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SPANIEN Vorgezogene Parlamentswahlen 20.11.2011

Bloged in Allgemein by friedi Montag November 21, 2011

TOTALER BANKROTT DER SOZIALDEMOKRATISCHEN IDEOLOGIE

Sozialisten abgestraft, Rechte erringt die absolute Mehrheit im Parlament bei einer Wahlverweigerung von 28% und die vereinigte Linke im Aufwind.

TOTALER BANKROTT DER SOZIALDEMOKRATISCHEN IDEOLOGIE die da lautete: Zähmung des Kapitalismus mit seinen verheerenden Krisen für die arbeitende Bevölkerung; sozialer Ausgleich; Reförmchen statt grundlegende Veränderungen, statt Chancengleichheit und politisches Primat über die Wirtschaft.

Genau das Gegenteil haben sie hinterlassen: Die Sozialisten übernahmen 2004 unter Premier Zapatero von der konservativen PP (Partido popular) die Macht mit vollen Staatskassen und einer anscheinend gut gehenden Wirtschaft. Nach dem Wahlsieg versuchten sie unter der erwartungsvollen Parole „enttäusche uns nicht“ einige zivilgesellschaftliche Reformen wie die Einführung der Homoehe, ein Gesetz gegen die Gewalt an Frauen; Liberalisierung der Abtreibung und bessere Teilnahme der Frauen am gesellschaftlichen Leben umzusetzen. Sozio-ökonomisch wurden jedoch keine grundlegenden Änderungen unternommen, denn sie hofften, dass der Kapitalismus krisensicher sei  – bis 2011 nahm Zapatero das Wort Krise auch nicht in den Mund – und dass die abfallenden Brotkrumen reichen würden, um ihre Wählerschaft zufrieden zu stellen.

So setzten die Sozialisten auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet die konservative neo-liberale Politik der PP fort und hielten sich an die Richtlinien der EU-Kommission – Einführung der ungehemmten Konkurrenz – wie es sich für ein gut funktionierendes aufstrebendes kapitalistisches Land gehörte. Schließlich wurden 8 von 10 Arbeitsplätzen, die in der EU geschaffen wurden, in Spanien geschaffen. 5 Millionen nicht spanische Arbeitskräfte waren auf dem Markt.

KRISENAUSLÖSER:  PLATZEN DER IMMOBILIENBLASE

Bis 2008 – ein Jahr nach der Subprime-Krise in den USA – platzte  auch die Immobilienblase in Spanien. Der aufgeblähte Bausektor brach in sich zusammen und riss andere Wirtschaftszweige mit sich. Die Arbeitslosigkeit schnellte in die Höhe und die Binnennachfrage ging zurück und zugleich ging die Staatsverschuldung rasant in die Höhe. Das Budgetdefizit erreichte 2010 eine  Höhe von 9,2 % des BIP.

In der verrückten Bauphase hatte Spanien in absoluten Zahlen nach China den welthöchsten Zementverbrauch. Heute stehen einerseits 3.350.000 (!) Wohnungen samt Infrastruktur leer, bzw. sind unverkäuflich, obwohl sie bereits zum halben Preis angeboten werden, und andererseits sitzen zig- tausende Jungfamilien, die ihre Kredite nicht mehr zahlen können, auf der Straße. Allein seit Januar 2011 gab es 30.000 Zwangsräumungen.

Es wurde jedoch nicht nur nichts gegen die seit dem Jahre 2000 aufsteigende Immobilienblase unternommen, sondern sie wurde sogar auf allen Ebenen weiter gefördert. Der Markt sollte alles von selbst regeln. Belief sich 1997 der landesweite durchschnittliche Quadratmeterpreis für eine Wohnung noch auf 700 Euro, kostete er zehn Jahre später 2.100 Euro. Wohnungskredite wurden bis zu einer Höhe von 50% des Monatseinkommens einer Person für die Rückzahlungsrate vergeben, jedoch auf 40 bis 50 Jahre. In den USA können “ehemalige Besitzer“ nicht weiter belangt werden, wenn die Bank die Zwangsräumung angeordnet hat. In Spanien verliert er die Wohnung und müsste  trotzdem die ausstehende Kreditrate weiterzahlen. Der laut sozialistischem Konzept vorgesehene Bau von Sozialwohnungen wurde nie in die Tat umgesetzt.

Zapatero war 2004 der beliebteste Premier. 2011 war er der Unbeliebteste.

Die Partei zwang ihn zum Verzicht seiner Wiederkandidatur. Der soziale Widerstand gegen die Sparpolitik erzeugte einen solchen Druck – er hatte bereits ein Sparpaket von 10 Milliarden Euro durchgebracht –  dass er der Forderung der PP auf vorgezogene Wahlen nachgeben musste. Für die kommenden 2 Jahre sah er eine noch größere Einsparungswelle von 18 Milliarden Euro vor. Da rumorte es gehörig an der Basis. Die ohnedies geringen sozialen Leistungen sollten gestrichen werden. Die 18 Milliarden, die er in den nächsten 2 Jahren einsparen wollte, und das auch noch in der Zeit einer Rezession, um das durch das Platzen der Immobilienblase angeschwollene Staatsdefizit zu senken, sind  n u r  die Hälfte dessen, was die konservative neue Regierung einsparen wird. Dass sie trotzdem gewählt wurde, hängt damit zusammen, dass eine so krisengeschüttelte Partei ohne Alternativkonzept wie die Sozialisten nicht nochmals gewinnen kann. Wenn schon konservative Politik, dann eben von einer konservativen Partei. Zudem rechnet die PP-Wählerschaft mit einem ähnlichen Wirtschaftsaufschwung, wie er unter dem konservativen Aznar von 1996 bis 2004 möglich war. Die Ablöse der SP in Großbritannien und in Griechenland hatte einen ähnlichen Hintergrund.

Die apokalyptischen Reiter

Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 21,6% im Landesdurchschnitt: es gibt ein sehr starkes Nord-Süd Gefälle, denn im Baskenland liegt sie bei 10% und in Andalusien bei über 40 %.  Die Jugend ist jedoch am Stärksten betroffen, denn inzwischen ist jeder zweite Jugendliche unter 35 Jahren arbeitslos. Jene, die keinen Bildungsabschluss haben, haben überhaupt keine Chance auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt.

Die nachhaltige Basis-Bewegung der „los indignados“ – die Empörten – die am 15. Mai 2011 in Madrid auf dem Platz Puerta del sol begann, ist die Reaktion der Kinder der absteigenden Mittelschicht, die jedoch noch eine relativ gute Ausbildung auf hohem Niveau aufweisen können und dementsprechende Arbeitsplätze, die das krisengeschüttelte System ihnen nicht mehr bieten kann, fordern. „Direkte Demokratie sofort“ lautet ihre Hauptlosung. Das vorherrschende 2-Parteiensystem (PP und Sozialisten) verhindert jeden Einfluss auf ihre aussichtslosen sozio-ökonomischen Zukunftschancen in diesem System.

Spanien hat die höchste Privatverschuldung in der EU, was vor allem auf einen inexistenten Mietwohnungsmarkt zurückzuführen ist, denn jede Familie konnte so gezwungen werden, sich einen Kredit für den Erwerb einer Wohnung aufschwatzen zu lassen, den sie heute aufgrund der Wirtschaftskrise nicht mehr zurückzuzahlen vermag. Noch dazu meistens mit variablen Zinssätzen. Wie spektakulär die Umverteilung von unten nach oben ist zeigt die Tatsache, dass die Automobilproduktion für die Klein – und Mittelwagen auf das Niveau von 1993 zurückgefallen, jener von Luxuskarrossen jedoch um 33% angewachsen ist.

Die Finanzblase: Die Banken wurden nicht gezwungen, ihre tatsächlichen faulen Kredite bekannt zu geben. 70% der Immobilienkredite betreffen Bodenspekulationen (d.h. auf dem noch nicht gebaut worden war) und 30% umfassen die Wohnungen. Den Banken fehlt es an Eigenkapital und es gibt auch keine Kredite mehr an die Klein- und Mittelbetriebe. Das verstärkt seinerseits wieder die Wirtschaftsflaute nur noch weiter. Die allgemeine Rezession in der EU verschärft natürlich nochmals zusätzlich die Lage in Spanien. Die spanischen Banken haben 1.700 Milliarden Euro an Immobilienkrediten ausständig. Jetzt wird schon angenommen, dass 17% d.h. 125 Milliarden nie mehr zurückgezahlt werden und daher abgeschrieben werden müssen.

SOZIALE SPANNUNGEN WERDEN STEIGEN

Angesichts dieser negativen Aussichten und der zahlreichen Widersprüche ist der Spielraum für eine Lösung sehr gering und die Chance der neuen konservativen Regierung, dass sie ihr Sparpaket nach neo-liberalem Credo durchsetzen kann, nicht sehr realistisch, da der Wirtschaftsaufschwung auf den ihre Hoffnung aufbaut, ausbleiben wird. Der soziale Widerstand wird sich stark verschärfen und die neue Parteienlandschaft hat nur am Rande Bedeutung, denn die Bruchlinien werden ab jetzt zwischen jenen verlaufen, die eine pro-kapitalistische Lösung suchen und vermehrt unter jenen, die eine anti-kapitalistische Lösung mit einem Systemwechsel anstreben werden. Hier werden die Empörten mit den Gewerkschaften zusammentreffen.

Graz, am 20.11.11, Johann Schögler

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