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Bericht Workshop 20.4.2012, Teil 3: Das matriarchale Konzept

Bloged in Matriarchale Gesellschaft by friedi Sonntag Mai 6, 2012

Thema: Revolution und Gesellschaftskonzepte

Systemwechsel: Wie und wohin?
Diskussionsveranstaltung am 20.4.2012 in Graz
Zusammenfassung der Workshop-Beiträge: Wolfgang F.

3. Teil von 3: Matriarchat:

(Referent: Wolfgang F.)

Linke Alternativen: Spielarten der Patriarchats

Linke Alternativen?

Wie in den vorherigen Referaten dargestellt wurde hat es bereits zahlreiche Revolutionen gegeben – mit dem Ergebnis, dass die Verhältnisse kaum besser bzw. früher oder später wieder vorrevolutionären Zustände herrschten (Bsp. Russland heute).

Daher stellt sich die Frage: Brauchen wir nicht andere Alternativen als Revolutionen? Sind nicht alle Revolutionen nichts anderes als Herrschaftskämpfe der Männchen, die momentan nicht an der Macht sind mit denen die an der Macht sind?

Folgt man der Werlhof’schen Logik,

muss man diesem Argument zustimmen: Französische Revolution, Russische Revolution, Arbeitskampf – und das Resultat? Eine Welt die immer schneller zerstört wird und immer rascher in eine lebensfeindliche Umwelt verwandelt wird.

Werlhof stellt klar:

Keine Kapitalismuskritik ohne Patriarchats-Kritik! (v. Werlhof, Claudia, 2006. In: Widersprüche 50: Alternativen! Zürich 2006, S. 99-112).

Wie Werlhof in ihrem Buch „Aufbruch aus dem Patriarchat – Wege in eine neue Zivilisation?“ einleitend eindringlich darstellt, schlagen die Verhältnisse immer mehr ins Gegenteil dessen um was sie vorgeben zu sein: Friede wird Krieg, Geld wird Wertlos, Äcker werden Wüsten usw. usw. (siehe: v. Werlhof, Claudia, Hrsg. 2006: Beiträge zur Dissidenz. Einleitung: Sieben Jahre im freien Fall. ) Das ist ein deutliches Anzeichen, dass auf der Welt ein falsches Prinzip „herrscht“. Werlhof klassifiziert dieses „herrschende“ Prinzip als das „patriarchale Prinzip“, das ihrer Meinung nach vor ca. 5000 Jahren sich gewaltsam als einziges Prinzip gegenüber dem Matriarchat durchgesetzt hat.

Ergänzung Lisa: Die ersten göttlichen Wesen der Menschheit waren Frauen, das matriarchale Prinzip war in der Urgesellschaft vorherrschend und wurde gewaltsam verdrängt […stark gekürzt].

Wolfgang: Dieses Thema wollte ich in der allgemeinen Vorstellung eher weg lassen. Ob Matriarchat oder Patriarchat irgendwann in einem Stamm die dominante Gesellschaftsform war, lässt sich in aktuellen Gesellschaften kaum und erst recht nach ein paar 100 Jahren nicht mehr schlüssig beweisen. Ob die ersten überirdischen Wesensheiten Hirsche, Baumgeister, Frauen oder sonst was war, hat ähnliche Belegprobleme (auch wenn die Forscher des 19. und 20. Jhdt. in allen Darstellungen mystisch-kultische Beweggründe sahen). Alle (selbst heutige ethnologische) Ergebnisse sind stark von der Weltsicht des jeweiligen Forschers dominiert. Natürlich ist es hilfreich, wenn man historisch eine Gesellschaftsform als Vergleich und Beleg heranziehen kann – notwendig ist es aber nicht. Wir sind auf der Suche nach neuen Ansätzen. Falls historische Gesellschaften bereits erfolgreich egalitäre Verwaltungsstrukturen hatte – gut, aber wenn nicht, spielt das für die Gegenwartskritik und für die Diskussion von Alternativkonzepten auch keine Rolle. Ev. setzen wir für dieses Thema „Egalitäte Gesellschaften – historisch“ einen eigene Workshop an?

Der Ansatz Werlhofs ist ein holistischer – also Matriarchat als Weltbild oder wie Werlhof es nennt: Als Zivilisationsbegriff. Durch diese umfassende Bedeutung droht die Diskussion aber oft in Nebensächlichkeiten abzugleiten. Daher stelle ich der Diskussion den Versuch einer Klassifizierung der Themenzugehörigkeit voran, die es ermöglichen soll, die Diskussionsebene zuzuordnen und im Diskurs einzuhalten. So kann etwa der Feminismus als Prinzip auf der Ebene der Sozialideologien gesehen werden und der Kampf um die Gleichstellung aller Menschen als Gesellschaftskonzept.

Abstraktionsebenen der Konzepte

Abstraktionsebenen der Konzepte

Der Kampf der Frauen um Aufsichtsratsposten kann der Alltagsebene zugeordnet werden. All diese Kämpfe selbst sind aber bereits durch patriarchale Strukturen (als Weltbild) verursacht. In einer matriarchalen (als Weltbild), egalitären (als Gesellschaftskonzept) Zivilisation würde es diese Problem gar nicht geben – daher ist die Diskussion, ob Frauen „besser“ sind als Männer, ob Männer „schuld“ seien am Untergang usw. eine Diskussion, die geführt werden kann und muss, aber nichts mit matriarchalem Prinzip zu tun hat. Das matriarchale Prinzip würde von einem egalitären, auf Harmonie und Wohlwollen basierendem Zusammenleben ausgehen und diese Polarisierung gar nicht haben.

Die Diskussion, ob es jemals matriarchale Gesellschaften gegeben hat ist nur insofern interessant, als dies dazu dienen kann, die Vorgänge, die das Matriarchat zerstört haben zu erkennen. Aus meiner Sicht kann aber auf den Nachweis vollständig verzichtet werden, da wir angesichts der aktuellen Bedrohungslage Alternativen brauchen, auch wenn es diese alternativen Ansätze noch nie gegeben hat – oder: gerade wirkliche Alternativen würden notwendig sein.

Das matriarchale Prinzip ist jedoch insofern ein feminines als es sich am Prinzip der Mutterschaft orientiert, am Prinzip des Lebenspendenden, des Gebenden. Allgemein ist das matriarchale Prinzip ein Prinzip, das versucht die mit der Natur im Einklang zu leben. Die Natur folgt dem Prinzip des Überflusses. Das patriarchale Prinzip ist genau entgegengesetzt: Ein Prinzip des Warenentzugs, ein Prinzip des Mangels und des Tötens zum Zweck der Herrschaftsstabilisierung.

Johann: Die Frage, warum dann weltweit patriarchale Gesellschaftsformen dominieren?

Gewalt ist nun einfach das einfachere. Gewalt ohne Gegenwehr kann sich leicht durchsetzen. Aber: (wie auch Werlhof darlegt) das matriarchale ist nicht ausgestorben. Dabei geht es nicht um den Nachweis, ob diese oder jene Kultur matriarchal ist, sondern es geht darum, dass selbst die patriarchale Gesellschaft zusammenbrechen würde, wenn es in ihr nicht noch große Bereiche matriarchaler Einstellung gäbe und es geht um den Versuch, endlich nach 5000 Jahren den Fehler der patriarchalen Machtübernahme durch Stärkung des matriarchalen Prinzips die Zerstörung der Welt zu stoppen. Warum das nun plötzlich notwendig wird, ist bei Werlhof dadurch erklärt, dass die patriarchalen Macht nun kulminiert und das Leben auf der Erde ernsthaft bedroht. Das Ausleben der patriarchalen Vorstellungen vor 500 Jahren hat zwar lokales Elend gebracht, aber nicht den Planeten bedroht – nun beginnt das anders zu werden.

Die Frage, ob patriarchale Macht nicht „natürlich“ ist (naturalisitsche Fehlschluss) oder eben ein evolutionärer Vorteil (sozialdarwinistischer Schluss): Wenn den Menschen bewusst würde, dass viele Motive der patriarchalen Welt aus den Wurzeln der sexuellen Beherrschung der Frauen (Siehe: Schmerl, Christine:„Phallus im Wonderland“) bzw, auf gestörte Sexualphantasien von Potentaten (Siehe: Orozco, Teresa: „Die Männlichkeit der Philosophie und der deutsche Faschismus“) beruhen, würden vermutlich auch mehr aufgeklärte Männer bereit sein, sich dem Thema offener zuzuwenden. Die Erkenntnis, dass wir nicht den ganzen Planeten opfern sollten, um ein paar „Potentaten“ mit „Weibchen“ zu versorgen erscheint mir ausreichend.

Und selbst wenn weltweit alle Gesellschaftsformen patriarchal wären und selbst wenn es „natürlich“ wäre und selbst wenn wir kollektiv den Sexualwünschen der Patriarchen vorrang einräumen würden: Das was dieses patriarchale Prinzip in seiner Ausprägung als Kapitalismus aus der Welt gemacht hat verlangt dringend nach einer Abkehr davon!

Werlhof stellt eine Verbindung von Allchemie und patriarchalem Prinzip her und kommt so in die Ausläufer er magisch-mystischen Welt. Dies entspricht zwar ganz ihrem holistischen Ansatz, wird aber von den meisten Menschen heute nicht mehr verstanden. So sind die Reaktionen auf ihr Standardinterview 2010 auf dem Internet überwiegend ablehnend („Huch! Ein bisserl paranoid […]“, „der größte Schwachsinn …“ siehe: http://diestandard.at/1265852135844/Interview-Kapitalismus-ein-Zerstoerungsprojekt ). Aber gerade diese Fundamentalkritik an Wissenschaft und Rationalität enthält tatsächlich Diskussionswürdige Punkte. So ist das Prinzip des Lebens zwar die Fülle – leider aber auch die Selektion. Ob das matriarchale Prinzip durch Verzicht auf Rationalität Individuen wieder der „blinden“ Selektion durch Nahrungsmangel, Wetterkapriolen und medizinischen Risken aussetzen soll – bzw. wo hier eine Vernünftige Grenze von „beherrschen“ und „kooperieren“ ist, bedarf tieferer Diskussionen.

Braun als Werlhofkritikerin (siehe: Braun, Anelise: „’Neo-matriarchale Alternativen‘ und ihre Kritik“) wirft Werlhof im Kern 2 Dinge vor: 1.) Dass das Patriarchat von den Produktionsverhältnissen verursacht wurden und nicht umgekehrt und 2.) dass Werlhof mystifiziert und so die Suche nach Alternativen erschweren würde.

Selbst wenn diese Kritik berechtigt ist, ich sehe nicht, wo sie den Kern trifft: Dass das Patriarchat den Planeten unlebenswert macht.

Aus meiner Sicht ist der Ansatz Werlhof als Alternative den klassischen Revolutionsideen vorzuziehen, da eine lebenswerte Welt neue Ansätze benötigt. Die Umsetzung wäre selbst eine Revolution aber eine, die weiter geht als nur geänderte Besitzverhältnisse einzuführen.

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