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DIE UNNATÜRLICHE WISSENSCHAFT- Soziologische Freud-Lektüren

Bloged in Allgemein by friedi Dienstag Mai 15, 2012

Helmut Dahmer verweist in seinem neuesten Buch -einmal mehr- auf den spezifischen Charakter der Psychoanalyse, die es nicht mit „Objekten“ zu tun hat. Und er schildert in bündiger und beeindruckender Weise das -tragische- Schicksal der auf der Freudschen Theorie aufbauenden „Bewegung“.Die Psychonalyse hat eine Art Sonder-Status. Sie ist keine Naturwissenschaft, vielmehr der Prototyp einer krtischen Sozialwissennschaft.Selbst Freud war sich nicht (ganz) über das Spezifikum seiner Schöpfung im klaren bzw. versuchte es – aus taktischen Gründen- auch vor sich selbst!- zu verbergen.

In der Psychoanalyse steckt-heute wie damals- eine gewaltige Sprengkraft: weil sie den Horizont öffnet für ein befreites Leben ohne- historisch unnötigen- Zwang und Versagung.

Dahmer schildert ihre Entwicklung von der Analyse der Hysterie, als einem „sozial induziertem Leiden“, einem „Leiden an der Gesellschaft“(S.13) vorwärts zu einer Kritik an den repressiven Institutionen der Gesellschaft. Für Freud persönlich bedeutete dies ein „Zurück“: Weg vom damals vorherrschenden naturwissenschaftlichen Szientismus bzw. Positivismus retour zu Schelling und zur „Naturphilosophie“.

Freud schuf eine- internationale- Organisation: die „Psychoanalytische Bewegung“. Mit dem Aufkommen des Faschismus hielt sich diese – mit der Billigung Freuds- immer mehr mit gesellschaftlicher Kritik zurück. In Deutschland fanden sogar Anpassungen an die Nazis statt(S.34)- theoretische und praktische Selbstkastrationen die jedoch ihren Untergang nicht aufhalten konnten.

Dahmers Resumee:“Die „Psychoanalytische Bewegung“ ist Geschichte. Die Freudsche Aufklärung aber wird noch manche Götzendämmerung und manche Sozialrevolution inspirieren“(S.28).

Das vorliegende Buch enthält außer der Abschieds-Vorlesung vom 7.2.2002 eine Reihe interessanter Einzelstudien. Brillant ist die Arbeit „Der Witz der Sache“ (S.55ff), in der die Geschichte der -stalinisierten Kommunistischen Internationale und der Werdegang des -von Stalin ermordeten- „Clowns“ Karl Radek verschränkt werden.

Nicht weniger fesselnd der Abschnitt „Die Freudsche Linke- Vom Freudomarxismus zur Metascience“ (S.126ff).

Wer für einen Sozialismus des 21.Jahrhunderts kämpft und dafür einen Zugang zu einem offenen, (selbst)kritischen Marxismus braucht- sollte (rasch) zu dem schönen Buch von Helmut Dahmer greifen.

Hermann Dworczak (0676 / 972 31 10 )

Helmut Dahmer: Die unnatürliche Wissenschaft- Soziologische Freud-Lektüren. Verlag Westfälisches Dampfboot Münster 2012. 273 Seiten; 29,90 Euro

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