzminister Yanis Varoufakis auf Granit beißen werden, wird es keine Lösung geben und die griechische Regierung könnte sich in China oder Russland nach einer Lösung umschauen, was die geostrategischen Interessen in EU-Brüssel ins Wanken bringen wird.

Johann Schögler , 29. Januar 2015

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